Gut für Kreditnehmer, schlecht für Sparer: Die Europäische Zentralbank setzt die Leitzinsen erneut herab. Denn mit der Zolloffensive von Donald Trump wachsen die Sorgen um Wirtschaft und Welthandel.
EZB senkt Leitzinsen im Zollstreit auf 2,25 Prozent
Die Europäische Zentralbank hat angekündigt, dass sie inmitten der Zollturbulenzen den Leitzins zum siebten Mal seit vergangenem Juni senken wird. Der Einlagensatz, der für Banken und Sparer wichtig ist, wird um 0,25 Prozentpunkte auf 2,25 Prozent gesenkt, wie die Notenbank in Frankfurt bekannt gab.
Niedrigere Zinsen machen Kredite tendenziell billiger. Sie unterstützen die schwache Konjunktur in der Eurozone, der durch die Zolloffensive von Donald Trump weitere Rückschläge drohen. Darüber hinaus gibt die nachlassende Inflation im Euroraum der EZB Spielraum für Zinssenkungen.
Der Rückgang der Inflation schreite gut voran, teilte die EZB mit. Zudem hätten sich die Wachstumsaussichten für die Wirtschaft im Euroraum «aufgrund der zunehmenden Handelsspannungen eingetrübt». «Die erhöhte Unsicherheit dürfte das Vertrauen der privaten Haushalte und Unternehmen mindern», erklärte die EZB und verwies auch auf die jüngsten heftigen Börsenturbulenzen. Die Notenbank sprach von «außergewöhnlich hoher Unsicherheit».
Die EZB senkt nicht nur den Einlagensatz, sondern auch den Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der Notenbank beschaffen können: Anstelle von 2,65 Prozent werden nun 2,4 Prozent Zinsen berechnet.
Sorgen um Trumps Zölle
Seit der Ankündigung von Trumps globalem Zollpaket Anfang April haben sich die Bedenken hinsichtlich des Welthandels und der Wirtschaft in Europa deutlich verstärkt. Der Zollstreit könnte die Wirtschaft im Euroraum erheblich belasten, die laut EZB-Prognose bis 2025 ohnehin nur minimal um 0,9 Prozent wachsen soll.
Trump hat zwar die pauschalen Zölle von 20 Prozent auf Importe aus der EU für 90 Tage ausgesetzt, aber es bleiben die neuen US-Basiszölle von 10 Prozent sowie 25 Prozent Zoll auf Autos, Stahl und Aluminium aus Europa bestehen. Des Weiteren plant Trump, neue Sonderzölle im Bereich der Halbleiterindustrie und auf Medizinprodukte anzukündigen.
Bereits jetzt sorgt Trumps Zollpolitik weltweit für Unsicherheit. Laut Ifo-Präsident Clemens Fuest ist eine globale Wirtschaftskrise nicht ausgeschlossen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte kürzlich vor erheblichen Einbußen beim Wirtschaftswachstum in der Eurozone, falls der Handelsstreit mit den USA eskaliert.
Inflation schwächt sich ab
Die EZB macht Fortschritte im Kampf gegen die Inflation. Die Inflation im Euroraum fiel im März auf 2,2 Prozent und liegt damit nahe am EZB-Ziel von mittelfristig 2,0 Prozent. Der Preisdruck bei Dienstleistungen hat abgenommen, was bisher als Inflationstreiber galt. Die EZB sieht ihr Ziel stabiler Preise in greifbarer Nähe.
Im Zollkonflikt hat auch der Euro gegenüber dem Dollar stark an Wert gewonnen, was Importe nach Europa verbilligt und die Inflation tendenziell dämpft. Der gesunkene Ölpreis trägt ebenfalls dazu bei, den Inflationsdruck zu verringern, während der Zollstreit voraussichtlich die globale Nachfrage dämpfen wird. Bedenken hinsichtlich einer erneuten Teuerung, beispielsweise aufgrund europäischer Gegenmaßnahmen gegen US-Produkte oder aufgrund des milliardenschweren Finanzpakets von SPD und Union, traten in den Hintergrund.
Sinkende Zinsen für Sparer
Die erneute Leitzinssenkung ist für Sparer keine gute Nachricht: Wenn Geschäftsbanken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder erhalten, verringern sie auch die Zinsen für Einlagen der Kunden. Laut einer Analyse von Verivox betrug der durchschnittliche Zinssatz für bundesweit verfügbare Tagesgelder Mitte April nur 1,4 Prozent. Die Zinsen für zweijährige Festgelder lagen zuletzt bei 2,11 Prozent – der niedrigste Stand seit Ende 2022.
Für Hausbauer und Immobilienkäufer sieht es noch schlechter aus. Die Zinssenkung der EZB hat nicht unbedingt Einfluss auf die Bauzinsen, die aufgrund des Milliarden-Schuldenpakets von Union und SPD deutlich gestiegen sind, da sie sich an den Renditen zehnjähriger Bundesanleihen orientieren.
Kaum Wachstum in Europa erwartet
Einige Ökonomen halten es für möglich, dass die EZB den Einlagensatz angesichts der schwachen Konjunktur und der abflauenden Inflation weiter senkt. Präsidentin Lagarde hat immer wieder vor einer Eskalation im Zollstreit gewarnt mit Folgen für Wachstum und Preise rund um die Welt, wie sie im März betonte. «Jeder Handelskrieg wird der Weltwirtschaft schaden».