Bei schweren Erkrankungen oder Unfällen können auch Hunde eine Bluttransfusion brauchen. Doch die Zahl der geeigneten Spender sinkt. Viele Hunde erfüllen die strengen Kriterien nicht.
Blutspenden können Leben retten – auch bei Hunden
Sami ist etwas nervös. Der Ridgeback sitzt auf einem Tisch in der Klein- und Heimtierklinik der Freien Universität Berlin, seine Besitzerin Melina streichelt beruhigend sein Gesicht. Zwei Helfer halten ihn fest, eine Tierärztin rasiert mit einem kleinen Elektrorasierer ein etwa vier mal fünf Zentimeter großes Stück des Fells an der Halsvene ab. Gleich wird Sami Blut spenden.
Nachdem die dicke Nadel in seine Halsvene eingeführt wird, zeigt er keine Reaktion und wartet ruhig, bis genug Blut entnommen wurde – etwa 300 Milliliter, der Beutel ist nicht komplett gefüllt. Sowohl die Nadel als auch der Beutel stammen aus der Humanmedizin, es gibt kein spezielles Material für Tiere. Im Beutel befindet sich ein Gerinnungshemmer, der verhindert, dass das Blut verklumpt, ähnlich wie bei einer menschlichen Blutspende.
«Man kann schon Leben retten mit Blut»
Melina hatte schon mal einen Hund, der vor zwei Jahren eine Bluttransfusion brauchte, nachdem er wegen einer Krebserkrankung viel Blut verloren hatte. Damals gab es keine Reserven und es war schwierig, einen Spender zu finden. Als sie vor einigen Tagen bei einer Vorsorgeuntersuchung mit Sami angesprochen wurde, ob sie Sami spenden lassen würde, hat sie nicht lange gezögert. «Man kann schon Leben retten mit Blut», sagt Melina.
1996 war die Kleintierklinik der FU die erste in Deutschland mit einer Blutbank für Hunde. Laut der Leiterin der Klinik und Professorin an der FU Berlin, Barbara Kohn, hängt die Menge an Blut, die ein Hund spendet, von seiner Größe und seinem Gewicht ab. Bei einem 20 Kilogramm schweren Hund werden ungefähr 200 Milliliter abgenommen. Kohn erklärt, dass man bei größeren Hunden mehr Blut entnehmen kann. Ein Hund kann alle drei Monate spenden.
Viele Voraussetzungen, um als Spender infrage zu kommen
Die Hunde müssen dafür viele Voraussetzungen erfüllen, etwa gutmütig und nicht zu ängstlich sein. Eine Beruhigungsspritze bekommen Hunde – anders als Katzen – nicht. Außerdem müssen sie gesund und ausgewachsen sowie regelmäßig geimpft und entwurmt sein. Und sie sollten möglichst nicht aus dem südlichen oder südosteuropäischen Ausland stammen, «weil die Importhunde leider gelegentlich Infektionen mitbringen und wenn wir diese Hunde zum Spenden zulassen würden, müssten wir sie sehr umfangreich auf sogenannte Importkrankheiten testen», erläutert Kohn.
Es gibt oft keine Zeit dafür und es würde den Preis für Transfusionen erheblich erhöhen – dieser liegt zwischen etwa 200 und 250 Euro. Derzeit wird auf zeckenübertragene Infektionserreger getestet, die in Berlin und Umgebung häufig vorkommen. Das Ziel ist ein möglichst sicheres Blutprodukt.
Die Spenderhunde sollten also vorzugsweise aus Deutschland und den angrenzenden Regionen mit ähnlichen klimatischen Bedingungen stammen und auch nur dorthin gereist sein. «Und das wird tatsächlich zunehmend schwieriger, weil wir sehr viele Importhunde in Deutschland haben und das schränkt die Spenderzahl ein.» Mittlerweile reiche die eigentlich nicht mehr aus, auch weil viele Hunde eine umfangreiche Reisegeschichte haben. Tendenziell nehmen auch Bluttransfusionen bei Hunden zu, da die Intensivmedizin in der Tiermedizin zugenommen hat und Besitzer auch bereit sind, teils viel Geld zu bezahlen.
Spenderkartei überaltert recht schnell
Laut Kohn sind die Gründe für die Notwendigkeit einer Transfusion ähnlich wie beim Menschen: Immun- und Infektionserkrankungen des Blutes, Blutverlust durch Gerinnungsstörungen, Tumore oder Unfälle, Knochenmarkerkrankungen. Es ist auch wichtig, auf die Blutgruppe zu achten. Bei spezifischen Gerinnungsstörungen oder einem niedrigen Eiweißgehalt im Blut wird nur das Blutplasma benötigt.
Oft wird dann gespendet, wenn es erforderlich ist. Die Klinik verfügt über Spenderkarteien, die jedoch schnell veralten oder die Hunde ziehen um. Die meisten Blutbeutel werden in einer großen Zentrifuge in Blutplasma und rote Blutkörperchen aufgetrennt. Eine Blutspende kann also mehreren Hunden helfen.
Blutspende gut gemeistert
Der dreijährige Sami erfüllt alle Anforderungen und nach der Blutspende geht es ihm gut. «Eigentlich hat er es gut gemeistert», sagt Melina, nur zu Beginn sei Sami etwas aufgeregt gewesen. Jetzt hat sie den Eindruck, er wolle zwar raus aus der Klinik, ist ansonsten aber entspannt. Eine Packung Trockenfutter bekommen Sami und Melina noch als zusätzliche Aufwandsentschädigung mit.