Russland greift Deutschland scharf wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine an.
Russland droht Deutschland
Putin sieht in dem 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr eine Remilitarisierung Deutschlands, die das Sicherheitsbedürfnis Russlands bedrohe.
„Wir nehmen die Erklärung des deutschen Bundeskanzlers als eine weitere Bestätigung dafür wahr, dass Berlin einen Kurs für eine beschleunigte Remilitarisierung des Landes eingeschlagen hat“, sagt die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa. Wie das enden könne, habe leider die Geschichte gezeigt, ergänzte sie.
Iris-T, Mars II, Himars: Das sind die Waffen für die Ukraine
Die Ukraine erhält schwere Waffen aus Deutschland und den USA für den Kampf gegen die russische Invasion:
Iris-T: Das Luftabwehrsystem Iris-T SLM ermöglicht dem deutschen Hersteller Diehl Defence zufolge Schutz vor Angriffen durch Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper und ballistische Kurzstreckenraketen. Nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock wird die Lieferung an die Ukraine mehrere Monate dauern.
Der zunächst als Bewaffnung für Kampfflieger wie den Eurofighter entwickelte Luft-Luft-Lenkflugkörper Iris-T kann mit einer Abschussanlage auch vom Boden aus zum Einsatz kommen. Diehl produziert zudem die Boden-Luft-Variante Iris-T SL, die über einen stärkeren Antrieb verfügt und dem Hersteller zufolge Ziele in bis zu 40 Kilometern Entfernung treffen kann. Die Raketen werden senkrecht gestartet und können so in alle Richtungen abgefeuert werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz zufolge ist es das modernste Flugabwehrsystem, über das die Bundesrepublik verfügt. Aktuell entwickelt Diehl zudem das System Iris-T SLX, um eine größere Reichweite abzudecken: Dann sollen Ziele von bis zu 80 Kilometern Entfernung und bis zu 30 Kilometern Höhe erreicht werden können.
Mars II: Vier dieser Mehrfachraketenwerfer der Bundeswehr will Deutschland möglichst bis Ende Juni in die Ukraine liefern. Das Mittlere Artillerieraketensystem (Mars) kann Flugkörper unterschiedlicher Wirkungsweise verschießen – etwa gelenkte Raketen mit GPS-System oder Minenausstoßraketen zum Sperren von Geländeabschnitten.
Je nach Munition treffen die Raketenwerfer nach Angaben des Herstellers Krauss-Maffei Wegmann Ziele zwischen 10 und 40 Kilometern Entfernung. Die Abschussbatterien mit einer Kampfbeladung von 12 Raketen sind dabei auf Kettenfahrzeuge montiert, die bis zu 50 Stundenkilometer schnell fahren können.
Himars: Aus den USA geht der moderne Mehrfachraketenwerfer des US-Herstellers Lockheed Martin an die Ukraine. Nach Angaben aus der US-Regierung hat das Artilleriesystem, das geliefert werden soll, eine Reichweite von rund 80 Kilometern – spezialisierte Raketen zur Verwendung in dem System können nach Herstellerangaben dagegen bis zu 300 Kilometer weit fliegen.
Die Himars-Abschussbatterie kann zum Beispiel mit sechs gelenkten Artillerieraketen bestückt werden. Das Trägerfahrzeug ist nach Angaben der US-Armee mit bis zu 94 Stundenkilometern unterwegs.
Ukraine erfreut über Waffenlieferung
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat erneut eine zügige Lieferung der von Deutschland zugesagten Waffen angemahnt.
Er sei zufrieden mit der jüngsten Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Waffen wie das Luftabwehrsystem Iris-T in die Ukraine zu schicken, sagte Melynk im ZDF-«Morgenmagazin». «Aber wenn wir ehrlich sind, 100 Tage Krieg, bis heute wurde noch kein einziges schweres Gerät in die Ukraine geliefert aus Deutschland.» Die ersten Waffen würden wahrscheinlich erst Ende Juni ankommen. «Sie sehen, wie brenzlich die Lage ist.»
Der Kanzler hatte am Mittwoch im Bundestag die Iris-T-Lieferung sowie eines Ortungsradars angekündigt, mit dem Artilleriestellungen aufgespürt werden sollen. Deutschland will zudem vier Mehrfachraketenwerfer aus Beständen der Bundeswehr in die Ukraine liefern.
Die Zusage wird von einer knappen Mehrheit der Menschen in Deutschland unterstützt, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergeben hat. 52 Prozent gaben an, die Ankündigung voll oder eher zu befürworten, 33 Prozent lehnten sie ganz oder eher ab.
Die Bundesregierung hatte in den vergangenen Wochen bereits zwei Zusagen für die Lieferung schwerer Waffen gemacht: Es sollen 50 Flugabwehr-Panzer vom Typ Gepard und 7 Panzerhaubitzen 2000 – moderne Artilleriegeschütze mit einer Reichweite von 40 Kilometern – in die Ukraine geliefert werden. Sie sind aber noch nicht dort angekommen. Die Opposition hat Scholz deswegen in den vergangenen Wochen immer wieder Zögerlichkeit vorgeworfen.
