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Milliardär Lynch tot aus Jacht geborgen

Nach dem Untergang der «Bayesian» sind fast alle Toten geborgen – auch der Milliardär Mike Lynch. Nach seiner Tochter wird noch gesucht. Inzwischen mehren sich die Vorwürfe gegen den Kapitän.

Taucher suchen nach Opfern.
Foto: Salvatore Cavalli/AP/dpa

Nach tagelanger Suche besteht nun Gewissheit: Beim Untergang einer Luxusjacht vor der italienischen Mittelmeerinsel Sizilien ist auch der britische Milliardär Mike Lynch ums Leben gekommen. Der Leichnam des 59-jährigen Unternehmers wurde von Spezialtauchern aus seinem Segelboot «Bayesian», das in 50 Metern Tiefe auf Grund liegt, an die Oberfläche gebracht. Vermisst wird jetzt nur noch seine 18 Jahre alte Tochter.

Bei dem Unglück am Montag kamen aller Wahrscheinlichkeit nach insgesamt sieben Personen ums Leben, darunter zwei Ehepaare, die mit Lynch befreundet waren. Es gibt zunehmend Vorwürfe gegen den Kapitän des großen Segelboots, einem erfahrenen Neuseeländer auf hoher See. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch noch nicht entschieden, ob Ermittlungen eingeleitet werden.

Lynch wollte mit Familie und Freunden Freispruch feiern

Lynch, einer der reichsten Briten, wollte auf der Segeltour zusammen mit der Familie und reichen Freunden eigentlich feiern, dass er nach jahrelanger Auseinandersetzung um den Verkauf seiner Firma vor Gericht letztlich gewonnen hatte. Seine Ehefrau, die ebenfalls an Bord war, gehört zu den 15 Überlebenden. Die 56 Meter lange «Bayesian» – benannt nach einem britischen Mathematiker aus dem 18. Jahrhundert – war eine der größten Segeljachten weltweit. 

Der genaue Hergang des Unglücks ist bis heute nicht geklärt. Möglicherweise wurden Crew und Gäste am Montagmorgen vor dem Hafen Porticello unweit der Inselhauptstadt Palermo von einem schweren Unwetter überrascht. Die Jacht befand sich nur eine halbe Seemeile – etwa 900 Meter – entfernt vom Ufer. Angeblich dauerte es keine 60 Sekunden, bis sie unterging. Der neuseeländische Kapitän behauptete: «Wir haben es nicht kommen sehen.» Allerdings gibt es erhebliche Zweifel an dieser Darstellung. 

Passagiere in Kabinen gefangen

Mit Ausnahme des Schiffskochs haben alle Besatzungsmitglieder überlebt. Von den zwölf Passagieren sind jedoch wahrscheinlich die Hälfte gestorben. Zu den Verstorbenen gehören neben Lynch und seiner Tochter Hannah auch zwei befreundete Ehepaare: der leitende Investmentbanker von Morgan Stanley, Jonathan Bloomer, mit seiner Frau Anne Elizabeth, sowie der Anwalt Chris Morvillo und seine Frau Nada. Alle befanden sich am Morgen des Unglücks noch in ihren Kabinen, aus denen sie nicht entkommen konnten.

Vermutet wird, dass die riesige Jacht von einer Monsterwelle erfasst wurde und nicht stabil genug im Wasser lag. Angeblich sank sie innerhalb einer einzigen Minute. Spekuliert wird über eine offen gelassene Luke auf dem Oberdeck oder ein falsch eingestelltes Schwert am Rumpf, mit dem der Tiefgang des Schiffes reguliert werden kann. Die «Bayesian» gehörte der Familie Lynch. 

Segeljacht mit regulierbarem Tiefgang

Das 15 Jahre alte Schiff, das von der italienischen Werft Perrini gebaut wurde, verfügte über ein System, das es ermöglichte, den Tiefgang um mehr als die Hälfte zu verringern: Unter normalen Segelbedingungen hatte es eine Kieltiefe von fast zehn Metern, wenn das bewegliche Schwert vollständig ausgefahren war. Dadurch konnten die Gegenkräfte des 75 Meter hohen Mastes ausgeglichen werden. Der Tiefgang konnte jedoch auf etwa vier Meter reduziert werden – zum Beispiel, um in einen Hafen zu gelangen. Möglicherweise erwies sich dies nun als fatal.

Der Miteigentümer der Perrini-Werft, Giovanni Costantino, machte Kapitän und Besatzung für den Untergang mitverantwortlich. «Alles, was getan wurde, offenbart eine sehr lange Reihe von Fehlern», sagte Costantino der Zeitung «Corriere della Sera» (Donnerstag). «Die Leute hätten nicht in den Kabinen sein dürfen, das Schiff hätte nicht vor Anker liegen dürfen. Das Unwetter war auf allen Wetterkarten deutlich zu erkennen.» Beispielsweise sei kein einziger Fischer aus Porticello unterwegs gewesen.

Auch Lynch-Freund kam kürzlich zu Tode

Der Tech-Unternehmer Lynch wurde in seiner Heimat gern als «britischer Bill Gates» bezeichnet. Lynch hatte die Softwarefirma Autonomy 2011 für elf Milliarden US-Dollar (aktuell fast zehn Milliarden Euro) an Hewlett-Packard verkauft – eines der schlimmsten Übernahme-Debakel im Silicon Valley. Zusammen mit dem früheren Finanzmanager Steve Chamberlain soll er den US-Konzern über den Zustand ihres Unternehmens getäuscht haben. Ein Geschworenengericht sprach die beiden jedoch frei. Chamberlain kam vor wenigen Tagen ebenfalls zu Tode: Er wurde beim Joggen von einem Auto erfasst.

dpa