Deutsche Tennis-Stars auf unterschiedlichen Pfaden in Wimbledon: Zverev als Favorit, Kerber mit Formschwäche und Hoffnung auf Überraschung.
Zverev und Kerber: Deutsche Tennis-Hoffnungen in Wimbledon
Alexander Zverev schlendert vor dem Beginn seiner Titeljagd in Wimbledon am Centre Court vorbei, noch ohne das Gedrängel der Zuschauermassen. Nach einem Besuch in den Bergen für ein Wohltätigkeitsevent reiste der beste deutsche Tennisspieler nach London und setzte seine Vorbereitung in Ruhe fort, bevor das Turnier am Montag beginnt.
Zverev will drei Wochen nach seinem verlorenen French-Open-Finale den nächsten Versuch starten, die Lücke in seiner Karriere zu schließen und einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Im Gegensatz zu Angelique Kerber wird er zum Favoritenkreis gezählt.
Die beiden deutschen Tennis-Protagonisten starten beim traditionsreichen Turnier unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen. Kerber, Wimbledon-Champion von 2018, fehlt auch auf ihrem geliebten Rasen noch die einstige Form nach ihrer Babypause. Zverev mag den Belag zwar weniger, will aber nun auch in Wimbledon erstmals auftrumpfen.
Sorgt Paris für den Wimbledon-Schub?
«Gerade nach seinem Erfolg bei den French Open sollte er so viel Selbstvertrauen haben, dass er weiß, dass er auch in Wimbledon weit kommen kann», sagte Michael Stich, 1991 letzter deutscher Herren-Sieger in Wimbledon, der «Sport Bild».
Auch Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann traut Zverev zu, entsprechend seiner Weltranglistenposition, als Nummer vier «weit» zu kommen. «Viertelfinale, Halbfinale, und wenn man da ist, ist sowieso immer alles möglich.» Die Topfavoriten sind für Kohlmann der italienische Weltranglisten-Erste Jannik Sinner, der spanische Titelverteidiger Carlos Alcaraz und der serbische Grand-Slam-Rekord-Sieger Novak Djokovic – sofern er denn nach seiner Knieverletzung fit ist. «Dahinter gibt es viele, die gefährlich sein können und zu denen würde ich auch Sascha zählen», sagte Kohlmann der Deutschen Presse-Agentur.
Mäßige Wimbledon-Bilanz
Es ist unwahrscheinlich, dass sich Zverevs Traum vom Grand Slam auf Rasen erfüllt, basierend auf seiner Wimbledon-Bilanz. Es sollte jedoch möglich sein, sein bestes Wimbledon-Ergebnis zu übertreffen. Bisher ist er nie über das Achtelfinale hinausgekommen. Im vergangenen Jahr scheiterte der Hamburger sogar in der dritten Runde an dem Italiener Matteo Berrettini.
Anders als in Paris wird der Gerichtsfall ihn wahrscheinlich nicht mehr so sehr beschäftigen. Die Prozesstage wegen des Vorwurfs der Körperverletzung an seiner damaligen Freundin sollten ursprünglich bis Mitte Juli dauern. Das Verfahren wurde jedoch während der French Open gegen eine Geldstrafe von 200.000 Euro eingestellt, ohne dass es zu einer Verurteilung kam. Es besteht kein Schuldeingeständnis. Zverev wird weiterhin als unschuldig angesehen.
«Ich muss noch ein, zwei Dinge besser machen, aber ich sehe meine Chancen dieses Jahr in Wimbledon viel, viel höher, als ich sie in den letzten paar Jahren gesehen habe», sagte der Goldmedaillengewinner von Tokio, als er in Halle im Halbfinale ausgeschieden war. Sein Ziel ist ohnehin klipp und klar: «Ich will nicht als einer der erfolgreichsten Tennisspieler enden, der nie einen Grand Slam gewonnen hat.»
Wimbledon-Überraschung? «Wieso nicht Angie?»
Im Gegensatz zu Zverev hat Kerber keines ihrer Vorbereitungsmatches auf Rasen gewonnen. Weder in Berlin noch in Bad Homburg kam sie über die erste Runde hinaus. Die Hoffnung, dass es auf Rasen besser laufen würde, hat sich zumindest vor Wimbledon nicht erfüllt. Seit ihrem Comeback als Mutter um den Jahreswechsel ist ihre Grand-Slam-Bilanz mit zwei Erstrundenniederlagen düster.
«Ich habe gemerkt, ich bin oben dran», sagte Kerber zuletzt. «Das Match in Berlin war schon nicht schlecht. Es geht um die zwei, drei Prozent, sei es auch ein bisschen mutiger zu sein.»
Den gedrückten Daumen der schwangeren Sabine Lisicki (34) kann sich die 36-Jährige sicher sein. Demonstrativ sprach sie ihr Mut zu. «Irgendeine Spielerin sorgt bei den Grand Slams immer für eine Überraschung. Wieso nicht Angie? Sie hat so viel Erfahrung auf Rasen und sie wird kämpfen bis zum Umfallen», sagte die Wimbledon-Finalistin von 2013. «Sie ist topfit. Und wenn man ein Turnier schon mal gewonnen hat, dann ist alles möglich.»