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Inflationsängste: EZB senkt Zinsen erneut

Die Europäische Zentralbank reagiert auf abflauende Inflation mit weiterer Zinssenkung. Volkswirte befürchten negative Auswirkungen durch Handelskonflikte mit Trump.

Die EZB stemmt sich gegen die hartnäckige Inflation (Archivbild)
Foto: Arne Dedert/dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihr Ziel stabiler Preise näher erreicht und seit Juni die Leitzinsen deutlich gesenkt. Die aktuellen Daten zeigen, wie hartnäckig die Inflation ist. Trotzdem erwarten Volkswirte, dass die Notenbank bei ihrer Sitzung an diesem Donnerstag eine weitere Zinssenkung beschließen wird – es wäre die vierte 2024.

Was waren die jüngsten Schritte der EZB?

Im Juni begann die EZB die Zinswende einzuleiten: Nach fast neun Monaten auf Rekordhoch senkte sie aufgrund einer nachlassenden Inflation den Leitzins für Einlagen um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent. Dieser Zins ist für Sparer wichtig, da Banken sich daran orientieren und gesunkene Einlagenzinsen in Form von niedrigeren Tages- und Festgeldzinsen an Kunden weitergeben.

Der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können («Hauptrefinanzierungssatz»), sank ebenfalls. Nach zwei weiteren Zinssenkungen im September und Oktober beträgt der Einlagenzins mittlerweile 3,25 Prozent und der Hauptrefinanzierungssatz 3,4 Prozent.

Was will die EZB erreichen?

Ihr Hauptziel ist es, stabile Preise und somit eine stabile Währung im Euroraum zu erreichen. Die EZB betrachtet dies als erreicht, wenn die Inflation mittelfristig bei 2,0 Prozent liegt – weit genug entfernt von der Nullmarke. Dauerhaft niedrige Preise werden als Risiko für die Konjunktur angesehen: Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben in der Erwartung, dass es bald noch günstiger wird. Wenn die Preise jedoch zu stark steigen, schadet dies der Wirtschaft, da Verbraucher an Kaufkraft verlieren.

Es gab bereits warnende Stimmen angesichts einer Inflationsrate im Euroraum, die im September auf 1,7 Prozent gesunken ist. Gleichzeitig nahmen die Sorgen um die schwächelnde Konjunktur im Währungsraum zu.

Wer profitiert von den wieder niedrigeren Zinsen?

Kredite werden günstiger, was bedeutet, dass Unternehmen leichter investieren können und Privatpersonen günstiger Geld von der Bank erhalten. Laut FMH-Finanzberatung betrug der Zinssatz für eine Baufinanzierung mit einer Laufzeit von zehn Jahren zuletzt 3,19 Prozent pro Jahr (Stand 9.12.2024), ein Jahr zuvor waren die Bauzinsen fast bei vier Prozent.

Was bedeuten Zinssenkungen für Sparer?

Sparer müssen sich darauf einstellen, dass die Zinsen bei ihrer Bank und die Renditen bei Lebensversicherungen sinken werden. Laut dem Vergleichsportal Verivox haben die bundesweit verfügbaren Tagesgeldangebote durchschnittlich 1,62 Prozent erreicht, was den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr darstellt (Stichtag: 6.12.). Etwa ein Viertel der rund 800 analysierten Banken und Sparkassen bieten demnach für Tagesgeld 0,25 Prozent oder weniger an.

Der Abwärtstrend setzt sich auch beim Festgeld fort. Bundesweit verfügbare Angebote mit einer Laufzeit von zwei Jahren bieten derzeit im Durchschnitt 2,34 Prozent. Zuletzt waren die Festgeldzinsen im Februar 2023 niedriger. Verivox hat die Konditionen für eine Anlagesumme von 10.000 Euro ausgewertet.

Wie hat sich die Inflation zuletzt entwickelt?

Sowohl in Deutschland als auch im gesamten Euroraum ist die Teuerungsrate erneut gestiegen. Im November betrug die Inflationsrate im Euroraum nach vorläufigen Zahlen 2,3 Prozent. Ohne die volatilen Preise für Energie und Nahrungsmittel lag sie bei 2,7 Prozent. Viele Ökonomen sind der Meinung, dass diese Kerninflation den Inflationstrend besser widerspiegelt als die Gesamtrate.

Warum hat die EZB die Zinsen zuvor so stark erhöht?

Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 führte zu einem rapiden Anstieg der Energiepreise, auch Lebensmittel verteuerten sich deutlich. Dies hatte zur Folge, dass die Inflation im Euroraum auf über zehn Prozent stieg. Im Juli 2022 reagierte die EZB und beendete ihre langjährige Politik der Null- und Negativzinsen, um der Inflation entgegenzuwirken. Die Notenbank erhöhte die Zinsen zehnmal in Folge, bevor sie eine Pause einlegte.

Höhere Zinsen führen dazu, dass Kredite teurer werden, was die Nachfrage dämpfen und hohen Inflationsraten entgegenwirken kann. Die EZB erhöhte den Zinssatz, zu dem sich Banken frisches Geld besorgen können, vorübergehend auf 4,5 Prozent, den höchsten Stand seit August 2001. Der Einlagenzins erreichte mit 4,0 Prozent das höchste Niveau seit Gründung der Währungsunion im Jahr 1999.

Was bedeutet die Wahl von Donald Trump?

Ökonomen sind besorgt, dass der kommende US-Präsident Donald Trump Handelskonflikte mit der Europäischen Union und China provozieren wird. Trump hat bereits hohe Zölle auf Importe aus Europa und China angekündigt und zuletzt auch Mexiko und Kanada ins Visier genommen.

Die Wirtschaftsprognosen mancher Ökonomen für 2025 für Deutschland und andere europäische Länder fallen daher pessimistischer aus. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnt: «Eine Zollspirale wäre ein Risiko für die gesamte Weltkonjunktur.»

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel äußerte sich ebenfalls besorgt: Sollte Trump seine Zollpläne wahr machen, könnte das Deutschland ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten. Auch könnten Strafzölle die Teuerung anheizen. Nagel warnt: «Mit Zollerhöhungen machen wir Konsum teurer und fachen die Inflation an.»

dpa