Die Inflation im Euroraum ist eingedämmt, doch der Zollstreit mit den USA belastet die Wirtschaft – denn mit Donald Trump lässt sich schwer kalkulieren. Die EZB geht nun auf Nummer sicher.
EZB lässt Leitzinsen unverändert – Sorgen wegen US-Zöllen

Zollstreit mit den USA und eine gesunkene Inflation: Erstmals seit einem Jahr lässt die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen im Euroraum unverändert. Der für Banken und Sparer wichtige Einlagenzins bleibt bei 2,0 Prozent, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Die Notenbank erklärte, das Umfeld sei «nach wie vor außergewöhnlich unsicher, vor allem aufgrund von Handelskonflikten». Zuvor hatte die EZB die Leitzinsen siebenmal in Folge gesenkt. Der Einlagenzins für Gelder, die Banken kurzfristig bei der EZB parken, wurde seit Juni 2024 halbiert.
Inflationswelle gebrochen
Experten hatten mit der Zurückhaltung der EZB gerechnet, da der Handelsstreit für Unsicherheit sorgt und die Inflationsrate im Euroraum deutlich gesunken ist. Im Juni betrug die Inflation laut Eurostat 2,0 Prozent und lag damit genau im mittelfristigen Ziel der EZB. Die Zentralbank hat es geschafft, die Inflationswelle nach Beginn des Ukraine-Konflikts einzudämmen – auch wenn Verbraucher die höheren Preise im Alltag spüren.
Niedrigere Leitzinsen unterstützen die Wirtschaft, da Kredite für Unternehmen und Verbraucher dadurch tendenziell günstiger werden. Sparer hingegen sind im Nachteil: Wenn Banken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder erhalten, senken sie in der Regel die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kunden.
Laut dem Vergleichsportal Verivox brachten Tagesgelder zuletzt im Durchschnitt nur noch 1,17 Prozent Zinsen und Festgelder mit einer Laufzeit von zwei Jahren 1,94 Prozent. Immerhin seien die Zinsen bei zehnjährigen Festgeldern wieder leicht gestiegen, da sich Banken auf das nahende Ende der Zinssenkungsphase bei der EZB einstellten.
Unsicherheit über US-Zölle
Der Zollstreit zwischen der EU und den USA unter Präsident Donald Trump ist auch ein Grund für die Zurückhaltung der EZB. Die Auswirkungen der teilweise verhängten und teilweise angedrohten hohen Zölle auf die Konjunktur und die Inflation sind schwer abzuschätzen. Obwohl die Wirtschaft im Euroraum widerstandsfähiger ist als erwartet, bleiben Unternehmen und Verbraucher nicht unberührt von dem Handelskonflikt. Die EZB erwartet in diesem Jahr nur ein Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent in der Eurozone.
Ökonomen haben gleichzeitig Angst vor einer steigenden Inflation, falls die EU milliardenschwere Gegenzölle verhängen sollte. Trump hatte Brüssel mit einem Zoll von 30 Prozent auf EU-Importe ab dem 1. August gedroht, und es bleiben nur noch wenige Tage für Verhandlungen bis zur Frist. Durch das Innehalten gewinnt die EZB Zeit bis zu ihrem nächsten Zinsentscheid im September.
Deutsche Notenbanker wie EZB-Direktorin Isabel Schnabel und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatten kürzlich dafür plädiert, abzuwarten. Andere Notenbanker, beispielsweise aus Frankreich, äußerten Bedenken, dass die Inflation unter das EZB-Ziel fallen könnte – auch aufgrund des starken Euro, der Importe nach Europa tendenziell verbilligt und somit den Preisdruck verringert.
Sorge vor zu niedriger Inflation
Die Prognose der EZB besagt, dass die Inflation im Euroraum in diesem Jahr voraussichtlich bei 2,0 Prozent liegen wird. Im Jahr 2026 könnte die Teuerung mit 1,6 Prozent das Ziel der Notenbank deutlich unterschreiten.
Das Hauptziel der EZB sind stabile Preise. Wenn die Inflation steigt, sinkt die Kaufkraft der Menschen, da sie sich dann für einen Euro weniger leisten können. Zentralbanken wollen jedoch auch dauerhaft sinkende Preise vermeiden: Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen und Verbraucher Investitionen aufschieben in der Hoffnung auf noch niedrigere Preise – was die Konjunktur bremsen würde.