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Deutsche Wirtschaftswachstum sinkt laut IWF-Prognose

IWF senkt Prognose für Deutschland: 0,8% Wachstum 2025, weltweit 3,2% – globale Aussichten stabil, aber nicht überwältigend.

IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas: Kampf gegen Inflation weitgehend gewonnen. (Archivbild)
Foto: Jose Luis Magana/FR159526 AP/dpa

Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkt die Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Im kommenden Jahr werde die deutsche Wirtschaftsleistung nur um 0,8 Prozent wachsen und damit um 0,5 Prozentpunkte weniger als noch im Juli vorhergesagt, so die Daten der IWF-Prognose, die in Washington veröffentlicht wurde. Für die Weltwirtschaft sind die Aussichten des IWF etwas besser – wenn auch nicht rosig. Sie soll sowohl im laufenden Jahr als auch im kommenden Jahr um 3,2 Prozent wachsen. Der IWF nennt die globalen Aussichten «stabil, aber nicht überwältigend» und warnt vor Unsicherheiten und Risiken. 

So blickt der IWF auf Deutschland

Für die Bundesrepublik prognostiziert der IWF für das laufende Jahr das schwächste Wachstum aller führenden westlichen G7-Industriestaaten. Der Fonds erwartet nun null Prozent Wachstum, also keine Veränderung, das sind 0,2 Punkte weniger als im Juli vorausgesagt. Im kommenden Jahr wäre Deutschland der Vorhersage nach gemeinsam mit Italien das Schlusslicht beim Wachstum der Wirtschaftsleistung (BIP). «Deutschland wird durch die Haushaltskonsolidierung und einen starken Rückgang der Immobilienpreise belastet», heißt es in dem Bericht. Schon länger moniert der IWF strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel in Deutschland. Auch die Zurückhaltung der Konsumenten schlägt sich nieder.

Die Bundesregierung ist optimistischer als der IWF hinsichtlich des Wachstums im kommenden Jahr und prognostiziert etwas mehr Schwung für die deutsche Wirtschaft: Laut den neuesten Angaben erwartet sie ein Plus von 1,1 Prozent im Jahr 2025. Die Prognose der OECD, die Ende September veröffentlicht wurde, ähnelt dieser Einschätzung. Sie geht von einem Konjunkturplus von 1,0 Prozent aus.

So blickt der IWF auf die Weltwirtschaft

«Beginnen wir mit der guten Nachricht: Es sieht so aus, als sei der weltweite Kampf gegen die Inflation weitgehend gewonnen, auch wenn der Preisdruck in einigen Ländern anhält», schreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Der Rückgang der Inflation ohne eine globale Rezession sei «ein großer Erfolg» – die Konjunktur habe sich als widerstandsfähig erwiesen. 

Die Weltwirtschaft wird derzeit von Risiken dominiert. “Eine Eskalation regionaler Konflikte, insbesondere im Nahen Osten, könnte ernsthafte Risiken für die Rohstoffmärkte mit sich bringen”, wird berichtet. Auch eine zu langanhaltende straffe Geldpolitik könnte Probleme verursachen.

Die jüngste Prognose für das globale Wachstum in fünf Jahren bleibt dem IWF zufolge mit 3,1 Prozent mittelmäßig verglichen mit dem Durchschnitt vor der Pandemie. «Anhaltende strukturelle Gegenwinde – wie die Bevölkerungsalterung und schwache Produktivität – bremsen das potenzielle Wachstum in vielen Volkswirtschaften», mahnen die Fachleute. Die vergangenen vier Jahre hätten die Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft auf die Probe gestellt. 

Eine «in diesem Jahrhundert einmalige Pandemie», der Ausbruch geopolitischer Konflikte und extreme Wetterereignisse hätten die Lieferketten unterbrochen und Energie- und Lebensmittelkrisen verursacht. Unterschiedliche Regionen der Welt hätten diese Schocks unterschiedlich gut verarbeitet, heißt es im Bericht. 

So blickt der IWF auf einzelne Länder:

  • USA: In diesem Jahr soll die Wirtschaft in den USA um 2,8 Prozent (plus 0,2 Prozentpunkte) wachsen, für das kommende Jahr werden 2,2 Prozent (plus 0,3 Prozentpunkte) prognostiziert. Diese Anhebungen der Prognose für die Vereinigten Staaten hätten insgesamt die Herabstufungen der Prognosen für Industrienationen, insbesondere in Europa, ausgeglichen. Negativ merkt der IWF die hohe Verschuldung der größten Volkswirtschaft der Welt an.
     
  • China: Trotz der anhaltenden Schwäche des Immobiliensektors und des geringen Verbrauchervertrauens hat der IWF das Wachstum für das laufende Jahr nur geringfügig nach unten korrigiert – um 0,2 Prozentpunkte auf 4,8 Prozent. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft unverändert um 4,5 Prozent wachsen. Eine stärkere Wachstumsverlangsamung der zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt dürfte sich auch negativ auf die globale Konjunktur auswirken, da China einen großen Anteil am Welthandel hat.
     
  • Russland: Hier verlangsamt sich das Wachstum im kommenden Jahr deutlich. Sagt der IWF für das laufende noch 3,6 Prozent (plus 0,4 Prozentpunkte) voraus, sollen es 2025 nur noch 1,3 Prozent (minus 0,2 Prozentpunkte) sein. Als Gründe nennt der Fonds eine Verlangsamung des privaten Verbrauchs und der Investitionen. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der Westen Russland mit weitreichenden Sanktionen belegt. Russisches Öl wird vorwiegend nach China und Indien exportiert, aber weiterhin meist oberhalb der von den G7-Staaten und der Europäischen Union auferlegten Preisobergrenze von 60 US-Dollar gehandelt. 

Das macht dem IWF Sorgen

Der Fonds warnt davor, dass die Welt von Versorgungsunterbrechungen beherrscht wird. Als Gründe werden das Klima, Gesundheit und geopolitische Spannungen genannt. Vor allem für die Geldpolitik wird es immer schwieriger, die Inflation einzudämmen, wenn sie mit solchen Schocks konfrontiert ist, die gleichzeitig die Preise erhöhen und die Produktion verringern. Vor allem in Schwellenmärkten wird der Inflationsdruck wieder aufleben, was teilweise auf hohe Lebensmittelpreise zurückzuführen ist.

Es wird deutlich, dass der Unterschied besonders bei der Prognose der Inflationsrate sichtbar wird. Wenn der Fonds für die Industrienationen für das kommende Jahr eine durchschnittliche Inflationsrate von 2 Prozent voraussagt, beträgt die Vorhersage für die Schwellen- und Entwicklungsländer 5,9 Prozent.

Der IWF weist darauf hin, dass seine Prognosen insgesamt mit großer Unsicherheit behaftet sind. Neu gewählte Regierungen könnten erhebliche Veränderungen in der Handels- und Steuerpolitik einleiten, so der Bericht. Die Autorinnen und Autoren erwähnen zwar nicht namentlich den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, der bei der US-Wahl am 5. November gegen US-Vize Kamala Harris antritt. Der Bericht behandelt jedoch die Auswirkungen möglicher steigender Zölle auf den Welthandel. Trump hat im Falle eines Wahlsiegs eine deutliche Anhebung und Ausweitung von Zöllen angekündigt.

dpa