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EU-Kommission will Zölle auf Stahl auf 50 Prozent verdoppeln

Die EU-Kommission plant, Zölle auf Stahlimporte auf 50 Prozent zu erhöhen und Importquoten deutlich zu senken. Für Deutschland hat diese Entscheidung eine besondere Bedeutung.

Europas Stahlproduzenten sollen künftig besser vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden. (Symbolbild)
Foto: Jan Woitas/dpa

Die EU-Kommission plant, die heimische Stahlindustrie vor günstiger Konkurrenz aus Ländern wie China zu schützen, indem sie die Zölle deutlich erhöht. Darüber hinaus wird die Menge für zollfreie Importe fast halbiert, wie der zuständige EU-Kommissar Stéphane Séjourné mitteilte. Speziell soll der Zollsatz für Importe, die die festgelegte Menge überschreiten, verdoppelt werden.

Bevor die neuen Regeln in Kraft treten können, müssen auch das Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen. Es gehe darum, die europäischen Stahlproduzenten und Arbeitsplätze zu retten. «Das ist die Reindustrialisierung Europas», so Séjourné.

Überkapazitäten im Fokus 

In der Kommission wird von mehr als 600 Millionen Tonnen weltweiter Überkapazitäten gesprochen. Damit sind in der Regel Waren gemeint, für die es keine Abnehmer gibt. Weltweite Überkapazitäten sind jüngst relevanter geworden, nachdem die USA ihre Einfuhrzölle massiv erhöht haben.

In der EU gibt es die Sorge, dass Exporte, die bisher nach Nordamerika gingen, jetzt nach Europa umgeleitet werden könnten. Dadurch könnten europäische Hersteller zusätzlich unter Druck geraten.

Laut Angaben der EU stammten die meisten Stahlimporte in die EU bisher aus der Türkei, Südkorea, Indien, Vietnam, China, Japan, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine.

Deutschland besonders betroffen

Deutschland hat innerhalb der EU die größte Stahlindustrie, weltweit liegt es laut Branchenangaben auf dem siebten Platz. Die Stahlindustrie in Deutschland leidet jedoch unter der Krise in Abnehmerbranchen, insbesondere in der Autoindustrie. Dies wird durch gestiegene Energiepreise, Billigimporte hauptsächlich aus China und die Kosten für den Umbau zu einer umweltfreundlicheren Stahlproduktion verschärft. Die hohen Zölle auf Stahlexporte in die USA belasten die Branche zusätzlich.

Die deutsche Stahlindustrie drängt daher schon länger auf neue Maßnahmen. Es sei «wichtiger denn je, dass sich die EU-Kommission nun voll auf die Schaffung eines neuen, tatsächlich schützenden Handelsinstruments konzentriert», teilte etwa die Wirtschaftsvereinigung Stahl im August mit. Es brauche Schutz «vor unkontrollierten, oft gedumpten Importen». 

Nach Angaben des Lobbyverbands arbeiten in Deutschland etwa vier Millionen Menschen in stahlintensiven Branchen, davon rund 80.000 für die Stahlindustrie direkt. 2024 verzeichnete die Industrie zum zweiten Mal in Folge einen Umsatzrückgang – minus 5,3 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr auf 45,3 Milliarden Euro. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will im Herbst einen «Stahlgipfel» abhalten, um die Probleme der Branche anzugehen.

Chinas Stahlindustrie unangefochtene Weltspitze

Der Großteil des weltweit produzierten Stahls stammt aus China. Trotz der neuen Zölle würde die EU, die sich normalerweise für einen freien Welthandel einsetzt, Importe aus Fernost stärker einschränken. Auf diese Weise kann die EU als Unterstützer von US-Präsident Donald Trump im Kampf gegen Chinas Exportüberschuss auftreten.

Neue EU-Vorgaben sollen alte Regeln ablösen

Der aktuelle Schutzmechanismus für die europäische Stahlindustrie endet im Juni nächsten Jahres. Die neuen Maßnahmen sind geplant, um ihn durch eine langfristige Regelung zu ersetzen.

Zustimmung kommt bereits aus dem EU-Parlament. Der CDU-Abgeordnete Dennis Radtke spricht von einem wirksamen Schutz für Europas Industrie. Anna Cavazzini von den Grünen teilte mit: «Der vorgeschlagene Stahlmechanismus ist nötig und längst überfällig.» Auch der SPD-Handelsexperte Bernd Lange ist überzeugt und sieht in dem Vorschlag der Kommission einen wichtigen Etappensieg.

dpa