Es ist einer der erschütterndsten Fälle in Japans Justizgeschichte. Ein Mann, der fast ein halbes Jahrhundert in der Todeszelle saß, wurde freigesprochen. Geht die Staatsanwaltschaft in Berufung?
Jahrzehnte in Todeszelle: Greiser Japaner freigesprochen
Ein ehemaliger Profiboxer im Alter von 88 Jahren wurde von einem japanischen Gericht freigesprochen, nachdem er fast ein halbes Jahrhundert lang in der Todeszelle saß, weil er eine Familie ermordet hatte. Das Bezirksgericht Shizuoka begründete das Urteil damit, dass die Ermittler Beweise gefälscht hatten, wie am Donnerstag in örtlichen Medien berichtet wurde. Außerdem wurde sein Geständnis, das zu Beginn des Prozesses widerrufen wurde, durch physische und psychische Gewalt erzwungen. Dies ist das fünfte Mal in Japans Nachkriegszeit, dass ein Wiederaufnahmeverfahren nach Verhängung der Todesstrafe zu einem Freispruch führte.
Schwester kämpfte jahrzehntelang um Unschuld ihres Bruders
Der Fall von Iwao Hakamada ist einer der tragischsten Fälle in der Justizgeschichte des ostasiatischen G7-Landes. Die über 47 Jahre lange Isolationshaft hat den heutigen Greis sowohl psychisch als auch physisch stark beeinträchtigt. Er kann die Realität nicht mehr erfassen. «Er lebt jetzt in einer Wahnvorstellung», berichtete seine heute 91-jährige Schwester Hideko im vergangenen Jahr Journalisten am Club der Auslandskorrespondenten in Tokio. Über all die Jahrzehnte hinweg hat Hideko für ihren Bruder gekämpft, um seine Unschuld zu beweisen.
Nach seiner Laufbahn als Profi-Boxer arbeitete Iwao in einer Sojafabrik. Im Jahr 1966 wurde er festgenommen, nachdem im abgebrannten Haus seines Chefs vier Leichen – die des Chefs, seiner Frau und zweier Kinder – mit Stichwunden entdeckt wurden. Iwao wurde Mord, Raub und Brandstiftung zur Last gelegt. Er entsprach dem Täterprofil, das die Polizei zu der Zeit erstellt hatte, auch aufgrund seiner Vergangenheit als Boxer. Seine Wohnung befand sich auf dem Fabrikgelände, wo auch die Familie seines Chefs lebte und starb.
Japans Polizei fälschte Beweise
Im Urteil wurde festgestellt, dass die Kleidungsstücke, die Hakamada während des Vorfalls getragen haben soll, von den Ermittlern gefälscht wurden. Die Polizei hatte behauptet, fünf rotfarbene Kleidungsstücke mit Blut als Beweise gefunden zu haben – ein Jahr und zwei Monate später. Das Gericht bestätigte die Verteidigung, dass blutbefleckte Kleidung, die über ein Jahr in Miso lag, schwarz wird.
Im Jahr 2014 wurde Iwao freigelassen, nachdem das Gericht in der zentraljapanischen Präfektur Shizuoka schließlich einem wiederholten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zugestimmt hatte. Die Hinrichtung wurde gestoppt. Die Staatsanwaltschaft jedoch gab nicht auf und legte Einspruch ein. Es vergingen mehr als neun Jahre, bis der Fall erneut verhandelt wurde. Es bleibt abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil vom Donnerstag Berufung einlegen wird. Hakamadas Verteidigungsteam fordert sie auf, den Freispruch nicht anzufechten. Wer die Familie damals ermordet hat, ist unklar.