Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Frankreich: Missbrauchsopfer spricht von «Feigheitsprozess»

Zum letzten Mal spricht Gisèle Pelicot im Verfahren um zigfache Vergewaltigungen in Südfrankreich. Für die Aussagen einiger Angeklagter hat das Missbrauchsopfer klare Worte.

«Wir banalisieren Vergewaltigungen», kritisierte die Anfang-Siebzigjährige die Gesellschaft.
Foto: Christophe Simon/AFP/dpa

Im Verfahren um zigfache Vergewaltigung in Südfrankreich hat Missbrauchsopfer Gisèle Pelicot die Aussagen etlicher Angeklagter scharf kritisiert. «Das ist der Prozess der Feigheit», sagte Pelicot in ihrer letzten Aussage vor Beginn der Plädoyers. Sie habe Dinge gehört, die inakzeptabel seien, die man nicht zu hören ertrage. Pelicot verwies auf Angeklagte, die angaben, wie fremdgesteuert gewesen zu sein oder selbst womöglich unter Drogen gesetzt worden zu sein.

Im Mammutverfahren werden 51 Männer vor Gericht gestellt. Der Hauptangeklagte, der damalige Ehemann von Pelicot, wird beschuldigt, seine Frau fast zehn Jahre lang mit Medikamenten betäubt und missbraucht zu haben. Außerdem soll er zugelassen haben, dass sie von anderen Männern vergewaltigt wurde, während sie bewusstlos war. Die Angeklagten könnten bis zu 20 Jahre Haft drohen. Gisèle Pelicot selbst schätzt, dass sie etwa 200 Mal vergewaltigt wurde.

«Wir banalisieren Vergewaltigungen.»

«Es ist für mich sehr schwierig, wenn gesagt wird, dass es praktisch eine Banalität ist, Madame Pelicot vergewaltigt zu haben», sagte Gisèle Pelicot vor Gericht. Sie frage sich, wann die Angeklagten entschieden hätten, das Vorgehen nicht anzuzeigen. Die Gesellschaft sei patriarchal und müsse dies erkennen. «Wir banalisieren Vergewaltigungen», kritisierte die Anfang-Siebzigjährige.

Am Nachmittag ergriff auch der Ex-Mann von Pelicot ein letztes Mal das Wort. Der Hauptangeklagte sagte, es sei seine Fantasie gewesen, sich eine bewusstlose Frau unterzuordnen. Er habe aus purem Egoismus gehandelt. Die anderen Angeklagten hätten freiwillig bei seinem Vorgehen mitgemacht. «Wenn man dieses Spiel spielt, muss man anerkennen, was man getan hat.» Gleichwohl sagte er, ohne ihn wären die anderen Angeklagten nicht in dem Gerichtssaal.

Im laufenden Prozess seit September starten am Mittwoch die Plädoyers der Nebenklage für Gisèle Pelicot. In der nächsten Woche wird die Anklage ihre Forderungen präsentieren. Das Urteil wird Mitte Dezember erwartet.

dpa