Die EZB hält in unsicheren Zeiten am Leitzins von 2,0 Prozent fest. Was das für Kredite, Sparzinsen und den Alltag der Verbraucher bedeutet – und warum Frankreich plötzlich große Sorgen macht.
EZB lässt Leitzinsen unverändert – Sorgen um Frankreich

In Zeiten politischer Unsicherheit hält die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen im Euroraum stabil. Der Einlagenzins, der für Banken und Sparer wichtig ist, bleibt bei 2,0 Prozent, wie die EZB in Frankfurt bekannt gibt.
Schon im Juli hatte die EZB die Leitzinsen nicht angetastet – nicht zuletzt wegen des «außergewöhnlich unsicheren Umfelds» im Zollstreit mit den USA, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde damals betonte. Nun hat Europa es mit einer Regierungskrise in Frankreich zu tun. Die Sorge ist groß, dass die Verschuldung der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft außer Kontrolle gerät.
EZB in Lauerstellung
Die Notenbank bleibt in diesem Umfeld nach einer Reihe von Zinssenkungen in Abwartehaltung. Zuvor hatte die EZB die Leitzinsen achtmal innerhalb eines Jahres gesenkt. Im Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, noch bei 4,0 Prozent, doppelt so hoch wie zuvor.
Viele Ökonomen gehen davon aus, dass die EZB in diesem Jahr die Zinsen unverändert lassen wird: Die Inflation ist im Griff – im August lag die Teuerungsrate im Euroraum mit 2,1 Prozent im Zielbereich der EZB – und die Wirtschaft im Euroraum bleibt trotz höherer US-Zölle stabil. Angesichts der zahlreichen Krisen ist es wahrscheinlich, dass die Notenbank alle Möglichkeiten offen halten möchte.
Vorerst Ruhe im Zollstreit
Obwohl US-Präsident Donald Trump unberechenbar bleibt, ist das Szenario einer Eskalation im Handelsstreit und einem wirtschaftlichen Schock ausgeblieben. Im Frühjahr hatten einige Zentralbanker, insbesondere aus Südeuropa, aufgrund von Konjunktursorgen weitere Zinssenkungen gefordert.
Niedrigere Zinsen unterstützen die Wirtschaft, da Kredite für Unternehmen und Verbraucher dadurch tendenziell günstiger werden. Sparer hingegen sind im Nachteil: Wenn Banken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder erhalten, senken sie in der Regel die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kunden.
Verivox sieht eine Trendwende: Zum ersten Mal seit Februar 2024 sind die Durchschnittszinsen bundesweit verfügbarer Tagesgeldangebote auf zuletzt 1,28 Prozent gestiegen. Auch beim Festgeld sind die Zinsen über alle Laufzeiten wieder angestiegen.
Bangen wegen Frankreichs Schulden
Obwohl die Inflation unter Kontrolle ist, steht die EZB in Frankreich vor einem neuen Krisenherd. Die Risikoaufschläge für französische Staatsanleihen sind stark angestiegen: Die Rendite zehnjähriger französischer Anleihen liegt über der von griechischen Papieren. Die Aufnahme neuer Schulden wird für Frankreich zunehmend teurer.
Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat das Nachbarland Deutschlands mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Das Haushaltsdefizit Frankreichs lag zuletzt mit 5,8 Prozent weit über dem europäischen Grenzwert von 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Kauft die EZB wieder Staatsanleihen?
An den Finanzmärkten wird darüber spekuliert, ob die EZB bereit wäre, Frankreich durch den Kauf von Anleihen zu unterstützen. Im Rahmen ihres Programms TPI («Transmission Protection Instrument») kann die Notenbank im Krisenfall unbegrenzt Anleihen einzelner Eurostaaten erwerben. Allerdings sind die Hürden dafür hoch: Das Instrument ist für den Fall vorgesehen, dass die Zinsen für Wertpapiere eines Eurostaates aufgrund von Finanzspekulation unverhältnismäßig stark steigen.