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Inflation 2024 bei 2,2 Prozent – aber Preisdruck bleibt zäh

Die große Teuerungswelle ist zwar gebrochen. Doch zuletzt stieg die Inflationsrate wieder deutlich – auch weil Lebensmittel und Dienstleistungen sich verteuern. Der Januar verheißt keine Entlastung.

Der tägliche Einkauf ist teurer geworden (Symbolbild)
Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Die Inflation in Deutschland ist hartnäckiger als erwartet. Im Dezember stieg sie zum dritten Mal in Folge um 2,6 Prozent und erreichte damit die zweithöchste Teuerungsrate im Jahr 2024, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Volkswirte gehen davon aus, dass es vorerst keine deutliche Entspannung bei den Verbraucherpreisen geben wird – auch wenn eine erneute große Teuerungswelle als unwahrscheinlich angesehen wird.

 «Im Januar dürfte die Inflation wegen höherer Preise für CO2 und Versicherungsdienstleistungen ähnlich hoch ausfallen», prognostiziert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. «Noch ist das Inflationsproblem nicht gelöst.» 

Auch Michael Heise, Chefökonom beim Vermögensverwalter HQ Trust, sieht keine Entlastung für Verbraucher im Januar. «Die Erhöhung der CO2-Abgabe, die Verteuerung des Deutschlandtickets, steigende Kosten für private Krankenversicherungen und Dienstleistungen lassen einen weiten Preisniveauanstieg um die 2,5 Prozent erwarten.» 

Und für ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski zeigen die aktuellen Daten, «dass die sommerlichen Feierlichkeiten über die erfolgreiche Überwindung des Inflationsmonsters verfrüht waren». 

Jahresinflation bei 2,2 Prozent

Trotz des Anstiegs im Dezember ist die Inflation in Deutschland deutlich zurückgegangen. Im Durchschnitt des Jahres 2024 stiegen die Preise für Waren und Dienstleistungen laut Statistik um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zum Vergleich: Im Jahr 2023 betrug die Teuerungsrate noch 5,9 Prozent und im Jahr 2022 lag sie bei 6,9 Prozent. Während des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 stiegen insbesondere die Energiepreise stark an. Auch im Jahr 2021 war die Inflationsrate mit durchschnittlich 3,1 Prozent deutlich höher.

Inflation dürfte vorerst über Zwei-Prozent-Marke bleiben

Ökonomen prognostizieren, dass die Inflationsrate im kommenden Jahr vorerst über 2 Prozent bleiben wird. Einige Volkswirte sehen weniger Raum für Zinssenkungen bei der Europäischen Zentralbank (EZB).

Kein Experte erwartet eine erneute Teuerungswelle wie 2022 und 2023, als die Inflationsrate in Europas größter Volkswirtschaft fast neun Prozent erreichte. Stattdessen prognostizieren Ökonomen für das Jahr 2025 eine jährliche Inflationsrate auf dem Niveau von 2024. Der Sachverständigenrat («Wirtschaftsweise») geht von einer durchschnittlichen Inflation von 2,1 Prozent aus.

Die Kaufkraft der Verbraucher wird durch höhere Inflationsraten verringert. Der finanzielle Spielraum der Menschen wird kleiner, da die Einkommenszuwächse von der Inflation aufgezehrt werden.

Teuerung zieht im Dezember deutlich an

Im Dezember waren es erneut Dienstleistungen wie Gaststättenbesuche, Flugtickets oder Versicherungen, die zu den Inflationstreibern zählten. Diese verteuerten sich um 4,1 Prozent. Oft geben Unternehmen hohe Lohnabschlüsse direkt an die Kunden weiter.

Für Lebensmittel mussten die Menschen 2,0 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Damit verstärkte sich hier der Preisauftrieb wieder etwas. «Gerade die höheren Lebensmittelpreise dürften viele in der Weihnachtszeit unmittelbar im Portemonnaie gespürt haben», schrieb Stephanie Schoenwald, Konjunkturexpertin bei KfW Research.

Im Vergleich zum Vorjahr waren Tanken und Heizen hingegen billiger: Insgesamt sanken die Energiekosten um 1,7 Prozent. Allerdings war der Rückgang nicht so stark wie im November (minus 3,7 Prozent). Die Kerninflation ohne die volatilen Preise für Energie und Nahrungsmittel stieg auf 3,1 Prozent.

Ökonomen 2025 erwarten Normalisierung 

Trotzdem sind viele Ökonomen für 2025 verhalten optimistisch. «Im laufenden Jahr dürfte sich die Inflationsdynamik normalisieren», sagt Silke Tober, Geldpolitik-Expertin am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). «Die Dienstleistungspreise werden weniger stark steigen, insbesondere weil sich die aufholende Lohnentwicklung abschwächt, die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen in Gaststätten keine Rolle mehr spielt und die massiven Preissteigerungen bei einzelnen Dienstleistungen wie Kfz-Versicherungen und Pflegeeinrichtungen auslaufen.»

«Der kurzzeitige Teuerungsanstieg sollte nicht täuschen», sagt Michael Herzum, Leiter Volkswirtschaft beim Fondsanbieter Union Investment. Ein großer Teil gehe auf statistische Effekte bei Energie zurück. Die EZB stehe kurz davor, ihr Inflationsziel nachhaltig zu erreichen. Zwar sei die Teuerung bei Dienstleistungen noch zu hoch. «Doch die höchsten Gehaltszuwächse liegen hinter uns, weil sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt eintrübt.»

Wie reagiert die EZB?

Die EZB hat aufgrund des nachgelassenen Inflationsdrucks im Euroraum im Jahr 2024 die Leitzinsen viermal gesenkt – der richtungsweisende Einlagenzinssatz liegt derzeit bei 3,0 Prozent. Ökonomen prognostizieren für 2025 weitere Zinssenkungen durch die Notenbank, die langfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent in der Eurozone anstrebt.

«Die Daten sind alles andere als ein Aufruf zu raschen Zinssenkungen», meint Ökonom Heise von HQ Trust. Und Ulrike Kastens, Volkwirtin Europa beim Deutsche-Bank-Fondsanbieter DWS sagt: «Die heutigen Zahlen aus Deutschland sind ein deutlicher Warnschuss, die bestehenden Inflationsgefahren nicht vorschnell zu verharmlosen.»

dpa