Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

100 Jahre Verkehrsampel: Vom Verkehrspionier zum Alltagsheld

Der Ampelturm am Potsdamer Platz feierte vor 100 Jahren seine Premiere. Er war mehr als nur ein Lichtsignal und veränderte die Verkehrssicherheit für immer.

Ein Polizist regelte früher aus dem inneren Verkehrsturm den Verkehr. (Archivbild)
Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Es ist ein gewohntes Bild, das die meisten von uns kaum noch bewusst registrieren: An der Kreuzung leuchtet es Rot, Gelb, Grün. Die stille Regisseurin des Straßenverkehrs ist unauffällig, aber unerlässlich. Sie kontrolliert nicht nur den Verkehr von Autos, Fahrrädern und Fußgängern, sondern steht auch für Ordnung im hektischen Stadtverkehr: die Verkehrsampel.

Vor 100 Jahren, als Autos noch selten waren und Pferdekutschen die Straßen beherrschten, wurde am 20. Oktober 1924 am Potsdamer Platz in Berlin ein kleines technisches Wunder errichtet, das bis heute einen großen Einfluss auf unser tägliches Leben hat. Etwa acht Wochen später wurde der sogenannte Verkehrsturm in Betrieb genommen. Damals konnte niemand ahnen, wie wichtig diese Neuerung für die Verkehrssicherheit und die Veränderung der Mobilität sein würde.

Revolution im Verkehr

Der Verkehrsturm war ein echtes Technik-Highlight: «Das Wiederaufleben des durch den Krieg und die ersten Nachkriegsjahre gedrosselten Berliner Verkehrs», schrieb damals die «Vossische Zeitung». Da fünf Straßen auf den Platz mündeten, erhielt der Turm auch fünf Seiten. Auf jeder Seite leuchteten drei Lampen waagerecht nebeneinander – bereit, das Verkehrschaos zu bändigen.

Die Ampel war jedoch mehr als nur ein schickes Lichtspiel: Sie sparte der chronisch klammen Hauptstadt mehrere Polizisten ein, die zuvor mit wildem Pfeifen und hektischen Handzeichen versuchten, den Verkehr zu regeln. Im Signalturm saß ein Polizist, früher auch «Verkehrsschupo» genannt, der mit einer Stoppuhr die Zeit maß, Schalthebel umlegte und die Lampen zum Leuchten brachte.

Die Berliner verloren schnell ihre Begeisterung für Ampeln, die bald an jeder größeren Kreuzung auftauchten. Die erste zentral gesteuerte Lichtsignalanlage sorgte 1926 für ein großes Verkehrschaos, weil alle Ampeln gleichzeitig auf Grün wechselten. Erst die Einführung einer «grünen Welle» brachte Abhilfe und wurde zum Vorbild für andere Städte.

Made in Hamburg oder Berlin?

Die Diskussion über die erste deutsche Verkehrsampel hat sowohl Berlin als auch Hamburg in den Mittelpunkt gerückt, wobei jede Stadt ihre eigene Geschichte betont. Berlin zeigt die erste elektrische Ampel, die den gesamten Verkehr regeln sollte, während die Hansestadt mit der ersten Lichtzeichenanlage Europas aufwartet, die 1922 am Stephansplatz installiert wurde.

Gemäß dem Hamburger Museum für Arbeit wurde sie anfänglich ausschließlich zur Regulierung des Straßenbahnverkehrs genutzt. Beide Städte haben jedoch wichtige Maßnahmen zur Entwicklung der Verkehrsregelung und zur Sicherheit im Straßenverkehr unternommen.

Der Weg der Ampel geht über Großbritannien und Amerika

Es war jedoch keine rein deutsche Erfindung. Im Dezember 1868 wurde die erste Gasampel der Welt am Parliament Square in London installiert – der erste Versuch, den Straßenverkehr durch Lichtzeichen zu regeln und die Polizei zu entlasten. Schon lange vor der Erfindung des Autos waren Staus ein Ärgernis. Fußgänger und Pferdekutschen drängten sich laut BBC in den 1860er Jahren auf den Straßen von London.

Der britische Bahnmanager John Peake Knight hatte die Idee, eine Methode aus der Eisenbahn zu nutzen, um den chaotischen Verkehr besser zu regeln. Sein System bestand aus einem aus dem Schienenverkehr bekannten Formsignal für den Tag und einer Gaslaterne mit rotem und grünem Licht für die Nacht, bedient von einem Polizisten. Doch die Anlage stellte sich schnell zu einem Sicherheitsrisiko heraus: Sie explodierte nach wenigen Monaten, und die Idee geriet zunächst wieder in Vergessenheit.

1914 wurde die erste elektrisch betriebene Ampel in der US-Stadt Cleveland in Betrieb genommen. Acht rote und grünen Lampen signalisierten Fußgängern und Autofahrern abwechselnd «Stopp» und «Go». Eine gelbe Ampel gab es nicht, stattdessen kündigte eine Glocke den Farbwechsel an – doch schnell wurde der Klang vom lauten Treiben der Stadt übertönt.

In Berlin wurde der Ampelturm im Jahr 1936 abgerissen, um Platz für den Bau eines S-Bahnhofs zu machen. Heute steht am Potsdamer Platz eine Nachbildung des historischen Ampelturms aus dem Jahr 1997, die an die Anfänge der Verkehrsregelung durch Lichtsignale erinnert – umgeben von modernen, gläsernen Hochhäusern, die das Stadtbild einer neuen Ära prägen.

dpa