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Männer leben im Südwesten vier Jahre länger als im Osten

Vier Jahre Lebensunterschied – je nach Wohnort: In Baden-Württemberg können Männer statistisch auf fast 80 Jahre hoffen, in Sachsen-Anhalt auf gut 75. Wann ändert sich das?

Laut Statistik gibt es bei der Lebenserwartung von Männern und Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt den größten Unterschied. (Symbolbild)
Foto: Stefan Puchner/dpa

Der Unterschied in der Lebenserwartung von Neugeborenen ist zwischen Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt kaum größer als anderswo in Deutschland. Statistisch gesehen haben Männer im Südwesten eine um vier Jahre höhere Lebenserwartung als im östlichen Bundesland. Experten zufolge wird sich an dieser Kluft in absehbarer Zeit nichts ändern.

Gemäß einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken im Bundestag liegt die Lebenserwartung bei Geburt von Männern in Sachsen-Anhalt bei 75,49 Jahren – dies ist der niedrigste Wert in ganz Deutschland. Im Gegensatz dazu beträgt die Lebenserwartung in Baden-Württemberg 79,64 Jahre. Der Unterschied bei den Frauen in den beiden Bundesländern war mit zwei Jahren nicht so signifikant.

Was bedeutet Lebenserwartung konkret?

Wichtig zu wissen: Die «Lebenserwartung bei Geburt» fasst die Sterblichkeit über alle Altersjahre hinweg in einem Wert zusammen. Dieser Wert ist von der Altersstruktur und von der Größe der Bevölkerung unabhängig. Es handelt sich – trotz des Namens – nicht um eine Prognose für heute Neugeborene.

Die Angaben aus den beiden Bundesländern beziehen sich auf die durchschnittliche Lebenserwartung, die in den Jahren von 2021 bis 2023 in offiziellen Statistiken ermittelt wurde. Auch neuere Statistiken bestätigen diese Kluft zwischen Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Laut Statistischem Bundesamt betrug die Lebenserwartung bei der Geburt im Jahr 2024 bundesweit durchschnittlich 78,9 Jahre für Männer und 83,5 Jahre für Frauen.

Welche Entwicklung erwarten Experten?

Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) gab es in den beiden Bundesländern nach der deutschen Wiedervereinigung eine Phase starker Annäherung bei der Lebenserwartung von Frauen, die Anfang der 2000er Jahre endete. «Bei den Männern scheinen die Trends zwischen diesen beiden Bundesländern auseinanderzugehen. Es spricht also nichts dafür, dass sich diese beiden Regionen in naher Zukunft einander annähern werden», sagte Pavel Grigoriev, Leiter der Forschungsgruppe Mortalität beim BiB.

Um zu Baden-Württemberg aufzuschließen, reiche es nicht aus, dass die Lebenserwartung in Sachsen-Anhalt steige, sagte Grigoriev der Deutschen Presse-Agentur. «Der Fortschritt in der Lebenserwartung in Sachsen-Anhalt müsste wesentlich schneller sein als in Baden-Württemberg.»

Warum geht die Lebenserwartung derart auseinander?

Die Ursachen dafür, wie alt Menschen in bestimmten Regionen werden können, sind vielfältig. Das Bundesinstitut weist beispielsweise auf die Bevölkerungszusammensetzung hinsichtlich Bildung, kultureller Prägung und Altersstruktur hin. Auch ökonomischer Entwicklungsstand, Gesundheitswesen und ökologische Bedingungen spielen eine Rolle.

Der Bruttoinlandsproduktvergleich, der den Gesamtwert aller produzierten Waren und Dienstleistungen darstellt, zeigt beispielsweise: Im letzten Jahr wurden in Baden-Württemberg Waren und Dienstleistungen im Wert von etwa 650,2 Milliarden Euro produziert, während es in Sachsen-Anhalt 79,4 Milliarden waren.

Aber auch das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung wie der Umgang mit Rauchen, Alkohol, Ernährung und Bewegung spielten eine wichtige Rolle, sagte Grigoriev. «Tatsächlich war Baden-Württemberg die Region mit einer der niedrigsten durch Rauchen verursachten Sterblichkeit in Deutschland.»

Was fordert die Politik als Konsequenz?

Die aus Sachsen-Anhalt stammende Linke-Bundestagsabgeordnete Janina Böttger kritisierte: «Während wohlhabende Menschen in Baden-Württemberg oder Bayern oft viele Jahre länger leben, haben Menschen in ärmeren Regionen schlechtere Karten – gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich.» Diese Ungleichheit sei messbar – und politisch nicht hinnehmbar.

Böttger sagte, es sei Aufgabe des Staates, insbesondere in benachteiligten Regionen für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. «Der Wohnort darf nicht über Lebenserwartung und Lebenschancen entscheiden.»

Laut dem Experten Grigoriev gibt es regionale Unterschiede in der Sterblichkeit im Allgemeinen in allen Ländern. «Im internationalen Vergleich sind die regionalen Unterschiede in Deutschland eher gering.» Trotzdem sind sie signifikant – insbesondere, wenn man die neuen und alten Bundesländer wie Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg vergleicht.

dpa