Fünf Tote, zig Verletzte: Das ist die Bilanz des Zugunglücks im Juni 2022 im bayerischen Garmisch-Partenkirchen. Eine interne Untersuchung der Deutschen Bahn benennt nun deutlich die Unfallursache.
Bericht: Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen war vermeidbar

Laut einem internen Bericht der Deutschen Bahn war das Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen im Juni 2022 mit fünf Toten und 72 Verletzten vermeidbar. Die Verantwortung für den Unfall wird sowohl dem betrieblichen Personal als auch den zuständigen Vorstandsmitgliedern der damaligen Bahn-Tochter DB Netz zugeschrieben, wie es im Abschlussbericht einer beauftragten Anwaltskanzlei heißt. Eine Kurzfassung des Berichts liegt der dpa vor.
Am 3. Juni 2022, am letzten Schultag vor den Pfingstferien, entgleiste gegen Mittag bei Garmisch-Partenkirchen ein Regionalzug. Drei Waggons kamen komplett von den Gleisen ab, rutschten den Bahndamm hinunter und blieben auf dem Dach liegen. Vier Frauen und ein 13-Jähriger verloren ihr Leben. 78 Personen wurden verletzt, davon 16 schwer.
Bahn will juristisch gegen Vorstand vorgehen
Der Unfall «war die unmittelbare Folge des regel- und pflichtwidrigen Verhaltens des vor Ort tätigen betrieblichen Personals», heißt es nun in dem Abschlussbericht. Ursache des Zugunglücks waren demnach schadhafte Betonschwellen. Wegen chemischer Reaktionen im Inneren des Stahlbetonkerns waren die Schwellen nicht mehr tragfähig genug.
Gleichzeitig habe die damals zuständige Bahn-Tochter DB Netz nur unzureichend auf umfangreiche Erkenntnisse zu schadhaften Betonschwellen reagiert und den Unfall hierdurch ermöglicht. «Dies schließt damals ressortverantwortliche Vorstandsmitglieder ein.» Die DB Netz gibt es nicht mehr. Verantwortlich für die Infrastruktur ist inzwischen ein neues Unternehmen, die DB InfraGo.
Die Deutsche Bahn hat angekündigt, rechtliche Schritte gegen die damaligen Vorstandsmitglieder einzuleiten und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Darüber hinaus plant die Bahn verschiedene Maßnahmen, um ein erneutes Unglück zu verhindern. Dazu gehört der Austausch aller potenziell risikobehafteten Bahnschwellen. Bereits zwei Millionen Betonschwellen wurden ersetzt. Zusätzlich wurden umfangreiche Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen durchgeführt.
Bericht bestätigt frühere Untersuchungen
Anfang Juni wurde der über 100 Seiten lange Abschlussbericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) bereits veröffentlicht. Laut dem Bericht wurde unter anderem eine Meldung eines Triebwagenführers über ein Problem an der späteren Unfallstelle nicht weitergeleitet.
Noch am Vorabend des Unglücks hatte ein Lokführer sich beim Fahrdienstleiter gemeldet und von Unregelmäßigkeiten an der späteren Unfallstelle berichtet. Er sprach von einer «Kurvenüberhöhung», es sei ein «Schlenker» drin. Der Fahrdienstleiter habe diese Meldung nicht weitergegeben. Danach passierten Züge die Stelle, ohne dass es erneute Meldungen gab.
Möglicherweise hätte die Übermittlung der Nachricht zu einem anderen Verlauf der Ereignisse geführt, so der Bericht. Dennoch betrachtet sie dies nicht als unmittelbar relevant für den Unfall aufgrund anderer Einflüsse. Die BEU hat sich explizit nicht mit eventuellen Versäumnissen einzelner Mitarbeiter befasst.
Die BEU kam bereits in ihren beiden Zwischenberichten zu dem Ergebnis, dass marode Bahnschwellen die Hauptursache des Unglücks waren. Es wurde festgestellt, dass dies durch ein angepasstes Verfahren zur Schadenserkennung hätte verhindert werden können. Denn nur durch äußere Inspektion waren innere Risse nicht erkennbar.
Strafprozess im Oktober
Im Oktober startet vor dem Landgericht München der Prozess gegen zwei Bahnmitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft München II beschuldigt sie fahrlässig den Tod und die Verletzung der Opfer verursacht zu haben. Ein Urteil wird im Februar nächsten Jahres erwartet. Zunächst waren drei Mitarbeiter angeklagt, aber ein Verfahren wurde eingestellt.