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Aufstand gegen die Airbnb-Gladiatoren

Der Online-Wohnungsvermittler Airbnb aus den USA will das fast zwei Jahrtausende alte Kolosseum für ein PR-Spektakel nutzen. Darüber gibt es Empörung – auch, weil Rom arg unter Massentourismus leidet.

In Rom gibt es Ärger, weil der Wohnungsvermittler Airbnb das Kolosseum zwei Abende lang für Kämpfe von Freizeit-Gladiatoren nutzen will. (Archivfoto)
Foto: Christoph Sator/dpa

Einige Grundregeln aus dem alten Rom gelten immer noch in Italiens Hauptstadt. Eine davon besagt: Man sollte sich vor Gladiatoren in Acht nehmen. Früher war es keineswegs sicher, eine Begegnung mit ihnen lebend zu überstehen. Heutzutage handelt es sich bei den Figuren um das Kolosseum und die Engelsburg oft um Trickbetrüger, die Touristen um ihr Geld bringen.

Die Römer sind normalerweise immun gegen solche Methoden aufgrund ihrer 2000-jährigen Erfahrung. Nun gibt es jedoch einen anderen Ärger: Airbnb, ein Internet-Wohnungsvermittler, hat das Kolosseum für 1,5 Millionen Dollar (mehr als 1,4 Millionen Euro) gemietet, um wieder Gladiatorenkämpfe zu zeigen. Airbnb hat einen großen Anteil daran, dass es in Rom kaum noch bezahlbare Wohnungen gibt.

Bürgerinitiativen empören sich über PR-Spektakel

Nun ist die Empörung groß. Aus dem anfänglichen Groll ist ein ziemlicher Aufstand gegen die Airbnb-Gladiatoren geworden. Der staatlichen Verwaltung des Kolosseums wird vorgeworfen, alle Versprechen Lügen zu strafen, endlich etwas gegen den Massentourismus zu unternehmen: Die Stadt mit knapp drei Millionen Einwohnern erwartet 2025, das der Vatikan auch noch zum «Heiligen Jahr» ausgerufen hat, mehr als 40 Millionen Gäste. 

Die Associazione Abitanti Centro Storico, ein Zusammenschluss der Bewohner von Roms historischem Zentrum, nennt es «beschämend, wie man ohne geringste Skrupel die an Bord holt, die dazu beitragen, Geschichte und Leben der Leute zu zerstören». Andere beschweren sich über die Kommerzialisierung von fast 2000 Jahre alter Kultur: ein Unesco-Weltkulturerbe als «Disneyland».

Airbnb will mit Imagekampagne Ruf aufpolieren

Dabei war die Idee von Airbnb eine andere. Der Konzern steht schwer in der Kritik, weil er dazu beiträgt, dass Wohnungen in vielen Städten lieber an Touristen vermietet werden als an herkömmliche Mieter. Mit einer Imagekampagne wehren sich die Amerikaner. Dazu gehört pünktlich zum Kinostart des neuen «Gladiator»-Films von Hollywood-Regisseur Ridley Scott die Aktion in Rom.

Es wurde vereinbart, dass der Archäologiepark Kolosseum im Mai 2025 zwei Abende lang für ein exklusives Publikum geöffnet wird. Bei Fackelschein sollen Gladiatoren wieder gegeneinander antreten, jedoch nur zu Spielen friedlicher Natur. Im Kolosseum, erbaut zwischen 72 und 82 nach Christus, wurde zuletzt im fünften Jahrhundert auf Leben und Tod gekämpft.

Luxuswohnung am Kolosseum für 1.400 Euro die Nacht

Inmitten der handverlesenen Gäste sollen auch etwa 30 Airbnb-Kunden gehören, die vom 27. November an über eine Lotterie ausgewählt werden. Sie bekommen zudem Gelegenheit, selbst ein Gladiatorenkostüm anzulegen. Dafür spendete Airbnb die 1,5 Millionen. Der Konzern lobt das selbst als Beitrag zu «nachhaltigem Tourismus in Europa mit Blick auf dessen Kulturerbe». 

Das kam in der Nachbarschaft als einigermaßen verlogen an. Tatsächlich gehört die Gegend ums Kolosseum zu den römischen Vierteln, in denen praktisch keine Mietwohnungen mehr zu bekommen sind. Dafür gibt es bei Airbnb Angebote wie dieses: «Luxus-Unterkunft mit ikonischer Aussicht, nur wenige Gehminuten von den wichtigsten Attraktionen entfernt», 1.400 Euro die Nacht.

Mit über sieben Millionen zahlenden Touristen pro Jahr ist das Kolosseum die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Italiens. Neben den Schlangen vor den Kassen gehören auch Ausländer mit Rollkoffern, die verzweifelt mit dem Handy nach ihrer Adresse suchen, zum alltäglichen Bild. Oft helfen die Einheimischen freundlich, aber nicht mehr immer.

In breitem Amerikanisch: «Unser römisches Imperium»

Neuerdings ist dort auch zu sehen, dass die typischen Zahlenschloss-Boxen mit Wohnungsschlüsseln, die neben den Haustüren hängen, von Aktivisten verklebt wurden. Bei der PR-Aktion sorgte für zusätzlichen Ärger, dass sich Airbnb in einem Tiktok-Video gleich das gesamte römische Reich zu eigen machte. Das Filmchen in breitestem Amerikanisch ist betitelt: «This is Our Roman Empire» («Das ist unser römisches Imperium»).

So etwas mögen die Italiener überhaupt nicht. Nun gibt es immer mehr Forderungen, auf das Spektakel zu verzichten. Roms Kultur-Stadtrat Massimiliano Smeriglio schrieb dem US-Konzern: «Zeigen Sie sich als Freund Roms, indem Sie unser einzigartiges Kulturerbe nicht in einen Spielplatz verwandeln.» Dem Appell schlossen sich mehrere Bürgerinitiativen an. Im alten Rom gab es dafür eine Geste, die man bis heute kennt: Daumen runter.

dpa