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Geheimer Münzschatz aus dem Garten kommt unter den Hammer

Fast 500 Gold- und Silbermünzen, Jahrzehnte vergraben, werden in Zürich bei einer Auktion angeboten. Die unglaubliche Geschichte, die hinter dem einzigartigen Fund steckt.

So sah der Münzschatz aus, als er aus der Erde geholt wurde.
Foto: -/Nusmismatica Ars Classic/dpa

Ein sagenhafter Schatz mit Gold- und Silbermünzen, der Jahrzehnte in Zigarrenkisten in einem Garten vergraben war, wird versteigert: Das klingt wie das Drehbuch eines Abenteuerfilms, aber die Auktion ist real. Fast 500 der insgesamt etwa 15.000 Münzen aus aller Welt kommen am 6. November in Zürich unter den Hammer, darunter einzigartige Stücke aus Deutschland. Die gesamte Sammlung ist für rund 100 Millionen Dollar (ca. 85 Mio. Euro) versichert.

Numismatiker, auch als Fachleute für Münzen bekannt, sind von den Goldmünzen begeistert. Eine davon ist fast so groß wie ein Bierdeckel, wie der renommierte deutsche Experte Christian Stoess sagt. Er hat den Katalog für die Auktion erstellt. «Das war eines der Highlights meines Berufslebens», sagt er der Deutschen Presse-Agentur. «So etwas kommt nur alle 100 Jahre einmal vor.»

Die Geschichte der Sammlung wird vor allem durch die Fantasie der Laien angeregt. Gemäß dem Auktionshaus Numismatica Ars Classica hat ein vermögender Sammler in den 1930er Jahren Münzen aus der ganzen Welt erworben. Er hat kleinere Teile seiner Sammlung auf verschiedenen Kontinenten gelagert, während er selbst mit seiner jungen Frau und Tochter in einem europäischen Land gelebt hat.

Zigarrenkisten in den 1990er Jahren wieder ausgegraben

Als die Nazis dort einmarschierten, packte er den Großteil seiner Sammlung in Papiertütchen, legte sie in Zigarrenkisten und vergrub sie in Metallboxen in seinem Garten. Als die deutschen Soldaten tatsächlich eintrafen, erlitt er einen Schlaganfall und verstarb kurz darauf.

Die Ehefrau wusste gar nicht genau, was in den Metallboxen versteckt war, behaupten die Besitzer des Auktionshauses, die Brüder Arturo und Giuliano Russo. Erst im hohen Alter informierte sie ihre Familie und ließ die Münzen in den 1990er Jahren ausgraben. Die Russos sind mit der Familie bekannt. Auch Stoess weiß, wer den Schatz zur Versteigerung bringt. Alle stehen für die Geschichte ein.

Der mysteriöse Sammler

Sie haben den Nachfahren aber Verschwiegenheit versprochen und reden nur von der «Sammlung des Reisenden». Auch Stoess verrät nichts über die Nationalität, geschweige denn Identität des Sammlers. Der habe seine Käufe in Büchlein in verschiedenen Sprachen vermerkt.

«Man sieht es manchen Münzen an, dass sie lange Zeit in der Erde waren», sagt Stoess. Von eindringendem Wasser zeugten auch die teils vergammelten Papiertütchen. «Ich finde es nicht unglaubhaft, dass die Witwe die Sammlung so lange Zeit in der Erde ließ, wo sie die Nazis überstanden hat», sagt er. «Die Familie hat genügend Geld, sie brauchte einen Erlös aus der Sammlung nicht.» Die Russos bekamen den verbuddelten Schatz nach eigenen Angaben erst 2022 in die Hände.

Der Mitgründer des Edelmetallhändlers pro aurum in München, Robert Hartmann, ist beeindruckt: «Das ist schon eine sehr außergewöhnliche Veranstaltung», sagt er über die Auktion. «Alleine die Anzahl von Goldmünzen mit großer Seltenheit und guter Erhaltung ist bemerkenswert.» Der Numismatiker der auch von ihm mitgegründeten «pa Historical Coins AG» wird nach eigenen Angaben versuchen, einige Münzen zu ergattern. «Wenn der Preis stimmt», sagt er.

Die Raub- oder Fluchtgutfrage

Bei kostbaren Sammlungen aus den 1930er Jahren stellt sich schnell die Frage, ob es sich um Raub- oder Fluchtgut von jüdischen Verfolgten handeln könnte. Bis heute führen Museen und Sammlungen Provenienzforschung durch, beispielsweise bei Gemälden, um unrechtmäßig oder unter Preis erworbene Werke den Erben der Vorbesitzer zurückzugeben.

Stoess zufolge ist jedoch der überwiegende Teil der Sammlung völlig unbedenklich. Der Sammler erwarb seine Sammlung vor der Machtübernahme der Nazis über Händler, und 90 Prozent stammten aus Sammlungen, die ihre Zukäufe bereits vor 1933 getätigt hatten.

Goldmünze fast wie ein Bierdeckel groß – für gut eine Million

Vieles stammt von dem amerikanischen Banker Waldo Newcomer, der eine umfangreiche Sammlung besaß, aber aufgrund der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geriet und verkaufen musste. Darunter befindet sich das Highlight der Auktion, die besagte Münze, die fast so groß wie ein Bierdeckel ist. Sie wird im Katalog mit einem Schätzpreis von 1,25 Millionen Franken (ca. 1,35 Mio. Euro) aufgeführt.

Die Münze besteht aus 346 Gramm Gold und zeigt Ferdinand III. (1608–1657), den König von Ungarn, Kroatien und Böhmen sowie späteren römisch-deutschen Kaiser. Während des 30-jährigen Krieges im Jahr 1629 ließ er sie als Geschenk für einen hohen Würdenträger prägen, sagt Stoess. Andere Fürsten entschieden sich dafür, bedeutende Schlachten auf Münzen zu verewigen oder sich selbst mit einem Lorbeerkranz darstellen zu lassen. Es handelt sich unter anderem um Münzen aus Augsburg, Würzburg, der Markgrafschaft Brandenburg, Preußen und Braunschweig-Lüneburg.

Zu den persönlichen Favoriten des gebürtigen Hamburgers Stoess gehört die «Hamburg Portugalöser» von etwa 1560, mit einem Schätzpreis von 75.000 Franken. Es sei eine der ersten großen Goldmünzen, die in Deutschland produziert wurde, sagt er. Pensionär Stoess hat 28 Jahre im Münzhandel gearbeitet, ehe er die letzten neun Berufsjahre beim Münzkabinett der Staatlichen Museen Berlin war. Mitsteigern will er nicht. «Wenn man jahrelang mit den tollsten Münzen zu tun hatte, muss man nichts mehr besitzen», sagt er. 

Museen sind klamm

Und: «Das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin wird sich nicht an der genannten Auktion beteiligen, da der Erwerbungsetat für dieses Jahr bereits ausgeschöpft ist», sagt ein Sprecher auf Anfrage. Es sei vor allem für die Sammlung zu Brandenburg und Preußen zuständig und da bereits ziemlich vollständig.

dpa