Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

EZB bleibt in Lauerstellung: Leitzinsen unverändert

Innerhalb eines Jahres haben die Euro-Währungshüter den für Banken und Sparer wichtigen Einlagenzins halbiert. Nun hält die Europäische Zentralbank vorerst still. Das hat seine Gründe.

Artikel hören

Die Europäische Zentralbank hat über die Zinsen im Euroraum entschieden. (Archivbild)
Foto: Boris Roessler/dpa

Die Europäische Zentralbank bleibt in einer Welt voller Krisen vorsichtig: Der für Sparer und Banken relevante Einlagenzins bleibt unverändert bei 2,0 Prozent, wie die Notenbank mitteilte. Dies beschloss der EZB-Rat, der ausnahmsweise in Florenz tagte und nicht am Hauptsitz der Notenbank in Frankfurt.

Damit bleibt die EZB nach einer Serie von Zinssenkungen in Lauerstellung, während die US-Notenbank Fed am Mittwoch die Leitzinsen zum zweiten Mal in diesem Jahr senkte. Schon im Juli und September hatte die EZB die Leitzinsen im Euroraum unverändert gelassen und auf ein «außergewöhnlich unsicheres Umfeld» hingewiesen.

Inflation eingedämmt

Die Notenbank hatte zuvor achtmal innerhalb eines Jahres die Leitzinsen gesenkt. Im Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, noch bei 4,0 Prozent. Seitdem sind auch die Sparzinsen deutlich gefallen.

Die Hauptaufgabe der EZB besteht darin, die Stabilität des Euro sicherzustellen und damit die Kaufkraft der Menschen zu erhalten. Die Zentralbank strebt eine mittelfristige Inflationsrate von 2,0 Prozent an. Die Leitzinsen der EZB haben erhebliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte und beeinflussen beispielsweise die Höhe der Kreditzinsen für Unternehmen und die Zinssätze für Sparer.

Leichter Aufwärtstrend bei Sparzinsen

Verivox hat kürzlich festgestellt, dass die Tages- und Festgeldzinsen leicht gestiegen sind. Jedoch wird dieser Effekt durch die steigende Inflation zunichte gemacht, wodurch Sparer letztendlich Geld verlieren – vor allem mit Tagesgeld, das im Durchschnitt zuletzt 1,28 Prozent Zinsen brachte, während die Inflation über der 2-Prozent-Marke liegt.

Die Erwartung sinkender Leitzinsen an den Finanzmärkten ist mit der Zinspause der EZB verschwunden. Viele Ökonomen gehen davon aus, dass die Notenbank die Zinsen in diesem Jahr nicht mehr ändern wird: Die Inflation im Euroraum, die nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stark angestiegen war, ist nun unter Kontrolle. Die EZB prognostiziert für das laufende Jahr eine Inflationsrate von 2,1 Prozent. Dies läge nur knapp über dem Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent.

Zudem hält sich die Wirtschaft in der Eurozone trotz höherer US-Zölle robuster als erwartet. Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt nach Daten von Eurostat um 0,2 Prozent zu, getragen von einstigen Krisenländern wie Spanien und Portugal sowie Frankreich. Zuletzt hob die EZB ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr sogar leicht an. Und angesichts der vielen Unruheherde, darunter die Regierungskrise in Frankreich, spricht viel dafür, dass sich die Notenbank alle Optionen offen und ihr Pulver trocken halten will. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel betonte jüngst, er sehe geldpolitisch «gegenwärtig keinen Handlungsbedarf».

Lagarde sieht EZB gerüstet für Schocks

Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, betrachtete die Notenbank kürzlich als gut aufgestellt. Mit einem Einlagenzins von 2,0 Prozent habe die EZB die Möglichkeit, auf eine Verschiebung der Inflationsrisiken oder das Auftreten neuer Schocks zu reagieren, sagte sie.

Die Regierungskrise in Frankreich hat kürzlich für Unruhe an den Finanzmärkten gesorgt. Die Ratingagentur S&P hat ihre Bonitätsnote für Frankreich gesenkt, was den Druck auf das hochverschuldete Land erhöht.

Vorerst Ruhe im Zollstreit

Einige Volkswirte sehen die Inflationsrisiken im Euroraum immer noch nicht vollständig gebannt. Im September stiegen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent. Die Inflation im Währungsraum bleibt auch ohne die stark schwankenden Lebensmittel- und Energiepreise hartnäckig, zuletzt lag die sogenannte Kerninflation bei 2,3 Prozent.

Immerhin: Die Bedenken bezüglich des Zollstreits mit den USA haben nachgelassen. Auch wenn US-Präsident Donald Trump unberechenbar bleibt, ist es durch das Handelsabkommen zwischen Washington und Brüssel nicht zu einer Eskalation gekommen. Im Frühjahr hatten einige Notenbanker, insbesondere aus Südeuropa, noch für weitere Zinssenkungen plädiert, um die Wirtschaft anzukurbeln.

dpa