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Der tiefe Fall des Prinzen Andrew: «Genug ist genug»

Der Skandal um Sexualstraftäter Epstein hat den britischen Prinzen Andrew nie losgelassen. Jetzt ist eine weitere Eskalationsstufe erreicht. Wenn ein Royal zur Belastung für die Monarchie wird.

Prinz Andrew legt im Zuge des Epstein-Skandals Titel und Ehrungen ab. (Archivbild)
Foto: Aaron Chown/PA Wire/dpa

Es gab Zeiten im Vereinigten Königreich, da galt Prinz Andrew als das Lieblingskind der Queen. Heute, nach seinem beispiellosen Fall im Skandal um Sexualstraftäter Jeffrey Epstein, ist der 65-Jährige zur größten Belastung für die britische Monarchie und seinen Bruder, König Charles III., geworden. «Der in Ungnade gefallene Andrew», schrieb die Boulevardzeitung «The Sun».

Was ist passiert?

Nach neuen mutmaßlichen Beweisen für die wohl tiefe Freundschaft zwischen Andrew und Epstein und kurz vor der Veröffentlichung der Memoiren des bekanntesten Opfers hatte der Prinz am Freitagabend seine verbliebenen Titel und Ehrungen aufgegeben. «Nach Diskussionen» mit dem König und seiner Familie, steht in der offiziellen Mitteilung. Der Tenor der britischen Medien ist aber klar: Andrew musste verzichten – sonst hätte der König den Sturz angeordnet.

«Der König entscheidet „genug ist genug“», schrieb der Sender Sky News in einem Liveticker. Andere Medien berichteten von der Zufriedenheit des Königs über die Entwicklung, wenngleich es zu Charles‘ Stimmungslage keine offiziellen Angaben gibt. Die Epstein-Affäre und Andrew werfen seit Jahren einen Schatten auf das Königshaus.

Warum ist der Skandal weiterhin so präsent?

Andrew leugnet – auch in der aktuellen Mitteilung – alle Anschuldigungen. Die in den USA geborene Virginia Roberts Giuffre, deren Memoiren am 21. Oktober veröffentlicht werden, beschuldigte Andrew, sie als Minderjährige missbraucht zu haben. Ihr Rechtsstreit gegen den Prinzen endete 2022 in einem wohl millionenschweren Vergleich. Im April des vergangenen Jahres nahm sie sich im Alter von 41 Jahren das Leben.

Andrews frühere Äußerungen zum Skandal erschienen unglaubwürdig. Nur Monate nach Epsteins Tod im Jahr 2019 hatte er sich zu einem Interview mit der BBC hinreißen lassen, das sich als Desaster herausstellte. Er zeigte kaum Mitgefühl für Epsteins Opfer, bereute nicht einmal, mit ihm befreundet gewesen zu sein. Außerdem bestritt er, jemals Giuffre getroffen zu haben. Es existiert jedoch ein Foto, das die beiden eng umschlungen zeigt, wobei Andrews Hand auf Giuffres Hüfte ruht.

Der Autor und Royal-Schreck Andrew Lownie hatte erst kürzlich ein Buch mit dem Titel «Entitled – The Rise and Fall of the House of York» (etwa: Privilegiert – Der Aufstieg und Fall des Hauses York) veröffentlicht, in dem er zahlreiche weitere mutmaßliche Eskapaden von Prinz Andrew und dessen Ex-Frau Sarah Ferguson aufzählte. «Ich hatte Schwierigkeiten, etwas Positives über Andrew zu finden», sagte Lownie vor einigen Wochen zu Journalisten in London.

In den letzten Tagen wurde über Schreiben von Andrew an Epstein berichtet, laut denen er auch nach dem angeblichen Bruch mit dem Unternehmer loyal geblieben sein soll. In dem BBC-Interview hatte Andrew gesagt, dass er den Kontakt nach Epsteins Verurteilung abgebrochen habe. Epstein starb 2019 in Untersuchungshaft in einem New Yorker Gefängnis.

Welche Folgen hat die Entscheidung von Freitagabend?

Einem Historiker zufolge, den die BBC zitierte, war es das erste Mal seit über 100 Jahren, dass ein Herzog in der britischen Monarchie seinen Titel verlor. Damals war es demnach einer der Enkel von Königin Victoria gewesen, der im Ersten Weltkrieg aufseiten der Deutschen gekämpft hatte. «Aus historischer Sicht ist dies ein sehr, sehr bedeutender Schritt», sagte Anthony Seldon der BBC.

Andrew ließ mitteilen, er werde seinen Titel als Herzog von York (Duke of York) und die ihm verliehenen Ehren nicht mehr führen. Gänzlich aberkannt werden kann ihm die Herzogswürde der Nachrichtenagentur PA zufolge nur durch das Parlament. Zu den aufgegebenen Ehren gehören der Ritterorden des Royal Victorian Order und seine Rolle als «Royal Knight Companion» im elitären Hosenbandorden des Königs.

Prinz bleibt Andrew als drittältestes Kind von Queen Elizabeth II. – auch bleibt er an Position acht der britischen Thronfolge. Thronfolger Prinz William soll eine der treibenden Kräfte hinter dem Ausschluss von Andrew gewesen sein. «Charles sieht zwar den Imageschaden, aber ich glaube, er ist einfach ziemlich schwach und sehr naiv. William hat eine viel entschlossenere Haltung dazu», sagte Autor Lownie bei der Vorstellung seines Buches. «Er kann Andrew nicht ausstehen.»

Andrews Ex-Frau Sarah, im britischen Volksmund «Fergie» genannt, verliert ihren Titel als Herzogin von York und firmiert nur noch unter ihrem Mädchennamen Sarah Ferguson. Die Töchter Beatrice und Eugenie bleiben Prinzessinnen.

Was kommt jetzt noch?

Die britischen Medien hatten in Auszügen bereits in den vergangenen Tagen über Giuffres Memoiren («Nobody’s Girl») berichtet. Die Vorwürfe gegen Andrew werden erneuert, teils mit drastischen Worten. Dass sich Andrew erneut äußert, ist, Stand heute, aber unwahrscheinlich.

Der Skandal um Epstein ist auch noch lange nicht aufgeklärt. In den USA wird Präsident Donald Trump mit Vorwürfen bezüglich seiner Beziehung zu Epstein konfrontiert, Trump bezeichnet dies als Lügengeschichten.

Epstein, ein Finanzier, der über viele Jahre systematisch Minderjährige missbraucht hatte, beging laut offiziellen Angaben mit 66 Jahren in seiner Gefängniszelle Suizid. Epsteins Tod löste in Teilen der US-Gesellschaft Spekulationen aus, da er enge Verbindungen zur amerikanischen High Society hatte. Trump hatte im Wahlkampf versprochen, die Epstein-Akten zu veröffentlichen. Da er dies bisher nicht getan hat, steht er auch aus seinem eigenen Lager unter Druck.

dpa