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Kreise: Evelyn Palla soll neue Bahnchefin werden

Neue Chefin, alte Probleme: Die bisherige DB-Regio-Chefin Palla soll die Führung des gesamten Konzerns übernehmen – inmitten von Verspätungen, Sanierungen und einer neuen Strategie.

Richard Lutz war zuletzt Bahnchef auf Abruf - nun ist klar, wer ihm nachfolgt. (Symbolbild)
Foto: Daniel Vogl/dpa

Evelyn Palla, bisherige Chefin der Bahnsparte DB Regio, wird die neue Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn. Laut Regierungskreisen erfuhr dies die Deutsche Presse-Agentur. Zuvor hatte «Bild» darüber berichtet. Nach dem Vorschlag von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) muss Palla noch vom Aufsichtsrat der Deutschen Bahn ernannt werden. Die nächste Sitzung des Aufsichtsrats beginnt am Dienstag.

Palla übernimmt die Position von Richard Lutz, der seit Anfang 2017 den bundeseigenen Konzern leitet. Mitte August gab Schnieder bekannt, dass er einen neuen Bahnchef für die Zukunft ernennen möchte, der auch die neue Strategie des Unternehmens umsetzen soll. Die Strategie wird am Montag vorgestellt. Was darin enthalten ist und wie konkret sie bereits ausgearbeitet ist, ist nicht bekannt.

Bahnchef – einer der schwierigsten Jobs in Deutschland

Palla übernimmt den bundeseigenen Konzern inmitten einer schweren Krise. Im August waren nur knapp 60 Prozent der Fernverkehrszüge pünktlich unterwegs, die Infrastruktur ist marode und gilt als Hauptgrund für die schlechte betriebliche Leistung. Auch die wirtschaftlichen Zahlen sehen seit Jahren nicht gut aus, auch wenn zuletzt eine leichte Verbesserung zu erkennen war.

In den letzten Jahren hat die Bahn versucht, mit verschiedenen Plänen wieder auf Kurs zu kommen – große Zuversicht auf zeitnahe Verbesserungen konnte sie jedoch nicht vermitteln.

Pünktlichkeit, Infrastruktur, Wirtschaftlichkeit – Probleme überall

Um die Pünktlichkeit zu verbessern, ist es geplant, die Infrastruktur zu verbessern. Allerdings führt das derzeit hohe Bauvolumen kurzfristig zu Beeinträchtigungen der Pünktlichkeit, da die meisten Fernverkehrszüge auf ihrer Fahrt durch das Land mindestens eine Baustelle passieren. Eine Verbesserung soll durch ein neues Baustellenmanagement erreicht werden, bei dem Baustellen nur noch zu bestimmten Zeitfenstern geplant werden. Die Baustellen sollen sich also nach dem Fahrplan richten und nicht umgekehrt. Im August wurden im Fernverkehr nur knapp 60 Prozent der Haltepunkte pünktlich erreicht, das heißt mit maximal 5:59 Minuten Verspätung.

Die DB InfraGo setzt große Hoffnungen in die grundlegende Sanierung wichtiger Strecken. Das Konzept der Generalsanierungen sieht vor, dass die Strecken monatelang komplett gesperrt werden, um möglichst viel reparieren zu können. Bis 2036 sollen über 40 Korridore saniert werden. Als Ausgleich für die Einschränkungen versprach die Bahn mindestens fünf Jahre Baufreiheit. Dieses Versprechen steht mittlerweile auf der Kippe, und auf einigen Strecken musste der Bauumfang angepasst werden.

Um den Konzern wirtschaftlich besser zu positionieren, sollen auch Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut und unrentable Teile des Konzerns wie beispielsweise DB Cargo profitabel gemacht werden. Obwohl sich die Zahlen zuletzt verbessert haben, verzeichnete das Unternehmen am Ende des ersten Halbjahres 2025 immer noch ein hohes Minus von 760 Millionen Euro.

Also viel zu tun für die neue Bahnchefin, die aus Südtirol stammt und seit 2019 bei der Deutschen Bahn arbeitet. Palla, geboren 1973, begann ihre berufliche Laufbahn 1997 bei der Infineon Technologies AG. Ab 2003 war sie bei Eon in München, Köln und Mailand tätig. Im Jahr 2011 wechselte sie zu den Österreichischen Bundesbahnen nach Wien. Dort war sie ab 2015 als Vorstand der ÖBB Personenverkehr AG für den Regionalverkehr verantwortlich. Außerdem übernahm sie ab 2015 die Position der Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖBB Postbus AG.

Schnieder will vor allem pünktliche, sichere und saubere Bahn

Zur Bewältigung der Herausforderungen soll Palla eine neue Strategie des Bundes an die Hand bekommen, über die bislang wenig bekannt ist. Der Titel gibt aber schon einen Hinweis, wo der Fokus liegen wird: «Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene.» «Die Bahn muss pünktlich, sicher und sauber sein», sagte Schnieder zuletzt. Zudem müsse der Konzern «schneller, schlanker, schlagkräftiger und auch wirtschaftlicher» werden. Derzeit sei die Lage «dramatisch». 

Die Infrastruktur- und Bahnbetriebsentwicklung ist stark abhängig vom Wohlwollen im Regierungsviertel und dem bereitgestellten Geld der Politik. Palla sollte nun die Unterstützung des zuständigen Ministers haben. Aber reicht das aus, um die Bahn wieder in Fahrt zu bringen?

Der Bedarf an Finanzmitteln ist enorm. Obwohl die Bahn zuletzt deutlich mehr Geld erhalten hat, warnte der scheidende Bahnchef Lutz davor, dass diese Mittel nicht ausreichen würden, um die Bahn wirklich zukunftsfähig zu machen. Trotz des Sondervermögens herrscht beim Bund Sparzwang. Es bleibt daher spannend, wie viel Geld der Minister in Zukunft für seinen neuen Bahnchef bei Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) heraushandeln kann.

dpa