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Deutsche Wirtschaft wächst überraschend im Sommer

Ökonomen hatten mit Rückgang gerechnet, doch Konsumausgaben stiegen. Unsicherheit und Druck in Schlüsselbranchen bleiben bestehen.

Die deutsche Wirtschaft schwächelt - auch die Baubranche steckt in der Krise (Archivbild).
Foto: Christian Charisius/dpa

Die deutsche Wirtschaft ist im Sommer überraschend gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtet. Ökonomen hatten mit einem erneuten Rückgang gerechnet. Die Statistiker gaben an, dass vor allem die staatlichen und privaten Konsumausgaben im dritten Quartal gestiegen seien.

Noch im zweiten Quartal war die Wirtschaft leicht geschrumpft. Viele Volkswirte hatten erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt nun das zweite Quartal in Folge schrumpft und damit in eine «technische Rezession» abrutscht. Zum Jahresstart war Europas größte Volkswirtschaft leicht gewachsen, doch die erhoffte Erholung blieb zunächst aus. Im zweiten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt nach neuesten Berechnungen um 0,3 Prozent zurückgegangen und damit etwas stärker als zunächst berichtet. 

Nur ein Ausreißer nach oben?

Die Unsicherheit bezüglich der Krise der deutschen Wirtschaft hat sich bereits bei Unternehmen und Verbrauchern ausgebreitet. Obwohl viele Firmen Investitionen zurückhalten, sparen Verbraucher trotz steigender Löhne Geld. Schlüsselbranchen wie die deutsche Autoindustrie sind stark unter Druck.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hält das Sommer-Plus für einen «Ausreißer nach oben». Er sagt: «Die seit dem Frühjahr fallenden Frühindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima deuten unverändert auf ein schwieriges Winterhalbjahr. Danach dürfte es wegen der Hiobsbotschaften aus der wichtigen Autoindustrie und der jahrelangen Erosion der Standortqualität nur zögerlich nach oben gehen.»

Bundesbank: Rezession, aber kein Wirtschaftseinbruch

Nach Einschätzung der Bundesbank dürfte sich die Schwächephase fortsetzen. Die deutsche Wirtschaft dürfte im Schlussquartal «in etwa stagnieren», schrieb die Notenbank in ihrem Monatsbericht Oktober. Die Bundesbank machte aber zugleich deutlich, dass sie für die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr keine Rezession «im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung» erwartet. Vielmehr steckt die Konjunktur «nach wie vor in der seit Mitte 2022 anhaltenden Schwächephase fest».

Die Bundesregierung zeigt sich bisher auch eher pessimistisch: In ihrem Herbstgutachten prognostiziert sie, dass das Bruttoinlandsprodukt im Gesamtjahr um 0,2 Prozent schrumpfen wird. Es wäre das zweite Jahr in Folge mit einer Rezession, nachdem die deutsche Wirtschaftsleistung bereits 2023 leicht gesunken war. Erst im Jahr 2025 soll die Wirtschaft laut Prognose der Bundesregierung wieder um 1,1 Prozent wachsen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist hingegen weniger optimistisch: Er geht nur von einem Plus von 0,8 Prozent im kommenden Jahr aus.

Bundesregierung ringt um Impulse für Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft steht vor Herausforderungen: China verliert auf den Weltmärkten an Schwung, während im Inland die Zahl der Firmenpleiten steigt. Die Industrie leidet unter fehlenden Aufträgen und trüben Exportaussichten, während Verbraucher im ersten Halbjahr mehr sparen als im Vorjahr. Der Konsum, der lange Zeit die größte Hoffnung war, kommt nicht richtig in Fahrt. Ökonomen erwarten Impulse für die deutsche Wirtschaft durch die sinkenden Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB), jedoch wird es noch einige Zeit dauern, bis diese in der Realwirtschaft spürbar sind.

Außerdem schwächen strukturelle Faktoren wie die gestiegenen Energiepreise und die Bürokratie den Standort Deutschland. Die Bundesregierung ringt um Lösungen für die Konjunktur, doch in der Ampel-Koalition fehlt es an Einigkeit. Kanzler Olaf Scholz stellte nach einem Gipfeltreffen mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften einen «Pakt für die Industrie» in Aussicht.

dpa