Champagner gilt als sprudelnder Luxus und Symbol der französischen Lebensart – bei der Weinlese aber kommt es zur Ausbeutung von Erntehelfern. Ein Gericht verhängt Haftstrafen wegen Menschenhandels.
Haft für «Weinlese der Schande» – Erntehelfer ausgebeutet
Aufgrund der Ausbeutung ausländischer Erntehelfer in der französischen Weinbauregion Champagne wurden Haftstrafen für die Beteiligten verhängt. Nach dem unwürdigen Einsatz Dutzender afrikanischer Helfer bei der Ernte 2023 verurteilte das Landgericht in Châlons-en-Champagne die Geschäftsführerin einer Vermittlungsfirma für Agrarhelfer zu zwei Jahren Gefängnis.
Zwei Anwerber von Erntehelfern müssen ein Jahr ins Gefängnis. Der darüber hinausgehende Teil der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt, wie der Sender France 3 und die Zeitung «L’Union» berichteten.
Die Verurteilten müssen jedem betroffenem Erntehelfer zudem 4.000 Euro Entschädigung zahlen. Außerdem ordnete das Gericht die Auflösung der Vermittlungsfirma an. Ein Weinbauunternehmen, das die vermittelten Helfer eingesetzt hatte, wurde zu einem Bußgeld von 75.000 Euro verurteilt. Die Beteiligten hatten sich wegen Menschenhandels sowie der Förderung und Inanspruchnahme von Schwarzarbeit verantworten müssen. Von der «Weinlese der Schande» sprachen französische Medien.
Gesundheit und Würde der Erntehelfer gefährdet
Bei Kontrollen im September 2023 wurden 57 zumeist afrikanische Erntehelfer ohne Aufenthaltspapiere und Arbeitserlaubnis in einem menschenunwürdigen Quartier angetroffen. Die Arbeiter sollen zu langen Einsätzen mit wenig Essen und Trinken bei hohen Temperaturen gezwungen worden sein und die versprochene Bezahlung nicht erhalten haben. Von «Lebens- und Unterbringungsbedingungen, die die Sicherheit, Gesundheit und Würde der Bewohner ernsthaft gefährden», sprach später die Staatsanwaltschaft.
Gewerkschaften und Sozialverbände sind besorgt, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. Schon im Jahr 2018 wurden ähnliche Probleme beim Einsatz von 125 ausländischen Erntehelfern bei der Weinlese für die Herstellung von Champagner aufgedeckt. Ein Gericht in Reims hat im Jahr 2022 Haft- und Geldstrafen gegen die Verantwortlichen verhängt.
Die Trauben dürfen nur per Hand geerntet werden
Die Champagner-Herstellung unterliegt strengen Regeln. Die Trauben für den Schaumwein müssen ausschließlich aus der Weinbauregion Champagne nordöstlich von Paris stammen. Die Verarbeitung der Trauben ist ebenfalls streng reglementiert – sie dürfen nur von Hand geerntet werden. Während der Weinlese kommen über 100.000 Saisonarbeiter und Erntehelfer in der Region zum Einsatz. Um dem Mangel an Helfern entgegenzuwirken, haben Studenten der Universität in Reims seit dem vergangenen Jahr die Möglichkeit, von Vorlesungen befreit zu werden, wenn sie bei der Weinlese helfen möchten.