Das Frauen-Nationalteam erlebt einen komplizierten Abend zum EM-Auftakt in St. Gallen. Ausgerechnet die Kapitänin könnte für das weitere Turnier ausfallen.
Gwinns Ausfall schockt Fußballerinnen bei 2:0 gegen Polen

Eine Verletzung am Knie ausgerechnet bei Kapitänin Giulia Gwinn hat den EM-Auftaktsieg der deutschen Fußballerinnen überschattet. Trotz des 2:0 (0:0) Sieges gegen den Turnierneuling Polen konnte sich das Team von Bundestrainer Christian Wück nicht ausgelassen freuen. Fraglich ist, ob die Starspielerin vom FC Bayern München noch am Turnier in der Schweiz teilnehmen kann.
Vor 15.972 Zuschauern in der Arena St. Gallen – darunter 4000 Fans aus Deutschland – hatte der achtfache Europameister lange Zeit Schwierigkeiten. Ein fantastisches Tor von Jule Brand (52. Minute) und ein Kopfballtreffer von Lea Schüller (66.) befreiten schließlich die geplagte DFB-Auswahl.
MRT-Untersuchung bei Gwinn
Gwinn führte erstmals das deutsche Nationalteam als Kapitänin bei einem Saisonhöhepunkt auf den Rasen. Dann kam in der 36. Minute der Schock: Ihr Knie prallte bei einer Rettungsaktion gegen Ewa Pajor auf das Knie der polnischen Top-Torjägerin.
Gwinn kehrte kurz auf den Platz zurück, humpelte dann aber gestützt von einem Betreuer vom Rasen. Unter Tränen und mit schmerzverzerrtem Gesicht musste sie ausgewechselt werden – Gwinn hat bereits zwei Kreuzbandrisse hinter sich. Nach dem zweiten Mal verpasste sie aufgrund der langen Regeneration auch die WM 2023 in Australien. Eine zeitnahe MRT-Untersuchung soll die genaue Diagnose ergeben, sagte eine DFB-Sprecherin.
Wück vor Beginn: «Keine Ausreden»
Unmittelbar vor dem Anpfiff hatte Wück in der ARD noch voller Vorfreude und Optimismus betont: «Die Bedingungen sind absolut top. Es wird keine Ausreden geben.» Der 52-Jährige wählte bei seiner Turnierpremiere mit den DFB-Frauen die gleiche Aufstellung wie beim furiosen 4:0 in Bremen gegen die Niederlande.
Er entschied sich erneut für die zuletzt in Topform spielende Linda Dallmann vom FC Bayern auf der Zehner-Position. Auf der noch nicht fest vergebenen Linksverteidiger-Position erhielt die erfahrene Sarai Linder vom VfL Wolfsburg den Vorzug vor der 20 Jahre jungen Münchnerin Franziska Kett.
Pajors Angriff für den FC Barcelona im deutschen Strafraum war bereits nach zehn Sekunden gefährlich, aber ihr Pass wurde abgefangen. Die DFB-Frauen sind mit der langjährigen Wolfsburgerin bestens vertraut – daher war der Respekt vor der zweimaligen Bundesliga-Torschützenkönigin, die oft gegen Rebecca Knaak spielte, entsprechend groß.
Wamser als Gwinn-Ersatz
Die Nervosität der DFB-Frauen war während der gesamten ersten Halbzeit spürbar: Zu viele Bälle gingen gegen die tief stehenden Polinnen unnötig verloren. Lediglich ein Schuss von Flügelflitzerin Brand nach 24 Minuten musste Torhüterin Kinga Szemik um den Pfosten lenken. Glück hatten die DFB-Frauen, dass die Polinnen bei zwei vielversprechenden Kontern zweimal knapp im Abseits standen.
Nachdem Gwinn ausfiel, wurde die zukünftige Leverkusenerin Carlotta Wamser als Rechtsverteidigerin eingesetzt. Abwehrchefin Janina Minge trug die Regenbogenbinde. Nach dem Wechsel konnten die deutschen Frauen einige Probleme überwinden und spielten mutiger, befreiter und mit deutlich mehr Druck.
Schüller erhöht ihre Topquote
Ein beeindruckender Schuss von Brand aus 17 Metern landete zum 1:0 im Netz. Schüller köpfte eine Flanke von Brand auf ihre typische Weise zum 2:0 – es war bereits ihr 53. Tor im 76. Länderspiel. Zuvor hätte Sjoeke Nüsken mit einem Kopfball aus kurzer Distanz bereits für den zweiten Treffer sorgen können.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Wück-Team am Dienstag (18.00 Uhr) in Basel gegen Dänemark spielt, ohne einen Gewinn zu erzielen. Vier Tage später könnte es in Zürich zu einem möglichen Gruppengipfel kommen, wenn sie gegen Schweden antreten. Die WM-Dritten von 2019 und 2023 haben ihr erstes Spiel mit 1:0 gegen Dänemark gewonnen.