Im Missbrauchsfall um Gisèle Pelicot bleibt nur ein Verurteilter bei seiner Berufung. Das Gericht in Nîmes verhandelt nun erneut über die Strafe des 44-Jährigen.
Berufungsprozess im Fall Pelicot in Frankreich startet

Nachdem 51 Männer in Frankreich wegen des Missbrauchs von Gisèle Pelicot verurteilt wurden, beginnt ein Gericht ab diesem Montag mit der Berufung eines Mannes gegen seine Strafe wegen Vergewaltigung. Der 44-Jährige wurde Ende des letzten Jahres zu neun Jahren Haft verurteilt. Als einziger von ursprünglich 17 Verurteilten, die gegen ihr Urteil Einspruch einlegten, beharrte er auf seiner Berufung. Der Prozess vor dem Strafgericht in Nîmes im Süden Frankreichs ist bis zum 8. Oktober geplant.
Dominique, der Ehemann von Gisèle Pelicot, wurde vor Gericht für schuldig befunden, seine damalige Frau fast zehn Jahre lang wiederholt mit Medikamenten betäubt, missbraucht und von Fremden vergewaltigen lassen zu haben. Er wurde zu einer Haftstrafe von 20 Jahren verurteilt. Ebenso wurden alle 50 Mitangeklagten für schuldig befunden, hauptsächlich wegen schwerer Vergewaltigung, und zu Haftstrafen zwischen 3 und 15 Jahren verurteilt.
Feministische Ikone
Gisèle Pelicot (72) hatte darauf bestanden, dass der Prozess öffentlich stattfindet und damit dafür gesorgt, dass Vergewaltigungen und der Missbrauch von Frauen weit über Frankreich hinaus in den Fokus der öffentlichen Debatte rückten. In nur wenigen Wochen wurde sie zum Vorbild und zur feministischen Ikone.
Der langjährige sexuelle Missbrauch von Gisèle Pelicot war eher zufällig ans Licht gekommen. Dominique Pelicot wurde im September 2020 festgenommen, nachdem er Frauen im Supermarkt unter den Rock gefilmt hatte. Die Polizei durchsuchte den Computer des Mannes, auf dem der Missbrauch an seiner Frau in Hunderten von Fotos und Videos dokumentiert war.
Starke Medikamente ins Essen gemischt
Gisèle hatte die Übergriffe aufgrund der starken Medikamente, die ihr damaliger Mann ihr heimlich unter das Essen gemischt hatte, nicht wahrgenommen. Sie schätzt, etwa 200 Vergewaltigungen erlebt zu haben. Die Ermittler vermuten auch ein Dutzend weitere Täter, die jedoch nicht identifiziert werden konnten.
Dominique Pelicot hatte den Kontakt zu den vielen Männern auf einer Online-Plattform gesucht. Viele der Täter behaupteten später, sie hätten an einem Sexspiel des Paares teilgenommen und lehnten den Vorwurf der Vergewaltigung vor Gericht ab – unter anderem, weil der damalige Ehemann zugestimmt habe. Auch der Verurteilte, dessen Berufung derzeit verhandelt wird, bleibt bei diesem Standpunkt.
Weitere Ermittlungen gegen verurteilten Ehemann
Gleichzeitig wird weiterhin gegen Dominique Pelicot wegen des Verdachts der Vergewaltigung und des Mordes an einer 23-Jährigen im Jahr 1991 in Paris sowie wegen des Verdachts der versuchten Vergewaltigung einer 18-Jährigen im Pariser Umland im Jahr 1999 ermittelt. In beiden Fällen soll der Täter Ether benutzt haben, um die Opfer zu betäuben. Die Opfer waren in Immobilienagenturen tätig und wurden während einer Wohnungsbesichtigung angegriffen.