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EU vs. Elon Musk: Brüssel verhängt Millionenstrafe gegen X

Die EU setzt ein Zeichen: Trotz deutlicher Warnungen der US-Regierung von Donald Trump verschärft sie ihr Vorgehen gegen amerikanische Tech-Konzerne. Ist das genug?

Wegen Verstößen gegen europäische Digitalgesetze muss der Internetdienst Millionen zahlen. (Symbolbild)
Foto: Algi Febri Sugita/ZUMA Press Wire/dpa

Die EU hat eine Geldstrafe in Millionenhöhe gegen Elon Musks Online-Plattform X verhängt, aufgrund von Transparenzmängeln. Die US-Firma muss 120 Millionen Euro zahlen, unter anderem wegen der irreführenden Authentifizierung von Nutzerkonten durch den weißen Verifizierungshaken auf blauem Grund, wie die zuständige EU-Kommission bekannt gab. Sie wirft dem Twitter-Nachfolger auch vor, Forschern Daten vorzuenthalten und geschaltete Werbung nicht transparent zu dokumentieren.

Die Ablehnung von X gemäß dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act – DSA) könnte die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten belasten. Kritik aus Washington wurde bereits geäußert, bevor Brüssel die Entscheidung offiziell bekannt gegeben hatte.

US-Vizepräsident JD Vance schrieb auf X, die EU solle die Meinungsfreiheit unterstützen, anstatt amerikanische Unternehmen «wegen Müll» anzugreifen. US-Präsident Donald Trump hatte die europäischen Digitalgesetze in der Vergangenheit als wettbewerbsfeindlich kritisiert. 

In ihrer am Donnerstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Sicherheitsstrategie warnt die US-Regierung außerdem vor einem Verlust der Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa. Demnach gebe es auch eine «Zensur der freien Meinungsäußerung».

https://x.com/JDVance/status/1996701953372704921?s=20

Sind 120 Millionen Euro angemessen für einen Tech-Riesen? 

Gemäß der Entscheidung der EU besteht die Strafe aus drei Teilen: 45 Millionen Euro für die Verifizierungshäkchen, 40 Millionen Euro für den fehlenden Datenzugang für Forscher und 35 Millionen Euro für fehlende Transparenz bei Werbung.

Die Begründung der EU-Kommission für die Höhe der Strafe wurde gegeben. Ein EU-Beamter betonte, dass die Geldbuße im angemessenen Verhältnis zum Verstoß stehe. Der Jahresumsatz von Musks Firma spielte bei der Berechnung der Strafe keine direkte Rolle.

Die Brüsseler Behörde argumentierte, dass die Art der Verifikation bei X für Nutzer irreführend sei. Sie könnten glauben, dass hinter den Konten mit den Häkchen echte, verifizierte Nutzer stehen – doch das sei nicht zwingend der Fall.

Musks X-Übernahme und der Haken an der Sache

Schon vor Jahren gab es Probleme mit den Verifizierungshäkchen. Als X noch Twitter hieß, wurden die weißen Häkchen auf blauem Hintergrund nach einer Überprüfung durch das Unternehmen an Prominente, Politiker und Personen des öffentlichen Lebens vergeben. Das ist auch bei anderen Online-Diensten üblich.

Musk führte nach der Übernahme im Herbst 2022 an, dass alle zahlenden Abo-Kunden Häkchen erhalten – wobei die Symbole identisch aussehen wie zuvor. Besonders unmittelbar nach der Umstellung gab es mehrfach Probleme, da falsche Accounts von Unternehmen und Prominenten plötzlich authentisch wirkten.

Auf der Website wird nun angegeben, dass neben einem Abonnement auch ein Benutzername und ein Profilfoto erforderlich sind. Des Weiteren sind keine Anzeichen für betrügerisches oder irreführendes Verhalten erlaubt. Unternehmen erhalten goldene Häkchen-Symbole, während Behörden und Regierungsorganisationen silberne erhalten.