Melnyk sagte, das erste Ziel der Ukraine sei es, die von Russland seit 100 Tagen besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Ukraine sehe, mit welcher Übermacht Russland den Angriffskrieg führe, ein Fünftel des ukrainischen Territoriums sei besetzt. Es bleibe auch Ziel, die seit 2014 annektierte Krim zurückzuholen.
100 Tage Krieg gegen die Ukraine
Seit nunmehr 100 Tagen tobt der von Russland entfesselte Angriffskrieg in der Ukraine.
Dabei wehren sich ukrainische Truppen weiter gegen den Verlust der Großstadt Sjewjerodonezk im Osten, in der russische Truppen mit ihrer überlegenen Feuerkraft vorrücken. Das ukrainische Militär hält nach eigenen Angaben weiter Stellungen in der schwer umkämpften Großstadt Sjewjerodonezk, dem Verwaltungszentrum der Region Luhansk im Osten der Ukraine. «Im Zentrum von Sjewjerodonezk halten die Kämpfe an», teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Der Feind beschieße die ukrainischen Stellungen in der Stadt, in den Vororten Boriwsk und Ustyniwka sowie in der Zwillingsstadt Lyssytschansk, die mit Sjewjerodonezk einen Ballungsraum bildet.
Sechstes EU-Sanktionspaket gegen Russland beschlossen
Die 27 EU-Staaten haben das sechste Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Das teilten die EU-Staaten am Freitag mit. Das Sanktionspaket sieht unter anderem ein weitgehendes Öl-Embargo gegen Russland vor. Außerdem wird unter anderem die größte russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen und es werden mehrere russische Nachrichtensender in der EU verboten. Nach dem formellen Beschluss dürften die Sanktionen noch am Freitag im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Dann sind sie in Kraft.
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Der wirtschaftlich besonders relevante Boykott gegen Öllieferungen aus Russland zielt darauf ab, im kommenden Jahr auf dem Seeweg kein Öl mehr in die EU zu lassen. Lediglich Ungarn, die Slowakei und Tschechien dürfen wegen ihrer großen Abhängigkeit noch bis auf Weiteres russisches Öl über die Druschba-Pipeline importieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge wird die EU trotz der Ausnahme für Pipeline-Lieferungen bis Ende des Jahres rund 90 Prozent weniger Öl aus Russland beziehen. Nach Schätzungen der EU-Denkfabrik Bruegel gaben EU-Staaten bis vor Kurzem noch täglich etwa 450 Millionen Euro für Öl aus Russland sowie 400 Millionen für Gas aus Russland aus.
Russland dürfte Luhansk-Region in wenigen Wochen einnehmen
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste kontrolliert Russland mittlerweile mehr als 90 Prozent der Luhansk-Region in der Ukraine. Es sei wahrscheinlich, dass Moskau dort in den kommenden zwei Wochen vollständig die Kontrolle übernehme, hieß es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Diese taktischen Fortschritte, die durch die Konzentration russischer Truppen in einer einzigen Region erreicht worden seien, hätten Moskau erhebliche Ressourcen gekostet, hieß es weiter. An allen anderen Fronten sei es den Russen nicht gelungen, Fortschritte zu machen. Dort seien sie stattdessen mittlerweile in der Defensive.
Die Bilanz zum 100. Kriegstag
Die russischen Truppen seien in 3620 Ortschaften der Ukraine einmarschiert, 1017 davon seien wieder befreit worden, sagte Selenskyj. «Weitere 2603 werden noch befreit werden.» Zwölf Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer seien im Land auf der Flucht; fünf Millionen im Ausland. Russland habe über 30.000 Soldaten verloren, behauptete Selenskyj. Auch westliche Experten vermuten zwar schwere russische Verluste, halten die Kiewer Zahlen aber für zu hoch.
«Unser Widerstand ist nach all den Monaten ungebrochen. Der Feind hat seine selbstgesteckten Ziele nicht erreicht», sagte die Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar. «Wir sind bereit für einen Langzeitkrieg.» Sie lobte, dass die «Dynamik der Waffenlieferungen» aus dem Westen an Fahrt aufnehme. Aus Sicherheitsgründen machte sie keine Angaben zum Zeitpunkt und Ort der Lieferungen. Die Ukraine will mit den schweren Waffen unter anderem aus den USA und aus Deutschland den Vormarsch der russischen Truppen aufhalten und besetzte Städte befreien. Selenskyj dankte vor allem für die Zusage der USA, hochmoderne Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars zu schicken.
Wird der Krieg noch lange dauern?
Gab es in den ersten Kriegswochen noch Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew, liegen diese spätestens seit den Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in Butscha und anderen Orten bei Kiew auf Eis. Selenskyj will erst wieder verhandeln, wenn Russland sich auf die Grenzen vom 23. Februar zurückzieht.
«Kriege sind von Natur aus unberechenbar», sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden und dessen Nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington. «Deshalb müssen wir uns einfach auf eine lange Strecke einstellen.» Der Konflikt sei zu einem Zermürbungskrieg geworden, in dem beide Seiten einen hohen Preis auf dem Schlachtfeld zahlten. Die meisten Kriege endeten am Verhandlungstisch. Das werde vermutlich auch in diesem Fall passieren, sagte Stoltenberg. Aufgabe der Nato-Verbündeten sei es, die Ukraine zu unterstützen, um den bestmöglichen Ausgang für das Land zu erreichen.