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Abgemagertes Mädchen stirbt – Eltern äußern Schuldgefühle

In der Corona-Pandamie zieht sich eine fünfköpfige Familie aus Unterfranken immer mehr zurück. Eine Tochter magert bis auf die Knochen ab – mit fatalen Folgen. Die Eltern stehen nun vor Gericht.

Die Angeklagte Mutter im Gerichtssaal des Landgerichts Schweinfurt: «Ich bin sehr traurig und fühle mich Pauline gegenüber sehr schuldig.»
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Vor ungefähr zwei Jahren stirbt eine 16-jährige Essgestörte in Unterfranken stark abgemagert vermutlich an den Folgen der Unterernährung. Vor dem Landgericht Schweinfurt stehen jetzt die Eltern. Zum Prozessauftakt übernehmen das Paar die Verantwortung für das Geschehen. Die Staatsanwaltschaft wirft Mutter und Vater vor, keine ärztliche Hilfe geholt zu haben, obwohl beide annehmen konnten, dass ihre Tochter in Lebensgefahr war.

«Wir haben uns bis zuletzt nicht vorstellen können, dass Pauline stirbt», sagte der Anwalt des Vaters im Auftrag seines Mandanten. «Ich hatte bis zuletzt gedacht, dass alles wieder gut wird. (…) Ich hätte dafür sorgen müssen, dass Pauline auch gegen ihren Willen in einem Krankenhaus behandelt wird.» Auch die Mutter der 16-Jährigen ließ von ihrem Verteidiger zu Prozessauftakt vor dem Landgericht Schweinfurt eine Erklärung verlesen. Sie habe die Gefährlichkeit der Situation nicht wahrgenommen. «Natürlich bewerte ich mein Verhalten im Nachhinein völlig anders. Ich bin sehr traurig und fühle mich Pauline gegenüber sehr schuldig.» 

Teenager abgemagert

Oberstaatsanwalt Markus Küstner sagte, dass die Jugendliche essgestört und mangelernährt war, sich kurz vor ihrem Tod im Dezember 2022 mit dem Coronavirus infiziert hatte und an einer Magen-Darm-Infektion litt. Trotzdem sollen der 51-jährige Vater und seine 48-jährige Frau aus Unterfranken keinen Arzt gerufen haben. Das psychisch labile Mädchen starb wahrscheinlich im elterlichen Bett an den Folgen der Unterernährung.

Salzstangen zum Essen 

Die Mutter wies am ersten Verhandlungstag allerdings zurück, den Tod ihrer Tochter billigend in Kauf genommen zu haben. «Sie hat selbstständig getrunken und auch immer wieder Salzstängchen gegessen», sagte der Verteidiger der Frau. 

Die Familie, zu der noch zwei Kinder gehören, hat sich während der Corona-Pandemie sehr zurückgezogen. Die modebewusste 16-Jährige war damals viel in sozialen Netzwerken unterwegs und hat ihre Häkelarbeiten präsentiert. Ansonsten litt das Mädchen unter einer Angststörung und hat deshalb einen Krankenhausaufenthalt abgelehnt, so der Anwalt der Mutter.

Psychische Erkrankungen in Pandemie vor allem bei Mädchen gestiegen

Wissenschaftlern zufolge ist die Anzahl der Jugendlichen mit Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie bundesweit gestiegen – insbesondere in der Corona-Pandemie. Laut einer Studie der KKH Kaufmännische Krankenkasse gab es zwischen 2020 und 2021 einen signifikanten Anstieg um mehr als 30 Prozent, vor allem bei 12- bis 17-jährigen Mädchen und Frauen. Neben der Pandemie ist einer der Gründe für diese Entwicklung die sogenannten Fake-Ideale und die Flut von Bildern vermeintlich makelloser Menschen auf Social-Media-Plattformen.

dpa