Beim Erkunden einer Höhle verletzt sich eine 32-Jährige schwer. Jetzt läuft ein Großeinsatz, ein Wettlauf gegen die Zeit. Besonders schlimm: Für die Frau ist es nicht das erste solche Unglück.
Italienische Höhlenforscherin sitzt Hunderte Meter tief fest
Gefangen in einer dunklen Höhle, tief im Inneren der Erde und schwer verletzt: Für viele ist das einer der schlimmsten Albträume. Eine Höhlenforscherin aus Italien muss das nun bereits zum zweiten Mal erleben. Die 32-jährige Frau stürzte bei der Erkundung einer weit verzweigten Höhle in den Bergen nahe der norditalienischen Stadt Bergamo so unglücklich, dass sie nicht mehr aus eigener Kraft herauskommt. Über hundert Helfer sind jetzt im Einsatz, um sie wieder ins Tageslicht zu bringen.
Die Höhlenforscherin Ottavia Piana erlebt ein Déjà-Vu: Bereits im Juli 2023 war die Sekretärin aus Brescia in der Höhle Abisso Bueno Fonteno verunglückt, damals in 150 Metern Tiefe – jetzt sind es mehr als 500. Vor anderthalb Jahren dauerte es zwei Tage, bis sie gerettet werden konnte. Die Rettungsdienste sind zuversichtlich, dass sie auch dieses Mal wieder gerettet werden kann, obwohl es bereits länger dauert.
Botschaft an Freund: «Sagt ihm, dass es mir gut geht»
Mehr als hundert Helfer, auch aus anderen Teilen Italiens, sind an dem Einsatz beteiligt. Vom Eingang bis zur Unfallstelle sind es etwa vier Stunden Fußweg, die oft schwierig zu bewältigen sind. An einigen Stellen sind die Gänge vereist. Ärzte sind bereits vor Ort. Um an engen Stellen mit der Trage durchzukommen, verwenden die Helfer Sprengstoff. Piana ließ ihrem Lebensgefährten, der oben auf sie wartet, ausrichten: «Sagt ihm, dass es mir gut geht.»
Die gigantische Höhle am Nordufer des Iseo-Sees, die vor einigen Jahren durch eine Installation des Künstlers Christo international bekannt wurde, wurde erst 2006 entdeckt. Es handelt sich um ein riesiges Labyrinth aus unterirdischen Gängen, Wasserfällen und Seen mit einer Gesamtlänge von 50 Kilometern. Noch nicht einmal die Hälfte ist erforscht. Piana ist Teil eines Teams namens Projekt Sebino – so der alte Name des Sees -, das regelmäßig in die Höhle hinabsteigt.
Knochenbrüche und Verletzungen im Gesicht
Am Samstag erkundete die 32-Jährige mit zwölf Begleitern erneut einen bisher unbekannten Abschnitt. Beim Abstieg in einen schmalen Tunnel verlor sie den Halt und stürzte mehrere Meter in die Tiefe. Dabei erlitt sie laut Rettungsdiensten mehrere Knochenbrüche und Gesichtsverletzungen. Anschließend alarmierten ihre Begleiter.
In der Höhle selbst sind etwa 20 Helfer im Einsatz, die auch Sauerstoffflaschen und Medikamente dabeihaben. Inzwischen wurde Piana in ein beheiztes Basislager gebracht. Von der Bergwacht hieß es zu ihrem Zustand: «Die verletzte Person ist wach und kooperativ.» Die Hoffnung ruht nun darauf, sie binnen weniger Stunden ans Tageslicht zu bringen. Von den Rettungsdiensten hieß es aber auch, dies könne möglicherweise mehrere Tage dauern.
Erinnerungen an Höhlendrama 2018 in Thailand
Andere Höhlenforscher nahmen Piana in Schutz, durch leichtsinniges Handeln an dem nun schon zweiten Unglück eine Mitschuld zu tragen. Die Präsidentin der Gruppe Speleo Lombardia, Virginia Mandracchia, nannte sie eine «hochspezialisierte Fachkraft, die über alle notwendigen Fähigkeiten verfügt, um komplexe Höhlenerkundungen durchzuführen».
In den letzten Jahren gab es mehrere spektakuläre Rettungsaktionen, um Menschen aus Höhlen zu retten. International erregte das Verschwinden einer gesamten Fußball-Jugendmannschaft im Juni 2018 in Thailand die meiste Aufmerksamkeit. Die zwölf Jungen und ihr 25 Jahre alter Trainer wurden schließlich nach zwölf Tagen alle aus der Tham-Luang-Höhle gerettet. Ein Taucher kam dabei ums Leben.