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Bonität herabgestuft – Frankreichs Schulden lasten schwerer

Der Schuldenberg ist riesig, die Regierung wieder zerbrochen – und die Chance auf Wirtschaftsreformen minimal. Nun dürfte es für Paris auch teurer werden, Geld auf dem Kapitalmarkt zu besorgen.

Eine gute Bonität ist gerade für hochverschuldete Staaten wie Frankreich wichtig. (Archivbild)
Foto: Jens Kalaene/dpa

Inmitten der Haushaltskrise in Frankreich hat die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Landes herabgestuft. Dies erschwert der strauchelnden Regierung in Paris die Finanzierung ihrer Staatsschulden. Die Bonität der zweitgrößten Volkswirtschaft in der Eurozone wurde von AA- auf A+ gesenkt, wie Fitch in der Nacht zu Samstag mitteilte. Dadurch dürfte es für Frankreich etwas teurer werden, sich auf dem Kapitalmarkt Geld über Staatsanleihen zu beschaffen.

Frankreich hat mit rund 3,3 Billionen Euro die höchsten Schulden in der Europäischen Union. Die Schuldenquote beträgt 114 Prozent und ist damit nach Griechenland und Italien die dritthöchste. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa. Es gibt bereits Bedenken, dass Frankreich die ohnehin schwache wirtschaftliche Entwicklung Europas beeinträchtigen könnte.

Agentur hat wenig Hoffnung auf Reformen

Fitch nennt die hohe und voraussichtlich weiter steigende Staatsverschuldung als einen Grund für die Abstufung. Zudem sieht die Ratingagentur geringe Erfolgschancen für Wirtschaftsreformen, weil das Land innenpolitisch polarisiert und instabil sei. Ein Sinnbild dafür sei, dass es seit Mitte 2024 drei verschiedene Regierungen gegeben habe. «Wir gehen davon aus, dass der Vorlauf zur Präsidentschaftswahl 2027 den Spielraum für eine Haushaltskonsolidierung in naher Zukunft weiter einschränken wird und halten es für sehr wahrscheinlich, dass die politische Pattsituation auch nach der Wahl andauern wird.»

Am Montagabend hatte Premierminister François Bayrou nach weniger als neun Monaten im Amt eine Vertrauensfrage im Parlament gestellt und infolgedessen seinen Posten an der Spitze der Minderheitsregierung verloren.

Das Haushaltsdefizit Frankreichs betrug zuletzt 5,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und übersteigt somit deutlich die Grenze von 3 Prozent, die die Europäische Union im Stabilitätspakt festgelegt hat. Im Juli 2024 hat die EU bereits ein Defizitverfahren gegen Frankreich eingeleitet.

Greift die EZB ein?

Es besteht eine große Besorgnis, dass die Verschuldung Frankreichs außer Kontrolle geraten könnte. Es wird bereits an den Finanzmärkten spekuliert, ob die EZB die zweitgrößte Volkswirtschaft im Euroraum durch den Kauf von Staatsanleihen unterstützen würde. Eine erneute Euro-Krise wie im vergangenen Jahrzehnt wird derzeit jedoch von Ökonomen als unwahrscheinlich angesehen.

Neue Schulden werden für Frankreich immer teurer: Die Risikoaufschläge für französische Staatsanleihen sind in letzter Zeit bereits deutlich gestiegen, und die Rendite zehnjähriger Anleihen liegt über der von griechischen Wertpapieren. Die Abstufung durch Fitch wird die Situation voraussichtlich verschärfen.

Proteste gegen Sparpläne

Der ehemalige Premierminister Bayrou reagierte energisch auf die Herabstufung durch Fitch. «Ein Land, dessen „Eliten“ es dazu bringen, die Wahrheit abzulehnen, ist dazu verurteilt, den Preis dafür zu zahlen», sagt er. Bayrou plante als Premierminister, jährlich Milliarden einzusparen, indem er Feiertage strich, die Anzahl der Staatsbeamten reduzierte, Behörden fusionierte und die öffentlichen Ausgaben, einschließlich Rentenzahlungen und Sozialleistungen, einfroren. Dies stieß jedoch auf heftigen Widerstand. Der neue Premierminister Sébastien Lecornu hat angekündigt, die Kluft zwischen der politischen Situation und den Erwartungen der Bürger zu überbrücken.

Der Vorsitzende des Finanzausschusses der Nationalversammlung, der Abgeordnete Éric Coquerel von der linksradikalen Partei LFI, sieht in der Herabstufung das Resultat von «zwei Monaten einer katastrophistischen Rhetorik über die finanzielle Lage des Landes». Coquerel warnte, sollte die nächste Regierung ebenfalls auf die Finanzmärkte setzen, um eine harte Sparpolitik durchzusetzen, steuere sie direkt auf die von ihr selbst angekündigte Katastrophe zu – und werde das Land noch tiefer in die wirtschaftliche, soziale und ökologische Krise treiben.

dpa