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Bulgarien auf dem Weg zum Euro,Die Europäische Kommission bestätigt die Einführung des Euro in Bulgarien ab 2026. Trotz Protesten wird die Wirtschaft gestärkt.

Proteste begleiten Euro-Debatte in Bulgarien,Heftige Demonstrationen gegen die Einführung des Euro, während die EU-Kommission die wirtschaftlichen Vorteile betont.

Das seit Januar amtierende Koalitionskabinett in der Hauptstadt Sofia bemüht sich um einen Beitritt des Balkanlandes zur Eurozone am 1. Januar 2026. (Symbolbild)
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa

Die Europäische Kommission ist der Ansicht, dass Bulgarien die Gemeinschaftswährung Euro einführen kann. Laut der Brüsseler Behörde erfüllt das EU-Mitgliedsland die erforderlichen Kriterien. Bulgarien plant, seine Landeswährung Lew am 1. Januar 2026 durch den Euro zu ersetzen.

Das Land auf dem Balkan ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union und wäre das 21. Land mit der Gemeinschaftswährung. Kroatien war das bislang letzte Land, das am 1. Januar 2023 in den Kreis der Eurostaaten aufgenommen wurde.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete den Euro als «ein greifbares Symbol der europäischen Stärke und Einheit». Dank des Euro werde die bulgarische Wirtschaft stärker werden – mit mehr Handel mit den Partnern im Euroraum, ausländischen Direktinvestitionen, Zugang zu Finanzmitteln, hochwertigen Arbeitsplätzen und Realeinkommen. In Bulgarien gibt es teils heftige Proteste gegen die Einführung des Euro. 

Einführung bereits verschoben

Bulgarien bleibt trotz höherer Wachstumsraten weiterhin eines der ärmeren EU-Länder und liegt auch im Jahr 2024 beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf der Bevölkerung am unteren Ende der EU-Rangliste. Laut vorläufigen Angaben von Eurostat betrug die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung in Bulgarien im vergangenen Jahr 34 Prozent weniger als der EU-Durchschnitt.

Ein weiteres Land im Euro-Währungsraum erleichtert den Handel und das Reisen. Geschäftsleute und Investoren müssen sich keine Gedanken mehr über Wechselkurse machen. Auch Touristen profitieren, da sie nach einem Euro-Beitritt Bulgariens keine Landeswährung mehr umtauschen müssen, was normalerweise mit Kosten verbunden ist.

Ursprünglich war die Einführung des Euro in Bulgarien für Anfang 2024 geplant. Aufgrund der damals vergleichsweise hohen Inflationsrate von 9,5 Prozent wurde der Beitritt verschoben. Die EU-Kommission sah das Kriterium der Preisstabilität als nicht erfüllt an.

Gemäß den EU-Verträgen sind alle EU-Mitgliedstaaten außer Dänemark verpflichtet, dem Euro-Währungsgebiet beizutreten, sobald sie die erforderlichen Bedingungen erfüllen. Mit Ausnahme von Bulgarien steht die Einführung der Gemeinschaftswährung noch in Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn aus.

Bestimmte Kriterien müssen erfüllt werden

Um dem Euro beizutreten, müssen spezifische Kriterien erfüllt werden. Dazu zählen Preisstabilität, solide öffentliche Finanzen und stabile Wechselkurse. Die Inflation darf beispielsweise nicht außer Kontrolle geraten, um den Wert des Geldes zu erhalten und seine Kaufkraft zu bewahren.

Die Euro-Beitrittskandidaten müssen auch belegen, dass sie ihre Staatsverschuldung unter Kontrolle haben. Und sie müssen sicherstellen, dass der Wechselkurs ihrer Landeswährung stabil bleibt, damit Unternehmen beispielsweise vorausschauend planen können.

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission überprüfen regelmäßig die Fortschritte der Euro-Beitrittskandidaten bei den sogenannten Konvergenzkriterien. Letztlich entscheidet der Rat der Europäischen Union, ob ein Land bereit ist für den Euro. Die Entscheidung wird von Vertretern aller EU-Länder getroffen, basierend auf einem Vorschlag der EU-Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Auch grünes Licht von der EZB

Auch nach Einschätzung der EZB ist Bulgarien fit für den Euro. Das Land habe seit 2024 gute Fortschritte bei den entscheidenden wirtschaftlichen Kennzahlen gemacht, die für einen Beitritt zum Währungsraum erfüllt werden müssen. «Diese positive Bewertung der Konvergenz ebnet den Weg dafür, dass Bulgarien am 1. Januar 2026 den Euro einführen und als 21. EU-Mitgliedstaat dem Euroraum beitreten kann», sagt EZB-Chefvolkswirt Philip R. Lane.

Um die wirtschaftliche Lage in dem Balkanland zu stabilisieren, halten die Euro-Währungshüter jedoch umfangreiche Strukturreformen für notwendig. Dazu gehört die Forderung nach Bulgarien, die Korruption weiter zu bekämpfen, ein unabhängiges und effizientes Justizsystem sicherzustellen und das Bildungssystem zu verbessern. Es ist auch wichtig, dass das Land seine Infrastruktur modernisiert, um das Produktionspotenzial zu steigern.

Proteste in Bulgarien

In Bulgarien wird die Diskussion über die Einführung des Euro von starken Protesten begleitet. „Erst am vergangenen Samstag demonstrierten Anhänger prorussischer und nationalistischer Parteien in der Hauptstadt Sofia und anderen Städten. Sie fordern, dass die Landeswährung Lew erhalten bleibt, da sie befürchten, dass der Euro die Preise in die Höhe treiben wird.“

Im Februar haben Nationalisten vor dem Eingang der EU-Vertretung in Sofia ein Feuer entfacht. Außerdem haben sie rote Farbe auf die gläserne Fassade des Gebäudes geschüttet, es wurden Molotow-Cocktails und Eier geworfen.

Die prorussische nationalistische Oppositionspartei Wasraschdane (Wiedergeburt) beschuldigt die Behörden, Daten zu manipulieren, um die Einführung des Euro zu erleichtern. Die Partei beklagt, dass Bulgarien mit der Einführung des Euro seine nationale Souveränität verlieren würde.

Euro-Gegner fordern Referendum 

Der CEO von Wasraschdane, Kostadin Kostadinow, forderte eine Volksabstimmung über den Erhalt der bulgarischen Nationalwährung Lew. Trotz der Sammlung von 604.000 Unterschriften für ein Referendum lehnte das bulgarische Parlament zweimal eine Volksabstimmung zur Währungsfrage ab – einmal im Jahr 2023 und im Mai 2025.

Laut einer Meinungsumfrage des bulgarischen Instituts Mjara von 10. bis 13. Mai ist Bulgariens Bevölkerung in der Euro-Frage gespalten. Mehr als die Hälfte der Volljährigen (54,9 Prozent) ist gegen eine Einführung des Euro im Jahr 2026, während gut ein Drittel (34,4 Prozent) einen Beitritt zur Eurozone im kommenden Jahr befürwortet.

Einer Umfrage des Instituts Gallup International Balkan in der zweiten Mai-Hälfte zufolge sehen 33,4 Prozent «eher Nutzen» in einer Einführung des Euro. Dagegen befürchten 32,9 Prozent «eher Nachteile». 22,6 Prozent erwarten weder Vor- noch Nachteile.

dpa