Zieht X vor Gericht? Wie reagiert Trump? 

Es wird nun gespannt erwartet, wie Musk auf die Strafe reagiert. Als die EU-Kommission im Juli 2024 ihre vorläufigen Ergebnisse in dem Fall präsentierte, reagierte er bei X mit Ironie: «Woher wissen wir, dass Sie echt sind?», fragte er auf einen Post des damals zuständigen EU-Kommissar Thierry Breton hin.

Es könnte sein, dass X gegen die Entscheidung rechtlich vorgeht und der Fall letztendlich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landet. Der erste DSA-Fall, der eine Strafe nach sich zieht, darf nicht vor Gericht verloren werden, so die EU-Beamten. Der Imageschaden wäre groß, hieß es in Brüssel. Das US-Unternehmen hat nun zunächst 60 Werktage Zeit, Anpassungen anzukündigen.

Digital Services Act gilt seit Februar 2024 

Die Strafe, die jetzt verhängt wurde, ist die erste, die die Europäische Kommission auf der Grundlage des DSA verhängt hat. Das umfangreiche Regelwerk ist seit Februar 2024 in Kraft und soll als scharfes Schwert gegen als gefährlich angesehene Praktiken von Tech-Riesen dienen. Online-Plattformen müssen sich aufgrund des DSA an deutlich strengere Vorschriften halten: Beschwerden von Nutzern sollen besser bearbeitet, illegale Inhalte schneller entfernt und Kinder besser geschützt werden.

Ansonsten müssen die Online-Plattformen mit empfindlichen Strafen rechnen: bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes sind möglich. Die EU-Kommission kann auch tägliche Strafzahlungen verhängen, bis Probleme behoben sind. Kritiker halten der Behörde allerdings vor, diese Sanktionsmittel zu wenig zu nutzen.

Frankreich hat kürzlich die EU-Beamten aufgefordert, gegen den Online-Händler Shein vorzugehen, da dieser Sexpuppen in Kinderoptik angeboten hat. Als Reaktion darauf verlangten die europäischen Internetwächter Informationen von Shein.

Karsten Wildberger, Bundesdigitalminister (CDU), lobte die Entscheidung gegen X als bedeutendes Signal. Er betonte, dass die EU-Kommission den DSA konsequent umsetze und europäische Werte verteidige, sagte er am Rande eines Treffens der Digitalminister in Brüssel.

Gegenbeispiel Tiktok? EU-Verfahren eingestellt 

Die EU-Kommission verkündete neben der Millionenstrafe für X auch, dass das Verfahren gegen Tiktok eingestellt wurde. Die Videoplattform, die zum Mutterkonzern Bytedance mit Sitz in Peking gehört, geriet ebenfalls wegen intransparenter Werbung ins Visier von Brüssel.

Der DSA verlangt von Plattformen, dass sie ein zugängliches und durchsuchbares Archiv der geschalteten Anzeigen führen. Die EU-Kommission betont, dass diese Archive für Behörden, Forscher und die Zivilgesellschaft von großer Bedeutung sind. Sie dienen dazu, Betrugsversuche, Werbung für illegale oder nicht kindgerechte Produkte oder Desinformationskampagnen aufzudecken.

Nach ausführlichen Diskussionen hat Tiktok verbindliche Zusagen gemacht, wie es in einer Mitteilung der EU-Kommission heißt. Trotzdem laufen auch weitere Verfahren gegen Tiktok. Zum Beispiel wegen des potenziellen Einflusses, den die Videoplattform auf Kinder und Jugendliche oder demokratische Prozesse haben könnte. Es stehen noch Entscheidungen in diesen Verfahren aus.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass der US-Firma X weitere Strafen drohen. Die europäischen Internetwächter haben X seit Dezember 2023 im Visier, da die Plattform verdächtigt wird, nicht ausreichend gegen illegale Inhalte oder Desinformation vorzugehen. Die Entscheidungen in diesen Untersuchungen stehen noch aus, so die EU-Beamten.

dpa