Mainzer Unternehmen will alle Curevac-Aktien erwerben, um Know-how für Krebstherapien auf mRNA-Basis zu stärken.
Biontech plant Übernahme von Curevac aus Tübingen

Das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech plant die Übernahme des Rivalen Curevac aus Tübingen. „Beabsichtigt sei, alle Aktien von Curevac zu erwerben“, teilte Biontech am Donnerstag mit. Mit dem Kauf streben die Mainzer an, weiteres Know-how auf dem Gebiet der Krebstherapien auf mRNA-Basis zu erlangen. Die Transaktion wird ein Milliardenvolumen haben. Es handelt sich bereits um den zweiten milliardenschweren Deal, den Biontech in kurzer Zeit verkündet hat. Am Wettlauf um einen Corona-Impfstoff im Jahr 2020 waren sowohl Biontech als auch Curevac beteiligt. Biontech war erfolgreich, Curevac nicht.
Die Mainzer planen laut eigenen Angaben, jede Curevac-Aktie in Biontech-Aktienhinterlegungsscheine («American Depositary Shares», kurz: ADS) umzutauschen. Beide Unternehmen sind an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet.
Transaktion soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein
Es wird daher rund 5,46 US-Dollar pro Curevac-Aktie angenommen, was einer Bewertung des Tübinger Unternehmens von etwa 1,25 Milliarden US-Dollar (1,08 Mrd. Euro) entspricht. Nach Abschluss der Übernahme, die vorbehaltlich behördlicher Genehmigungen bis Ende 2025 angestrebt wird, werden Curevac-Aktionäre voraussichtlich zwischen 4 und 6 Prozent an Biontech halten, wie es hieß.
Biontech ist auf einem guten Weg zur vollständigen Übernahme von Curevac. Die Aktionäre, die zusammen 36,76 Prozent der Curevac-Aktien halten, haben Vereinbarungen unterzeichnet, um ihre Aktien unter bestimmten Bedingungen anzudienen, darunter die Biotech-Holding Dievini von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp. Die Bundesregierung hat bestätigt, dass sie dem Geschäft grundsätzlich positiv gegenübersteht. Daher geht Biontech davon aus, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die im Namen der Bundesrepublik Deutschland 13,32 Prozent an Curevac hält, die Transaktion unterstützen wird.
Biontech peilt ersten Krebs-Zulassungsantrag Ende 2025 an
Dann würden bereits 50,08 Prozent der Curevac-Aktien zusammenkommen. Die Bedingung für das Übernahmeangebot ist eine Mindestannahmeschwelle von 80 Prozent. Biontech zufolge soll bei einer geplanten Umstrukturierung den Curevac-Aktionären, die ihre Anteilsscheine zunächst nicht angedient haben, pro Aktie die gleiche Gegenleistung angeboten werden.
«Diese Transaktion ist für uns ein weiterer Baustein in Biontechs Onkologie-Strategie und eine Investition in die Zukunft der Krebsmedizin», sagte Biontech- Chef und -mitbegründer Ugur Sahin.
Biontech, das einst mit seinem Covid-Impfstoff auf mRNA-Basis bekannt und reich geworden ist, arbeitet an Krebs-Immuntherapien und plant, bis Ende dieses Jahres einen ersten Zulassungsantrag in den USA für eine Art Chemotherapie der nächsten Generation gegen Gebärmutterkrebs zu stellen.
Bei dieser Art von Therapie werden Antikörper-Wirkstoff-Konjugate verwendet. Die Chemotherapie-Wirkstoffe sollen mithilfe von Antikörpern gezielter an Krebszellen transportiert werden. Ein weiterer Schwerpunkt, den Biontech in der Krebstherapie verfolgt, ist die mRNA-Technologie. Diese Technologie basiert auf den Bauplänen körpereigener Proteine und wurde durch Corona-Impfstoffe wie das von Biontech und dem US-Konzern Pfizer entwickelte Vakzin bekannt.
Forschungsstandort Tübingen soll erhalten bleiben
Auch Curevac hat seit langem an der mRNA-Technologie geforscht. Die Tübinger galten einst neben Biontech und anderen als Hoffnungsträger bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Virus. Dann zog das Unternehmen seinen ersten Impfstoffkandidaten aufgrund einer vergleichsweise geringen Wirksamkeit aus dem Zulassungsverfahren zurück, was zu Patentstreitigkeiten zwischen Curevac und Biontech führte. Zuletzt hat Curevac Stellen abgebaut und wollte sich auf die Forschung konzentrieren.
«Für mich ist diese Transaktion weit mehr als nur ein geschäftlicher Schritt», sagte Curevac-Chef Alexander Zehnder. «Seit über zwei Jahrzehnten verfolgen beide Unternehmen ähnliche Ziele und sind dabei oft Herausforderungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln angegangen.» Das solle nun unter einem Dach zusammengebracht werden. Der Tübinger Forschungs- und Entwicklungsstandort von Curevac soll erhalten bleiben.
Die Transaktion kommt für Biontech kurz nach der Ankündigung der Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Bristol Myers Squibb. Diese dreht sich um die Entwicklung eines vielversprechenden Krebs-Wirkstoffkandidaten namens BNT327, der die Effekte von Tumoren bekämpfen soll, die das körpereigene Immunsystem unterdrücken.
Mit dieser Vereinbarung verbunden sind Milliardenzahlungen des US-Konzerns an Biontech – insgesamt 3,5 Milliarden US-Dollar (rd. 3,06 Mrd. Euro) werden ohne Bedingungen fließen, teils im zweiten Quartal, teils bis 2028 mit Fortsetzungszahlungen. Sofern bestimmte Schritte bei der Entwicklung erreicht werden, kann Biontech weitere bis zu 7,6 Milliarden US-Dollar bekommen.