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Alte Akten im Polizeikeller entdeckt, könnten Kriminalfälle der Vergangenheit aufklären

Historische Ermittlungsakten gefunden, darunter zur Entführung von Aldi-Gründer und ungelösten Mordfällen aus der Vergangenheit.

Im Keller des Polizeipräsidiums Essen lagerten bislang unbekannte Akten zur Entführung des Aldi-Gründers Theo Albrecht. (Archivbild)
Foto: Christoph Reichwein/dpa

Die Essener Polizei hat im Keller ihres Präsidiums alte Akten unter anderem zur spektakulären Entführung des Aldi-Gründers Theo Albrecht vor über 50 Jahren gefunden. Ein ganzer Karton mit polizeilichen Ermittlungsakten befasse sich mit der Entführung im Jahr 1971, teilte die Polizei mit. Die Unterlagen seien ein «regelrechter Glücksfall» und könnten womöglich «bisher bestehende Lücken bei der Erforschung des Verbrechens schließen».

Im Kellerraum wurden zusätzlich weitere historische Ermittlungsakten zu teilweise ungelösten Mord- und Totschlagsfällen entdeckt. Die Polizei teilte mit, dass einige davon bis ins Jahr 1927 zurückreichen. Die meisten Fälle sind jedoch bereits so lange zurückliegend, dass nur noch ein historisches Interesse an ihnen besteht – eine Sprecherin erklärte, dass es wahrscheinlich keine neuen Ermittlungen mehr geben wird.

Einer der spektakulärsten Kriminalfälle der Nachkriegszeit

Die Entführung von Theo Albrecht – einem der beiden Gründer des Discountriesen Aldi – ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle der deutschen Nachkriegsgeschichte. Albrecht wurde am 29. November 1971 entführt. Die Täter verhandelten tagelang per Brief und Telefon – bis sie die damals kaum vorstellbare Summe von sieben Millionen Mark Lösegeld erhielten.

Das Geld wurde von Bischof Franz Hengsbach aus Essen überbracht. Der Geistliche stimmte zu, das Lösegeld in zwei Koffern auf einem dunklen Feldweg zu übergeben. Nach 17 Tagen in Gefangenschaft wurde Albrecht freigelassen.

Rentner-Cop kam auf die Idee mit den Akten im Keller

Die vor zwei Jahren gegründete Ermittlungsgruppe Cold Cases, eine Gruppe zur Untersuchung ungelöster Kriminalfälle, stieß auf die Akten. Mitarbeiter des Kriminalkommissariats der Polizei Essen arbeiten mit ehemaligen Polizeibeamten zusammen, die aus dem Ruhestand zurückkehren, um in den ungelösten Fällen zu ermitteln.

«Einer der Ermittler hat gesagt, wir müssen mal in den Keller, da liegen noch alte Akten», sagte die Polizeisprecherin. Der Keller sei dann nach und nach aufgeräumt worden. Mit Erfolg: «Es wurden sehr, sehr viele Akten gefunden.» Teilweise sei das Papier schon nicht mehr gut erhalten gewesen. «Aber es waren auch einige spannende Sachen dabei, teilweise regelrechte Schätze zu alten Kriminalfällen.»

Akten reichen zurück bis in die Weimarer Republik

Es sei dann relativ schnell entschieden worden, dass die meisten Akten weniger für die aktuelle Ermittlungsarbeit, sondern vor allem für Historiker interessant sein könnten. Neben Unterlagen zur Entführung des Aldi-Gründers gebe es auch Ermittlungsakten zu teils ungelösten Mordfällen bis zurück in die Zeit der Weimarer Republik.

So sei etwa eine Akte zur Ermordung des SS-Mannes Arnold Guse 1932 gefunden worden. «Der Fall sorgte im Ruhrgebiet für großes Aufsehen», betonte die Polizei. Anfangs sei damals propagiert worden, dass er von Kommunisten erschossen worden sei – doch die Ermittlungen kamen zu dem für die Nazis unliebsamen Ergebnis, dass der Schuss von einem der eigenen Leute abgegeben worden war.

Auch zum Mord an der Lehrerin Luise Stöckner in Mülheim an der Ruhr im Jahr 1965 fanden sich Unterlagen im Präsidiums-Keller. Der rätselhafte Fall wurde 1977 noch einmal in der Fernsehsendung «Aktenzeichen XY ungelöst» vorgestellt, blieb aber bis heute ungelöst.

Alte Akten kommen nun ins Archiv

Die alten Akten werden jetzt restauriert und, soweit datenschutzrechtlich möglich, auch der Öffentlichkeit im Landesarchiv zugänglich gemacht, sagte die Polizeisprecherin. Am Dienstag wird Polizeipräsident Andreas Stüve die Dokumente bei einem Pressetermin offiziell an das nordrhein-westfälische Landesarchiv übergeben.

dpa