Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Los Angeles: Stadt der Gegensätze und Feuerkatastrophe

Luxus und Elend, Promis und Normalbürger – die moralischen Debatten inmitten der Feuerkatastrophe von Los Angeles.

In Los Angeles gibt es immer Luxus- und Elendsleben parallel. Das ist nun auch im Angesicht der Feuerkatastrophe so.
Foto: Jae C. Hong/AP/dpa

„City of Angels, city of contrasts: The greater Los Angeles area, struck by fierce fires, is not just a city, but a world of its own. Luxury and misery exist side by side here – even in the face of the current fire disaster.“

Los Angeles, das ist im normalen Alltag schon der Gegensatz von Luxus-Shoppingmeile Rodeo Drive in Beverly Hills und dem als Elendsviertel bekannten Skid Row in Downtown LA, in dem Zehntausende Obdachlose leben. Einerseits steht Los Angeles für Hollywood, Glamour, Promis und Protz. Andererseits hat LA die zweithöchste Obdachlosenquote im ganzen Land. Riesiger Reichtum und bittere Armut liegen nah beieinander. Dieser Gegensatz führt mit Blick auf die Feuerkatastrophe jetzt auch zu moralischen Debatten.

Suche nach privaten Feuerwehrleuten

Der Sender CNN berichtete von einem Immobilienmanager aus LA, der über soziale Medien nach privaten Feuerwehrleuten gesucht habe. «Zahle jede Summe», zitierte der Sender aus dem inzwischen gelöschten Post. Das löste heftige Reaktionen in sozialen Medien aus. «Wessen Haus gerettet wird, sollte nicht von seinem Bankkonto abhängen», zitierte CNN einen TikTok-Nutzer. 

Tausende Gebäude wurden durch das Feuer zerstört oder beschädigt. Schätzungen zufolge könnten die Schäden und wirtschaftlichen Verluste in dreistellige Milliarden-Höhe gehen. Das liegt auch daran, dass die Flammen zum Teil durch Nachbarschaften ziehen, in denen Häuser durchschnittlich mehrere Millionen Dollar kosten. Der besonders betroffene Stadtteil Pacific Palisades gehört zu den wohlhabendsten Vierteln von LA.

Kritik an den Klagen reicher Stars

Viele Prominente sind unter den Betroffenen, die sich in den sozialen Netzwerken zur Feuerkatastrophe äußern. Paris Hilton, Realitystar, berichtete, dass sie aus der Ferne im Fernsehen beobachten musste, wie ihr Haus in Malibu bis auf die Grundmauern abbrannte. Der Sänger Bill Kaulitz dokumentierte in einer Instagram-Story, dass er sein Haus aufgrund der Brände verlassen musste. Auf den Bildern waren seine gepackten Luxuskoffer zu sehen.

Einige Internetnutzer sind verärgert über die Beschwerden reicher Stars, die trotz zusätzlicher Wohnsitze durch eine solche Katastrophe nicht um ihre finanzielle Existenz fürchten müssen. Besonders kritisiert wurde die Schauspielerin und Sängerin Mandy Moore, die im von Bränden schwer betroffenen Vorort Altadena lebt. Auf Instagram zeigte sie Bilder ihrer komplett zerstörten Nachbarschaft. Ihr Haus stehe größtenteils noch, schrieb sie. Zudem teilte sie eine Spenden-Seite für ihren Schwager und dessen Familie, was viele angesichts des vermeintlichen Reichtums der Schauspielerin als heuchlerisch bezeichneten.

«Die Ereignisse sind verheerend, aber Naturkatastrophen ereignen sich immer wieder, und meistens treffen sie Menschen, die keine Millionen auf der Bank haben», schrieb eine Nutzerin auf Instagram unter einen Post von Moore. Der Kommentar wurde hundertfach gelikt. 

Moore reagierte angefasst auf die Kritik. Ein Freund habe die Spendensammlung ins Leben gerufen, schrieb sie. «Und ich teile sie, weil Leute gefragt haben, wie sie ihnen helfen können. Wir haben auch gerade den größten Teil unseres Lebens bei einem Feuer verloren. Also verpi… euch bitte. Niemand zwingt euch, irgendetwas zu tun.»

Die Sorgen der anderen

Gleichzeitig werden jeden Tag neue Schicksale von Normalbürgern aus den Feuergebieten bekannt. Eine Großfamilie verlor gleich mehrere Häuser im «Eaton Fire». Acht Häuser von Onkel, Tanten und Cousins der Williams-Familie, die in Laufnähe zueinander lagen, brannten komplett nieder. Nun haben sie alle kein Zuhause mehr und sind vorerst in einem Hotel in Sherman Oaks nordwestlich von LA untergekommen, wo es kostenlos Zimmer für Betroffene der Brände gibt. 

Eine der Frauen aus der Großfamilie berichtete dem Lokalsender KTLA 5 News von dem Moment, als sie ihr niedergebranntes Haus zum ersten Mal sah: «Es war einfach unglaublich. (…) Das kann man sich gar nicht vorstellen. Es hat sich angefühlt wie im Krieg», sagte sie. «Das war mein Haus und das Einzige, was noch steht, ist mein Tor.» 

An vielen Stellen, an denen das Feuer bereits erloschen ist, sehen ungläubige Menschen wie sie die Trümmer ihrer Häuser und suchen in den Bergen aus Asche und Schrott nach Überbleibseln ihres Lebens. Einige verlieren nicht nur ihr Zuhause durch das Feuer, sondern auch ihren Arbeitsplatz oder ihre wirtschaftliche Existenz, da auch Restaurants, Cafés oder Geschäfte zerstört werden.

Einige sind besorgt, ob ihre Versicherung die Schäden decken wird. Laut US-Medien hatten einige große Anbieter bereits im letzten Frühjahr aufgrund des hohen Risikos von Waldbränden den Versicherungsschutz in den betroffenen Gebieten eingeschränkt oder sogar ganz aufgehoben. Dadurch könnten einige Hausbesitzer möglicherweise ohne ausreichenden Versicherungsschutz dastehen. Andere sind überhaupt nicht versichert.

Geeint im Schmerz

Einige verlieren jedoch auch das Kostbarste: geliebte Menschen. Laut Behörden sind bisher mindestens elf Menschen durch die Brände ums Leben gekommen. Die Zahl könnte steigen, sobald die zerstörten Gebiete gründlich durchsucht werden. Nach Angaben der Polizei des LA County werden 13 Menschen als vermisst gemeldet.

Und alle sind plötzlich vor dem Feuer wieder gleich. Der Schmerz, jemanden zu verlieren, ist für alle gleich – egal, ob arm oder reich. Genauso wie der Kummer über verlorene Erinnerungen in einem Zuhause, die sich nicht mit Geld aufwiegen lassen.

dpa