Trotz leichtem Wachstum im ersten Quartal 2025 trüben Zollstreit und unsichere Zukunftsaussichten die Stimmung in Deutschland.
Deutsche Wirtschaft vor düsteren Zeiten

Die Aussichten für die Exportnation Deutschland 2025 sind alles andere als gut – nicht zuletzt wegen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Die Hoffnung auf eine Trendwende ist dahin: Im ersten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaft nach zwei Jahren Rezession zwar leicht gewachsen sein.
Wie geht es der deutschen Wirtschaft?
Die Industrieproduktion steigt, das Baugewerbe verzeichnet etwas bessere Geschäfte und der Einzelhandel verzeichnet Umsatzzuwächse: In den ersten Monaten des Jahres gab es Anzeichen der Hoffnung. Die Bundesbank prognostiziert, dass die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal leicht gestiegen ist. Im vierten Quartal 2024 gab es noch einen preisbereinigten Rückgang von 0,2 Prozent. Allerdings wird dieser ersehnte Lichtblick wahrscheinlich nicht lange anhalten, da sich die Ausgangslage für die kommenden Monate grundlegend durch den Zollkonflikt verändert hat.
Wie sind die Aussichten?
Europas größte Volkswirtschaft steht vor dem dritten Jahr in Folge ohne Wachstum – ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. In den letzten Wochen wurden die ohnehin niedrigen Erwartungen weiter gesenkt.
- Die geschäftsführende Bundesregierung erwartet für dieses Jahr eine Stagnation des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Januar hatte die Regierung noch mit 0,3 Prozent Plus gerechnet.
- Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) traut der deutschen Wirtschaft im laufenden Jahr kein Wachstum zu. Er rechnet angesichts der aggressiven Zollpolitik von Trump mit einer globalen Wachstumsflaute.
- Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sagte, im besten Fall gebe es 2025 eine Stagnation. Er könne aber «nicht ausschließen, dass wir möglicherweise auch ein leichtes negatives Vorzeichen bekommen, also eine leichte Rezession».
Was sind die größten Lasten?
Mit seiner aggressiven «America first»-Politik hat Trump Handelspartner und Finanzmärkte in Aufruhr versetzt. Allein das XXL-Zollpaket ist eine Belastung historischen Ausmaßes, Trumps Zickzack-Kurs bringt zusätzliche Ungewissheit: Ein Teil der Zölle ist bereits zeitweise ausgesetzt. Von «außergewöhnlich hoher Unsicherheit» sprach jüngst EZB-Präsidentin Christine Lagarde.
Vincenzo Vedda, Global Chief Investment Officer bei der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS, sagte: «Mit einem turbulenten Antritt Donald Trumps zweiter Amtszeit hatten wir gerechnet. Dass die Abschottung der USA so kompromisslos verfolgt werden würde, hatten wir jedoch nicht erwartet.» Unabhängig vom Fortgang der Zollpolitik sei «bereits genug Vertrauen zerstört, um Verbraucher, Anleger und Unternehmen vorsichtiger werden zu lassen».
Wie will die künftige Bundesregierung gegensteuern?
Union und SPD haben angekündigt, umfangreiche Maßnahmen zu ergreifen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Geplant sind verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen. Außerdem streben die neuen Regierungspartner an, Energiekosten und Unternehmenssteuern zu senken, das Arbeitsrecht flexibler zu gestalten und die Bürokratie abzubauen. Die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien sollen gesenkt werden.
Steigt die Inflation wieder?
Die Aussichten bei der Inflation sind auch mit dem Zollstreit unsicherer geworden. Es besteht die Möglichkeit, dass sich Industriegüter verteuern. Einige Volkswirte befürchten zusätzlich, dass die geplanten Milliarden-Ausgaben des Bundes für Verteidigung und Infrastruktur die Inflation steigen lassen könnten.
Das Ifo-Institut prognostiziert, dass die Inflationsrate in Deutschland in den nächsten Monaten über der Marke von 2,0 Prozent bleiben wird. Im Jahr 2022 lag die Inflation im Jahresdurchschnitt bei 6,9 Prozent und im Jahr 2023 bei 5,9 Prozent. Im Jahr 2024 sank sie im Jahresdurchschnitt auf 2,2 Prozent. Das Leben in Deutschland wird also nicht mehr so stark teurer, aber Verbraucher spüren den Anstieg der Preise im Alltag. Im März betrug die Inflationsrate 2,2 Prozent.
Die Europäische Zentralbank hat die Einlagenzinsen für Banken und Sparer aufgrund der sinkenden Inflation im Euroraum bereits sieben Mal seit vergangenem Juni gesenkt, auf aktuell 2,25 Prozent. Es wird erwartet, dass die EZB ihn im Sommer weiter senken könnte, was für Sparer niedrigere Zinsen bedeuten würde.
Welche Bedeutung haben Trumps Zölle für Deutschland?
Die deutsche Wirtschaft, die stark im Export ist, ist besonders von Trumps Zolloffensive betroffen: Die USA sind Deutschlands wichtigster Handelspartner vor China und den Niederlanden und der größte Abnehmer deutscher Exporte. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2024 Waren im Wert von etwa 253 Milliarden Euro zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gehandelt. Deutsche Unternehmen lieferten dabei Waren im Wert von rund 161 Milliarden Euro in die USA, was gut zehn Prozent aller Exporte entspricht. Die Vereinigten Staaten sind für die deutschen Exporteure so wichtig wie nie zuvor in den letzten 20 Jahren.
Geht es allen Branchen schlecht?
Während Schlüsselindustrien wie Auto und Maschinenbau schwächeln, profitieren Banken und Versicherungen vom gestiegenen Zinsniveau. Das beschert Konzernen wie Allianz, Munich Re und Commerzbank Rekordgewinne. Robust zeigt sich auch die Pharmabranche, die Milliarden-Investitionen aus dem Ausland anzieht. Und Europas größter Softwarekonzern SAP erzielte einen Gewinnsprung. Allerdings hat die IT-Branche gesamtwirtschaftlich keine herausgehobene Bedeutung für Deutschland. Ähnliches gilt für den Tourismus, der 2024 ein Rekordjahr verbuchte. Denn für Urlaub geben die Deutschen traditionell gerne Geld aus – Krise hin oder her.
Was macht Hoffnung auf Besserung?
Die deutsche Wirtschaftsaussichten würden sich erheblich verbessern, wenn der Zollstreit mit den USA gelöst würde. Die Europäische Union hat bereits geplante Gegenzölle ausgesetzt, in der Hoffnung auf Verhandlungen. Und Trump hat zumindest Zollausnahmen für Autohersteller in Aussicht gestellt.
Beflügelt werden dürfte die heimische Konjunktur zudem vom Milliarden-Paket des Bundes für Verteidigung und Infrastruktur – wenn auch nicht sofort. «Von den finanzpolitischen Weichenstellungen der künftigen Bundesregierung werden positive Impulse ausgehen, die allerdings erst in den kommenden Jahren spürbar zum Wachstum beitragen werden», meinte die scheidende Bundesregierung. Sie erwartet für 2026 immerhin 1,0 Prozent Wirtschaftswachstum.