Belastende Beziehungsthemen und Einsamkeit treiben Menschen zu Telefonseelsorge – auch Online-Kontakte nehmen zu.
Einsamkeit und Sorgen: Telefonseelsorge verzeichnet 1,2 Millionen Anrufe in 2025

Sie fühlt sich aus der Bahn geworfen, hat aber niemanden, der ihr zuhört. Und so wendet sich die alleinlebende Frau an die Telefonseelsorge. «Ich habe sonst keinen mehr zum Reden», beginnt die ältere Anruferin das Gespräch. Ein Beispiel, das der Vorsitzende der Telefonseelsorge Deutschland, Ludger Storch, schildert. Auch 2025 seien wieder mehr als 1,2 Millionen Anrufe bei der Telefonseelsorge eingegangen – wie auch im Jahr zuvor.
«Sehr häufig belasten die Menschen Beziehungsthemen oder eben das Fehlen von Beziehungen, also Einsamkeit», berichtet Storch. «Viele Menschen wissen nicht weiter. Viele brauchen auch Entlastung, wollen sich wieder beruhigen.»
Gewalt, Sucht, psychische Probleme und Suizidgedanken
Ein Mann habe jüngst über Stress mit seiner Partnerin berichtet. «Er wollte sich wieder fangen, bevor er gewalttätig wird. Und wir wollen helfen, dass er mit seiner Partnerin zurück ins Gespräch findet und ihm eben nicht die Hand ausrutscht», nennt Storch beispielhaft einen jüngeren Fall.
Etwa zwei Drittel der Anruferinnen sind weiblich. Die größte Altersgruppe liegt zwischen 50 und 70 Jahren. Es werden auch Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Trauer und Suizidgedanken deutlich. Die Hilfesuchenden sprechen über sexualisierte Gewalt, Suchtprobleme und psychische Schwierigkeiten.
Junge Leute fühlen sich wohler mit Online-Seelsorge
Jüngere neigen stärker zu Chats oder Mails. Rund 90.000 solcher Online-Kontakte gab es 2025, in den meisten Fällen waren es Personen zwischen 20 und 40 Jahren, sagt Storch. «Sie melden sich bei uns mit ihren Ängsten. Angst vor Prüfungen. Angst, mit anderen in Kontakt zu treten.» Der Verlust von sozialen Kontakten bis hin zu einer Sozialphobie sei nach der Pandemie gerade für viele Jüngere ein gravierendes Problem. Krisen und Kriege wie in Gaza oder der Ukraine verstärkten bestehende Ängste oft noch.
Die Geistlichen bemerken auch regionale Unterschiede. In Nordrhein-Westfalen, einer Gesellschaft mit vielfältiger Bevölkerung und vielen verschiedenen kulturellen Hintergründen, gibt es auch Ängste, dass die erlangten Freiheiten und das sichere Leben in Zukunft bedroht sein könnten. „So melden sich zum Beispiel homosexuelle Menschen mit Bedenken bezüglich Ausgrenzung oder Repressalien“, berichtet Storch, der auch die Bochumer Telefonseelsorge leitet.
Ein Jahr Ausbildung für Ehrenamtler
Etwa 7.800 Ehrenamtliche sind deutschlandweit bei der Telefonseelsorge tätig, wo sie ein Jahr lang auf ihre Aufgabe vorbereitet und kontinuierlich weitergebildet werden. Der Vorsitzende berichtet, dass die Finanzierung schwieriger geworden ist. Die Einnahmen aus Kirchensteuern sind gesunken, während Bund und Länder ihre Unterstützung reduziert haben. Um rund um die Uhr für Menschen in schwierigen Situationen da sein zu können, ist man verstärkt auf Spenden angewiesen.








