Steigende Zahl an tödlichen Pedelec-Unfällen – ältere Radfahrer besonders gefährdet.
Fahrradunfälle in Deutschland auf dem Vormarsch
Laut Unfallzahlen des Statistischen Bundesamts ist jeder sechste Verkehrstote ein Fahrradfahrer. Im Jahr 2020 sind nach vorläufigen Ergebnissen 441 Radfahrerinnen und Radfahrer auf deutschen Straßen ums Leben gekommen.
Im Jahr 2024 war die Anzahl der getöteten Radfahrer um 11,4 Prozent höher als im Jahr 2014. Trotzdem ist die Gesamtzahl der Verkehrstoten in diesem Zeitraum um 22,4 Prozent auf 2.759 gesunken.
Zum Glück sterben die wenigsten Menschen, wenn sie mit dem Fahrrad einen Unfall haben. Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 92.882 Fahrradunfälle mit Personenschaden, wie die Statistiker berichten.
Was ist der Grund für den Anstieg?
«Der Anstieg ist vor allem auf die steigende Zahl an getöteten Pedelec-Nutzenden zurückzuführen», stellen die Statistiker fest. Von den 2024 getöteten Fahrradfahrern waren 192 mit einem E-Bike unterwegs.
«Pedelecs sind zwar per se nicht gefährlicher als klassische Räder», sagt Kirstin Zeidler, die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer. Sie seien aber schwerer, beschleunigten stärker und seien daher nicht leicht zu handhaben. «Unsere Forschung zeigt, dass Alleinunfälle mit Pedelecs in allen Altersgruppen häufiger schwerer verlaufen als mit nichtmotorisierten Rädern.»
Wer ist besonders gefährdet?
Auch hier hat das Bundesamt eine klare Antwort: «Ältere Radfahrende sind im Straßenverkehr besonders gefährdet.» Unter den tödlich verletzten Fahrradfahrern waren 2024 knapp zwei Drittel 65 Jahre oder älter.
Der Anteil der verunglückten Senioren mit herkömmlichen Fahrrädern betrug 59,4 Prozent, während 68,8 Prozent der Getöteten mit E-Bikes 65 Jahre oder älter waren.
Dass ältere Menschen auf Pedelecs ein höheres Risiko tragen, erklärt die Unfallforscherin so: «Sie reagieren langsamer, verlieren schneller das Gleichgewicht und sind verletzlicher als Jüngere.» Wer mit dem E-Bike sicher unterwegs sein will, dem könnten Fahrradtrainings helfen.
Wie laufen die Unfälle ab?
In den meisten Fahrradunfällen mit Verletzten war ein weiterer Verkehrsteilnehmer involviert. In 70,7 Prozent der Fälle handelte es sich um ein Auto. Somit waren 44.424 Fahrradunfälle mit Personenschaden auf eine Kollision mit einem Auto zurückzuführen.
Unfallforscherin Zeidler findet jedoch auch die deutliche Zunahme der Alleinunfälle auffällig: Laut Daten der Unfallversicherer verunglückt etwa jeder dritte getötete Radfahrer ohne weitere Beteiligte.
Wer hat Schuld?
In rund der Hälfte der Fälle waren die verunglückten Radfahrerinnen und Radfahrer an dem Unfall selbst Schuld, wie die Statistiker ausführen. «Je nach Unfallgegner zeigen sich allerdings Unterschiede.»
- Bei Unfällen mit Fußgängern wurde den Radfahrern in 57 Prozent der Fälle die Hauptschuld angelastet.
- Kollisionen mit Krafträdern wurden in 50 Prozent der Fälle von Radfahrern verschuldet.
- Waren Autofahrer beteiligt, trugen die Radler nur in 25 Prozent der Fälle die Hauptschuld.
- Bei Fahrradunfällen mit Lastwagen lag der Anteil noch darunter: Nur bei 21 Prozent wurde die Hauptschuld bei den Radlern gesehen.
Was muss geschehen?
Die meisten tödlichen Unfälle passieren bei Kollisionen mit Autos. «Besonders problematisch sind dabei Kreuzungen und Zufahrten», sagt Unfallforscherin Zeidler. «Hier gilt es Sicht zu schaffen, etwa das Zuparken zu verhindern. Auch eigenes Ampel-Grün für Abbiege- und Radverkehr ließe Unfälle vermeiden.»
Der ADFC fordert mehr und bessere Radwege. «Dass Fahrradunfälle zunehmen, ist allerdings kein Wunder», erklärt Bundesgeschäftsführerin Caroline Lodemann. «Radwege sind oft kaputt, von Hindernissen übersät, viel zu schmal, zugeparkt oder fehlen – beispielsweise an Landstraßen – oft ganz.»
Viel zu häufig müssten sich Radfahrer die Fahrbahn mit Autos teilen. «Das bringt Stress und Gefahr für alle Beteiligten.» 70 Prozent der Befragten des ADFC-Fahrradklima-Tests fühlten sich im Straßenverkehr nicht sicher. «Eine bittere Diagnose», findet Lodemann.