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Prozess um vergiftete Kollegen: Neue Wendung im Fall der angehenden Notfallsanitäterin

Die Angeklagte gesteht das Unter­mischen von Medikamenten, beteuert aber, niemandem schaden zu wollen. Staatsanwaltschaft sieht Mordabsicht und Lebensgefahr.

Nach bereits rund einem Dutzend Verhandlungsterminen hat der Prozess gegen die angehende Notfallsanitäterin nun von vorn begonnen.
Foto: Katharina Kausche/dpa

Der Prozess gegen eine angehende Notfallsanitäterin, die beschuldigt wird, versucht zu haben, ihre Kollegen zu vergiften, hat vor dem Landgericht Heilbronn von vorne begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft der jungen Frau aus dem Kreis Ludwigsburg versuchten Mord in vier Fällen vor. Sie befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Nach dem Tod eines Schöffen war die erste Auflage des Prozesses nach drei Monaten geplatzt.

Die angeklagte 25-Jährige gab zu, ihren damaligen Kollegen mehrfach Notfallmedikamente untergemischt zu haben – etwa in einer Trinkflasche. Sie habe allerdings keinesfalls die Absicht gehabt, jemanden körperlich zu schädigen oder umzubringen, sagte sie in der Verhandlung. Über die Mordvorwürfe sei sie «entsetzt».

Die Angeklagte spricht von massivem Druck und Mobbing während ihrer Ausbildung und von anderen persönlichen Belastungen. Einen betroffenen Kollegen habe sie «nur ärgern» wollen. Bei einem anderen sei die Absicht gewesen, ihm «eins auszuwischen». 

Staatsanwaltschaft: Kollegen befanden sich in Lebensgefahr 

Die Staatsanwaltschaft geht dagegen davon aus, dass die Angeklagte die potenziell lebensgefährliche Wirkung der Medikamente «mindestens vorhergesehen und billigend in Kauf genommen» hat. So hätten sich die Sanitäter dadurch teilweise in Lebensgefahr befunden. Deren Überleben sei rein zufällig gewesen. 

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat die Angeklagte «aus tief empfundener Wut» wegen Kritik an ihrer Arbeit gehandelt. Außerdem habe sie die Wirkung der Notfallmedikamente wie etwa Atropin auf Menschen erkunden wollen. Das aus der Tollkirsche gewonnene Gift ist wasserlöslich und kann bei einer Überdosierung tödlich wirken.

Entschuldigungsbrief

Die Angeklagte hat sich bereits außergerichtlich mit zwei ehemaligen Kollegen auf einen Vergleich geeinigt, wie ihr Verteidiger und die Vertretung der Geschädigten mitteilten. Die Sanitäter erhielten neben mehreren Tausend Euro auch einen handschriftlichen Entschuldigungsbrief der Angeklagten.

Für den zweiten Versuch der Hauptverhandlung sind acht zusätzliche Prozesstage vorgesehen.

dpa