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Angriff auf Vierjährige: "Göttliche Eingebung" führte zu Messerattacke

Ein Mann gesteht vor Gericht den Angriff auf ein unschuldiges Kind und beruft sich auf eine göttliche Eingebung, die ihn zum Handeln veranlasste.

Der Mann (2.v.l.) soll mehrmals auf das Kind eingestochen haben.
Foto: Felix Kästle/dpa

Nach der Tat will er die Stimme Gottes gehört haben: Ein 34-Jähriger hat vor dem Landgericht Ravensburg den Messerangriff auf eine Vierjährige im April gestanden. Er habe auf eine «göttliche Eingebung» hin gehandelt, sagte der gebürtige Syrer, der auch den niederländischen Pass hat, zu Prozessbeginn über eine Dolmetscherin. «Ich habe eine Hand gesehen und ich hatte diese Eingebung, wie groß die Person sein soll.» Die Hand habe so ausgesehen, als hätte sie ein Messer gehalten. Er sei dann direkt los.

Es ist 14.52 Uhr an einem Mittwoch: Eine Mutter und ihre Tochter stehen in einem Supermarkt in Wangen im Allgäu vor den Angeboten. Die Frau betrachtet die Auslage, ihre Tochter steht mit einer pinkfarbenen Jacke neben ihr und isst einen Mini-Donut, als der Angriff beginnt.

Nach Angaben der Anklage betrat der Beschuldigte zu dieser Zeit den Discounter und ging auf die beiden zu. Plötzlich soll er ein schwarzes Küchenmesser gezogen und heimtückisch zugestochen haben. Der Mann soll der Vierjährigen vier Stiche in den Bauchraum versetzt haben, bis sie zusammenbrach. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Aufgrund einer paranoiden Schizophrenie geht die Anklage von Schuldunfähigkeit aus.

Kunde entwaffnet Angreifer

Das Mädchen sei bei dem Angriff lebensgefährlich verletzt worden, sagte die Staatsanwältin. «Mami» hätte ihre Tochter nur geschrien und gewimmert, berichtet die Mutter vor Gericht. Die 46-Jährige konnte ihre Aussage in einem Nebenraum machen, ohne dem mutmaßlichen Täter gegenüberzusitzen. Sie habe versucht, dem Mann das Messer aus der Hand zu reißen. Ein anderer Kunde sei ihr zu Hilfe gekommen und hätte den Täter entwaffnet. Er sei ihm hinterhergelaufen, sie habe sich um ihre blutende Tochter gekümmert.

«Ich habe ihr gesagt, dass alles gut wird und wir jetzt gehen», berichtet die Mutter unter Tränen vor Gericht. Sie habe mit ihrem Kind im Arm an der Kasse noch Bescheid gesagt, dass es einen Angriff gegeben habe und sei dann mit dem Auto in die Notaufnahme gefahren. Stunden des Bangens seien vergangen, bis das Mädchen stabil gewesen sei. Sie habe zu Beginn nicht realisiert, dass die Attacke so schlimm gewesen sei.

Mädchen über den Berg 

Ihre Tochter habe eine lange Narbe auf dem Bauch, der sie einen Namen gegeben habe, um besser mit dem Geschehenen umgehen zu können. Ihr gehe es besser. Reden wolle sie über die Geschehnisse aber nicht, sagt die Mutter. Sie selbst sei in Therapie, habe kurz nach dem Angriff nicht mehr einkaufen gehen können, so die 46-Jährige weiter. Die Tat habe sie fertiggemacht. Es sei traurig, «weil einfach so aus dem Nichts auf ein unschuldiges Kind eingestochen wurde». 

Laut Ermittlern ließ sich der vermutliche Täter kurz nach dem Angriff widerstandslos in einer städtischen Unterkunft festnehmen. Durch einen Unterbringungsbefehl wurde er in die Psychiatrie gebracht. Der Informatiker gab an, dass er 2015 über Griechenland und die Balkanroute in Den Haag angekommen sei und dort als anerkannter Flüchtling vor seiner Einbürgerung gelebt habe. Er kam nach Wangen, weil seine Schwester dort lebt. Zuerst wohnte er bei der Familie, dann in einer Obdachlosenunterkunft, im Wald, einer Tiefgarage und einer Moschee.

Beschuldigter: Höre auch den Teufel

Sich selbst bezeichnet der Beschuldigte als «entsandten Gottes». Gottes Stimme und auch die des Teufels würde er hören, erklärt er vor Gericht. Beide würden ihm Befehle geben. Zu 90 Prozent könne er auch unterscheiden, wer von beiden gerade spreche. Nach dem Messerangriff in Wangen habe er erstmals Gottes Stimme gehört. Über die Tat denke er heute nicht mehr nach.

Es sind vier weitere Verhandlungstage für den Prozess geplant. Das Urteil wird am 23. Oktober erwartet. Dann wird entschieden, ob der 34-Jährige dauerhaft in eine Psychiatrie eingewiesen werden muss.

dpa