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Buch gefälscht, um Plagiat vorzuwerfen? Prozess vor dem Ende

Er soll ein wissenschaftliches Buch gefälscht haben, um einen Rechtsmediziner als Plagiator zu diskreditieren. Nun geht der Prozess gegen den 70-Jährigen auf die Zielgerade.

Der Angeklagte soll aus Rache großen Aufwand betrieben haben. (Archivbild)
Foto: Matthias Balk/dpa

Wurde ein im Ausland aufwändig gefälschter wissenschaftlicher Aufsatz Teil eines perfiden Racheplans? Vor dem Münchner Amtsgericht könnte heute ein bemerkenswerter Prozess zu Ende gehen. Geplant ist das Plädoyer der Verteidigung – danach stünde dann nur noch das Urteil aus.

In ihren Plädoyers forderten Staatsanwaltschaft und Nebenklage zwei Jahre und zehn Monate Haft für den Mann, der beschuldigt wird, versucht zu haben, den Leiter der Münchner Rechtsmedizin mit einem aufwendig gefälschten Plagiat zu diskreditieren. Dafür soll er Helfer in Pakistan angeheuert haben, die einen Beitrag in einem Band zu einem rumänischen Kongress gefälscht haben sollen. Die anschließenden Plagiatsvorwürfe sollten den Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Matthias Graw, treffen, so der Vorwurf.

Dem Beschuldigten wird unter anderem vorgeworfen, Urkundenfälschung, Verleumdung und Betrug begangen zu haben. Eine Bewährung ist nicht mehr möglich, wenn die Freiheitsstrafe mehr als zwei Jahre beträgt.

Das Urteil wurde mehrmals verzögert. Ursprünglich plante das Gericht, es am 6. Februar zu verkünden, was jedoch aufgrund eines noch offenen Befangenheitsantrags gegen den Richter zunächst nicht möglich war. Auch beim Ersatztermin am 18. Februar wurde das Urteil nicht verkündet. Die Verhandlung wurde kurzfristig wegen Krankheit des Richters abgesagt. Der Befangenheitsantrag ist bisher noch nicht entschieden worden.

Staatsanwältin: «heimtückische Machenschaften»

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 70-Jährige «mit unvergleichlicher krimineller Energie» eine Intrige gegen den Rechtsmediziner gesponnen hatte. Die Staatsanwältin sprach in ihrem Plädoyer von «hinterhältigen, heimtückischen Machenschaften», deren Ziel es gewesen sei, «die Existenz des Geschädigten restlos zu vernichten». 

Die Vorwürfe gegen den Angeklagten hält die Staatsanwaltschaft durch den Prozess «in vollem Umfang für bestätigt». Der Tatvorwurf sei «glasklar nachzuweisen». 

Vorwurf: Wissenschaftlichen Sammelband gefälscht

Gemäß der Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte Ghostwriter beauftragt, ein Buch zu schreiben, das den Anschein erwecken sollte, es handle sich um einen wissenschaftlichen Sammelband aus den 1980er Jahren zu einem Medizinerkongress in Rumänien. Darin wurden gezielt Passagen aus der Doktorarbeit des Rechtsmediziners eingefügt. Dadurch sollte der Eindruck entstehen, dass Graw für seine Dissertation abgeschrieben habe.

Der Angeklagte ließ eigens gedruckte Exemplare des Bandes auf einer Auktionsplattform im Internet versteigern, wie die Ermittlungen ergaben. Des Weiteren beauftragte er Plagiatsjäger, die speziell auf das Buch hingewiesen wurden. Diese machten schließlich ihre Ergebnisse eines vermeintlichen Plagiatsskandals öffentlich und informierten die Universität Hamburg, die daraufhin ein Prüfverfahren einleitete.

Rache als Motiv?

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Angeklagte aus Rache gehandelt hat. Er wollte sich am Rechtsmedizinischen Institut dafür rächen, dass seine Mutter im Jahr 2020 gegen seinen Willen obduziert wurde. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, um die Todesursache der Frau zu klären, wurden jedoch bereits 2021 eingestellt, wie eine Sprecherin der Behörde bestätigte.

Die Verteidiger des Angeklagten haben in mehreren Anträgen die Vermutung geäußert, dass das fragliche Buch möglicherweise ein Nachdruck eines tatsächlich existierenden Buches ist. Schließlich wurde nur eine Zahlung von 3.500 Euro nachgewiesen – und das erscheint für eine so aufwendige Fälschung recht gering.

dpa