Das schwere Erdbeben in Südostasien ließ die Erde minutenlang beben. Warum es dazu kam, wie stark es war und welche Folgen noch drohen, erklären Experten.
Erdplatten in Bewegung: Was das Erdbeben auslöste

Experten zufolge sind die schweren Erdbeben, die am Freitag Südostasien erschütterten, für die Region nicht ungewöhnlich: Die Erdplatten bewegen sich hier besonders stark und es haben sich während einer langen ruhigen Phase große Spannungen im Untergrund aufgebaut.
Was sind die Hintergründe des Erdbebens?
Gemäß dem Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam fand das Erdbeben in der Sagaing-Verwerfung statt. Hier bewegen sich die indische Kontinentalplatte und die eurasische Platte mit einer Geschwindigkeit von etwa 18 Millimeter pro Jahr aneinander vorbei. Es entstehen Spannungen, die sich periodisch entladen – wie jetzt nach einer ruhigeren Phase, die fast 70 Jahre lang anhielt, erklärte das Geoforschungszentrum. Die Experten gehen derzeit von einer Bruchlänge von mehr als 200 Kilometern aus.
Tatsächlich seien derartige Erdbeben in dieser Zone durchaus nicht ungewöhnlich, sagt Klaus Reicherter, Leiter des Instituts für Neotektonik und Georisiken an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), und erinnert: «An dieser Plattengrenze wurde auch der fürchterliche Tsunami am zweiten Weihnachtstag 2004 ausgelöst.»
Wie stark war das Erdbeben?
Sowohl das GFZ in Potsdam als auch die US-Erdbebenwarte (USGS) gaben die Stärke des Bebens mit 7,7 an. Das sei «ziemlich heftig», ordnet Reicherter ein. «Das stärkste Beben in Deutschland wird mit Magnitude 6,5 erwartet. 7,7 bedeutet mehr als zwölfmal so stark, das heißt, es wird ungefähr 35-mal mehr Energie freigesetzt.» Daher habe das Beben auch so lange gedauert. «Dieses Schütteln hat sehr lange angehalten, die Erde hat sich minutenlang bewegt», erklärt der Experte weiter. Je stärker das Beben, umso länger sei die aktivierte Verwerfung – eine kurze Verwerfung mache nicht solche starken Erdbeben und Versätze.
Wie lange ist mit Nachbeben zu rechnen?
Laut Daniel McCrum vom irischen University College Dublin folgte zwölf Minuten nach dem Beben ein erstes Nachbeben mit einer Stärke von 6,4 (GFZ und USGS geben die Stärke dieses Bebens mit 6,5 bzw. 6,7 an). «Drei weitere Beben geringerer Stärke, im Bereich Magnitude 4,5 bis 4,6 ereigneten sich etwa eine Stunde später», zählt McCrum auf. Zudem bestehe eine kleine Wahrscheinlichkeit für ein noch größeres Beben mit einer Magnitude von mehr als 7,7, so Paolo Bergamo vom Schweizerischen Erdbebendienst.
Nach Angaben von Klaus Reicherter kann noch lange mit Nachbeben gerechnet werden. «Das kann bis zu einem Jahr dauern, normalerweise sind es zwei bis drei Monate.» Kleine Nachbeben seien permanent da. «Das muss man sich wie einen andauernden Bruchprozess entlang der Verwerfung vorstellen – ähnlich wie ein Reißverschluss. Das führt letztlich auch zu den Rupturen, also den Rissen in der Erdoberfläche», sagt der Experte. Ab einer gewissen Stärke komme die Verwerfung an die Oberfläche, die Oberfläche reiße.
Reicherter warnt, dass es für die Menschen in der betroffenen Region nicht reiche, nach dem Beben zwei Nächte draußen zu bleiben: «Viele Gebäude werden durch das Hauptbeben und die stärkeren Nachbeben beschädigt sein. Das bedeutet, dass auch kleinere Nachbeben sie zum Einsturz bringen können.» Die Überprüfung der Gebäude in Großstädten wie Bangkok und Mandalay sei eine Mammutaufgabe.
Welche anderen Beben gab es hier in jüngerer Vergangenheit?
«In dieser Region gab es seit 1900 sechs weitere Erdbeben der Stärke 7 und mehr im Umkreis von etwa 250 Kilometern um das heutige Erdbeben», führt Paolo Bergamo an. Das jüngste dieser Beben sei ein Beben der Stärke 7,0 im Januar 1990 gewesen, das 32 Gebäude zum Einsturz brachte. Ein Erdbeben der Stärke 7,9 habe sich zudem südlich des heutigen Bebens im Februar 1912 ereignet.
Fabrice Cotton vom GFZ ergänzt, zudem sei es zwischen 1930 und 1956 zu zahlreichen Erdbeben an der Sagaing-Verwerfung gekommen, gefolgt durch eine ruhigere Phase, in der sich im Untergrund große Spannungen aufbauten: «Diese wurde nun durch das starke Beben plötzlich freigesetzt.»
Wie wird die Stärke von Erdbeben gemessen?
Die Stärke von Erdbeben wird mit Seismographen gemessen. Die Geräte erfassen die Stärke von Bodenbewegungen, die sogenannte Magnitude. Je nach Dauer, Bodenbeschaffenheit und Bauweise in der Region können Erdbeben unterschiedliche Auswirkungen haben. Es ist oft der Fall, dass bei einer Stärke von 7 in weiten Gebieten schwere Schäden auftreten, Häuser einstürzen und viele Tote zu befürchten sind.