Käfer, Ente und jetzt also auch die Biene: Von Europas Straßen verschwindet ein weiterer Klassiker. Künftig wird nur noch in Indien produziert. Für Nostalgiker gibt es aber etwas Trost.
Ciao Biene: Italien nimmt Abschied von der Ape
Sie ist laut. Sie macht Geräusche, sie ächzt, sie schlängelt sich vorwärts. Anders gesagt: Sie kann ziemlich nervig sein. Jeder, der im Urlaub versucht hat, auf einer engen italienischen Straße an ihr vorbeizukommen, kann das bestätigen. Und dennoch ist der Abschiedsschmerz groß, wenn es in diesen Tagen heißt, sich von der Ape zu verabschieden, Italiens legendärem Kleintransporter auf drei Rädern.
Zum Ende des Jahres wird im toskanischen Stammwerk des Herstellers Piaggio nach über 75 Jahren das letzte Modell hergestellt. Zukünftig wird nur noch in Indien produziert – und ausschließlich für Asien und Afrika, nicht mehr für Europa. Damit endet ein weiteres Kapitel der Automobilgeschichte. Nach dem VW-Käfer und der Ente von Citroën trifft es nun die Ape (auf Deutsch: Biene).
Vespa auf drei Rädern mit Kabine und Ladefläche
Die Ära, in der Autos nach Tieren benannt werden, neigt sich wahrscheinlich bald dem Ende zu. Allerdings: “Auto” ist ein großes Wort. Tatsächlich war die Ape nur eine Weiterentwicklung der Vespa, des italienischen Motorrollers. Die erste Ape wurde 1948 produziert – zwei Jahre nach der ersten Vespa. Beide wurden von Firmengründer Enrico Piaggio und dem Ingenieur Corradino D’Ascanio entwickelt.
Die Ape war im Wesentlichen ein Roller mit drei Rädern, einer Fahrerkabine und einer Ladefläche. Die Idee, ein richtiges Lenkrad zu installieren, wurde schnell aufgegeben. Es wurde bei einem Lenker mit zwei Griffen belassen: einem links, einem rechts. Der Komfort war praktisch nicht vorhanden. Es gab zwei Klappfenster, kein Radio, keine Heizung und anfangs nur einen Motor mit 50 Kubik. Mehr als Tempo 40 war nicht möglich.
Ideal für die Arbeit auf den Feldern
Dafür konnte sie mehr als 200 Kilogramm Lasten transportieren – ideal für die Arbeit auf den Feldern, zwischen den Olivenbäumen oder in den Weinbergen und auch, um die Ware dann auf den Markt zu bringen. Die Ape war billig, schlicht und kaum kaputtzukriegen. Mehr brauchte es in den Nachkriegsjahren nicht. Der Autohistoriker Giorgio Sarti sagt: «Auto und Lastwagen waren zu teuer, gerade für kleine Unternehmen. Die Ape war die perfekte Lösung.»
Sie blieb über Jahrzehnte dasselbe. An manchen Orten gehörte die Blechkiste praktisch zum Haus. Sie wurde über Generationen hinweg weitergegeben. Selbst eine Familie konnte in der Ape untergebracht werden, wenn auch sehr eng. Die Kinder fanden dann Platz auf der Ladefläche. Mittlerweile liegt der Mindestpreis jedoch bei über 7.000 Euro.
Heute noch Modelle aus den 1960ern
Vor allem im Süden Italiens sind auch heute noch Modelle aus den 1960er und 1970er Jahren zu sehen, die zuverlässig im Einsatz sind. Mit etwas handwerklichem Geschick kann die Ape repariert werden. Es gab sie auch immer wieder mit Sonderausstattungen: Der deutsche Papst Benedikt XVI. (1927-2022) erhielt einst ein Apamobil komplett in Weiß.
Die Ape ist aus Großstädten wie Rom oder Mailand weitgehend verschwunden, meist findet man sie dort nur noch in der Nähe von Märkten. Jetzt wird sie jedoch oft für Werbung verwendet. Es gibt auch Liebhabermodelle: sehr alte, sorgfältig gepflegt oder aufgemotzte Versionen.
«Das Schlimme ist, dass ein Stück italienischer Geschichte stirbt»
Die Tuning-Szene in Italien, dem Heimatland der Ape, ist umfangreich: tiefergelegt, umlackiert oder mit leistungsstarken Motoren. Oder als fahrbarer Elektrogrill, als Espressobar und sogar als Openair-Kino mit kleiner Leinwand. Der Südtiroler Sascha Müller hat daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Er sagt: «Das Schlimme ist, dass ein Stück italienischer Geschichte stirbt.»
Die Zeitung «La Repubblica» urteilte, dass die Ape perfekt zum italienischen Nationalcharakter zwischen Individualismus und Familiensinn passe. «Man fühlt sich im Fahrerhäuschen allein wohl, mit Ware oder Handwerkszeug im Rücken. Aber man fährt darin auch zu zweit, enger aneinander und mit einem Hauch von Intimität. Oder, allen Vorschriften und Sicherheitserwägungen zum Trotz, zum Feiern mit Freunden.»
Made in India – statt in Italy
In Zukunft wird Piaggio sein Dreirad jedoch nur noch in Indien bauen – aufgrund der strengen Umweltauflagen der EU und wahrscheinlich auch, weil der Markt in Europa inzwischen zu klein ist. In dem bevölkerungsreichsten Land der Welt mit mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern wird die Ape bereits als Elektro-Modell produziert und auch mit einem Erdgasantrieb. Heute schon stehen die italienischen Transporter in Konkurrenz zu den Tuk-Tuks.
In Italien trösten sie sich vorerst damit, dass noch einige Hundert Restposten made in Italy verkauft werden. Und mit dem Wissen um den legendärsten aller italienischen Kleinwagen, den Fiat 500. Der klassische «Cinquecento» wird bereits seit 1975 nicht mehr produziert, aber gelegentlich sieht man ihn auch heute noch auf den Straßen. Selbst bei härteren Gestalten zaubert das ein Lächeln ins Gesicht.