Lust auf Chips? Wer im Münchner Univiertel abends einen salzigen Snack haben möchte, wird selbst in lange geöffneten Kiosken nicht mehr fündig. Warum ist das so?
Keine Chips nach 20.00 Uhr im Univiertel?

In einem Viertel der Universität München sorgt eine ungewöhnliche Regelung für Aufsehen: Ab 20.00 Uhr dürfen fünf Kioske mit verlängerten Öffnungszeiten keine Chips mehr verkaufen, ab 22.00 Uhr auch kein Flaschenbier. Der Grund dafür sind massiven Beschwerden von Anwohnern über Lärm, Müll und Störungen im Zusammenhang mit Alkoholkonsum. Tatsächlich ist die Gegend rund um die Ludwig-Maximilians-Universität ein beliebtes Ausgehviertel mit vielen Kneipen und Gaststätten.
Umsatzverluste und Existenzsorgen
Der Kioskbetreiber Al Bezihi Nechirvan deckt nun um 20.00 Uhr die Chips mit einem Rollo ab, zwei Stunden später darf er an Nachtschwärmer auch kein Bier mehr abgeben. Dabei habe er sich immer sehr bemüht. Mitarbeiter sorgten abends dafür, die Straße vor dem Laden sauber zu halten. Und sie schickten auch die Leute nach dem Einkauf weiter, damit sie nicht vor dem Laden stehenblieben und Anwohner mit Gesprächen störten. Ihm und anderen beschert die Regelung große Umsatzverluste. «Der meiste Umsatz ist bei mir ab 22.00 Uhr. Wenn die anderen Läden geschlossen haben, geht bei mir erst das Geschäft los», sagt der Betreiber Shivan Beseh. Er habe deshalb nun auch Existenzängste.
Führe sie nicht in Versuchung
Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) stellt klar: Die Auflage ist nicht neu. Man habe lediglich auf die aktuelle Gesetzeslage hingewiesen, sagte eine Sprecherin auf dpa-Anfrage. Mit der Abdeckung der Knabbersachen will die Behörde erreichen, dass die Leute gar nicht erst in Versuchung geführt werden, danach zu greifen, wie unlängst unter anderem die Münchner «Abendzeitung» berichtet hatte.
Keine Spätis in Bayern
In Bayern gilt nämlich das Ladenschlussgesetz. Danach müssen Geschäfte in der Regel um 20.00 Uhr schließen. Das gelte auch für Kioske, so das KVR. Nur wer parallel eine Gaststätte betreibe, dürfe auch danach neben Essen und Trinken aus dem Lokal auch Flaschenbier, alkoholfreie Getränke sowie Tabak- und Süßwaren verkaufen. Die Auswahl sei aber begrenzt. «Chips gehören nicht zum privilegierten Sortiment», so die Behörde. Es seien keine Auflagen gemacht worden, die über die Regelungen im Gesetz hinausgingen.
In Bayern gibt es keine klassischen Spätis wie in anderen Bundesländern, wie das KVR betont. Das kürzlich überarbeitete bayerische Ladenschlussgesetz sieht diese Art von Betrieben auch nicht vor.
Kioskbier statt gepflegter Edelitaliener
Und was berichten die Betroffenen? „Chips sind einfach besser gegen den Hunger als Süßigkeiten und passen besser zu Bier“, sagt ein Student, der dort oft nachts feiert.
Stefan Mödl wohnt hier und sagt, das zeitliche Limit für Chips und Bier sei «totaler Quatsch». Endlich gebe es Spätis nun auch in München, schon würden sie wieder verboten oder eingeschränkt. «Wenn man eben nicht diesen Flair von einem Univiertel haben will, dann ziehe ich hier halt auch nicht hin.» Der Anwohner Ole Dietzmann spricht von Klientelpolitik «für ein paar alteingesessene Münchner». «Aber diese Stadt verändert sich auch und man muss auch Rücksicht nehmen auf die jungen Leute, die herkommen und hier leben wollen», findet er. Die holten sich ihr Bier und ihre Chips beim Kiosk und gingen nicht gepflegt zum Edelitaliener, wo die Halbe Bier fünf Euro koste.
Behörde sieht erste Erfolge
Laut dem KVR hat sich das Beharren auf die Einhaltung des Gesetzes bereits ausgezahlt. Die Kontrollen haben deutlich gezeigt, dass sich die Situation verbessert hat: weniger Lärm, weniger Müll und weniger alkoholbedingte Störungen. Allerdings sind in Bayern auch seit Anfang August Semester- und Schulferien.
Die Behörde hat nicht nur die fünf Kioske angesprochen, sondern auch eine Gaststätte. Diese hat ebenfalls erheblich zu den örtlichen Verhältnissen beigetragen. Aus diesem Grund wurde auch diesem Lokal untersagt, nach 22.00 Uhr noch Alkohol zum Mitnehmen anzubieten.