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«Kommt nicht!» – Wut auf Mallorca wächst vor Rekordsaison

Die Partymeilen erwachen auf Mallorca aus dem Winterschlaf. Erwartet wird ein Besucherrekord. Doch zugleich wächst der Unmut der Einheimischen. Welche negativen Folgen hat der Massentourismus?

Die Proteste werden immer mehr. (Archivfoto)
Foto: Clara Margais/dpa

Der Countdown läuft auf Mallorca: Ostern beginnt die neue Saison auf der beliebtesten Urlaubsinsel der Deutschen, die laut Branchenexperten alle Besucherrekorde brechen wird. Am 24. April starten die viertägigen Opening-Partys der Kult-Lokale Bierkönig und Megapark am Ballermann, die als offizieller Saisonauftakt gelten. Während sich Mallorca-Fans aus dem kühlen Norden sowie Hoteliers, Restaurant- und Barbesitzer freudig die Hände reiben, herrscht in Palma auch große Sorge. Und oft die blanke Wut.

Der Grund: Man erwartet, dass die Balearen mit Mallorca dieses Jahr erstmals die Marke der 20 Millionen Besucher knacken werden. Gut fürs Portemonnaie der Branche und im Prinzip auch für die Wirtschaft der spanischen Mittelmeer-Inseln. Aber selbst der Tourismusminister der konservativen Regionalregierung, Jaume Bauzá, räumte jüngst ein: «Wir haben ein Limit erreicht.»

Er spricht von den knapp 19 Millionen Besuchern, die im Jahr 2024 kamen. Dies waren bereits eine Million mehr oder fünf Prozent höher als im Jahr 2023. Allein Mallorca, das nicht einmal eine Million Einwohner hat, begrüßte 13,5 Millionen Touristen. Die Anzahl der Besucher aus Deutschland stieg 2024 auf den Balearen sogar um neun Prozent auf die historische Höchstmarke von gut fünf Millionen.

«Arm trotz Arbeit» – Nicht alle profitieren vom Tourismus-Boom

Die Touristen gaben auf den Inseln insgesamt 22,4 Milliarden Euro aus, was etwa zwölf Prozent mehr ist als im Vorjahr. Auf Mallorca macht der Tourismus mehr als 40 Prozent des Gesamteinkommens aus. Nicht alle profitieren davon, denn laut offiziellen Angaben gilt jeder fünfte Einwohner der Balearen als armutsgefährdet.

«Elend auf Mallorca breitet sich rasant aus», titelte jüngst das «Mallorca Magazin». Es gebe «immer mehr Brettersiedlungen» unter anderem an den Gleisen des bei Touristen beliebten Sóller-Zugs, einer historischen Schmalspurbahn. Ein Bericht der «Mallorca Zeitung» zur sozialen Lage trug im vorigen Jahr die Überschrift: «Arm trotz Arbeit: Auf Mallorca bleibt vielen Menschen kein Geld mehr fürs Essen.»

Wohnungsnot, Preiserhöhung, Umweltverschmutzung

Die Anzahl der Ferienwohnungen nimmt ebenso zu wie die Anzahl der Besucher. Nach Ansicht von Mieterverbänden, Umweltschutzgruppen und anderen Organisationen gibt es viele negative Auswirkungen: darunter Wohnungsnot, Umweltverschmutzung, Verkehrsstaus und Lärm, eine allgemeine Preiserhöhung und die Zerstörung der Natur. Im letzten Jahr gab es bereits mehrere Proteste gegen Massentourismus. Die Unzufriedenheit wächst.

Im März veröffentlichten sieben mallorquinische Organisationen einen Brandbrief, in dem die Touristen aufgerufen werden, zu Hause zu bleiben. «Kommt nicht hierher!» und «Bleibt zu Hause», hieß es in dem offenen Brief. Mallorca sei «nicht das Paradies, das man euch verkauft». Die Insel sei «völlig überfüllt», erlebe «einen Kollaps». «Die Einheimischen sind wütend und nicht mehr gastfreundlich, weil man das Land, das wir lieben, zerstört und weil viele Bewohner auswandern müssen, weil die Insel unbewohnbar geworden ist.»

Behörden haben viele Pläne – aber es tut sich wenig

Nur vor kurzem versammelten sich Tausende in Palma – wie auch in ganz Spanien – bei einer Demonstration gegen die Wohnungsnot. Das Rathaus hat Verbesserungen angekündigt, aber es gibt wenig Fortschritt. Stattdessen sind neue Verhaltensregeln geplant, die laut Kritikern dazu dienen sollen, Obdachlose regelrecht zu verfolgen.

Schlafen im Freien soll genauso untersagt werden wie das Übernachten in Wohnwagen. Die Camper protestierten so vehement dagegen, dass Bürgermeister Jaime Martínez ein wenig nachgab und die Abschnitte über die Wohnwagen aus dem Vorschlag streichen möchte.

Hotelbesitzer bestreiten Überfüllung der Insel

Die Tourismusbranche warnt davor, an dem Ast zu sägen, auf dem viele sitzen. Sie kritisiert die Pläne der Regierung in Palma, die Auswüchse des Massentourismus einzudämmen. Es ist auch geplant, die Touristenabgaben auf bis zu sechs Euro pro Kopf und Nacht zu erhöhen.

Der Hotelierverband FEHM bestreitet, dass Mallorca überlaufen ist. Es gebe keinen Massentourismus, beteuert FEHM-Präsident Javier Vich. Aus Sicht des Vize-Regierungschefs Antoni Costa sind jedoch Beschränkungen unumgänglich. Man müsse «das Wohlergehen der Bewohner berücksichtigen». 

«Mallorca wird langsam eine teure Insel», sagt Mika Ferrer, Chef des Unternehmerverbands Palma Beach, der sich für mehr Qualität an der Playa einsetzt. «Die Urlauber haben ein begrenztes Budget.» Allerdings hätten Hotel- und Restaurantbetreiber kaum eine andere Wahl, als die Preise anzuheben. «In Sachen Qualität möchten wir jedenfalls nicht nachlassen», so Ferrer.

Neues Sicherheitskonzept gegen Exzesse und «Sauftourismus»

108 der 115 bei Palma Beach eingeschriebenen Playa-Hotels haben zu Ostern geöffnet. Das sind 94 Prozent. Der Rest zieht zum 1. Mai nach. «Die Buchungen liegen über 80 Prozent», sagt Ferrer. Er zeigt sich begeistert vom neuen Sicherheitskonzept, das Bürgermeister Martínez vor Kurzem vorstellte.

Die Ortspolizei Palmas wird um 275 Beamte aufgestockt. Mit drei Millionen Euro aus den Einnahmen der Touristensteuer wurden acht neue Polizeiautos, Kameras für die sogenannte Schinkenstraße und drei Drohnen gekauft, um den Ballermann zu überwachen.

Martínez: «Es geht darum, 24 Stunden rund um die Uhr für Sicherheit zu sorgen.» Er setze sich dafür ein, dass sich die «Exzesse der vergangenen Jahre» nicht wiederholen, sagt der Bürgermeister. Am 17. April sollen die neuen Maßnahmen starten. Es bleibt abzuwarten, ob sie Wirkung zeigen. Große Worte vor der Saison gab es schon in der Vergangenheit von vielen Inselpolitikern.

dpa