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Magischer Moment: Tausende feiern Sonnenwende in Stonehenge

Jetzt werden die Tage wieder kürzer. Am englischen Steinkreis Stonehenge haben Tausende Menschen die Sommersonnenwende begrüßt – und dafür die Nacht durchgemacht.

Dass in Stonehenge schon seit Jahrtausenden gefeiert werde, mache etwas mit einem, sagt eine Besucherin.
Foto: Zhanna Manukyan/PA Wire/dpa

Die Sonne bewegt sich langsam über den Horizont. Am berühmten Wahrzeichen Großbritanniens, dem Steinkreis Stonehenge, versammelten sich Tausende von Menschen, um die Sommersonnenwende zu feiern. Normalerweise ist es nur möglich, das Monument aus der Ferne zu betrachten, aber zur Sonnenwende dürfen Besucher nah an die Steine herankommen.

Auf einer Wiese versammeln sich Druiden in Roben, Frauen mit Blumenkränzen und Familien mit Bollerwagen. Mit Campingstühlen, Decken und Picknick verbringen sie die Nacht. Sie trommeln, tanzen, schlafen. Und als sich gegen 05.00 Uhr dann die Sonne zeigt, jubeln viele und machen Fotos.

«Habe mich noch nie so gefühlt»

Sarah aus London findet es beeindruckend, dass dort schon seit Jahrtausenden gefeiert wird. Es sei egal, was heute in der Welt los sei und dass man mittlerweile Technologien wie das Handy habe. «Ich habe mich noch nie so sehr wie ein Mensch gefühlt.»

Stonehenge ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Großbritanniens. Vor rund 5.000 Jahren begann man mit dem Bau einer frühen Version. Laut der Organisation English Heritage, die das Monument verwaltet, ist Stonehenge ein Meisterwerk der Ingenieurskunst.

Es wurde nur mit simplen Werkzeugen und Technologien errichtet. Einige der Steine stammen von weit entfernt – der Altarstein beispielsweise soll aus einem Sandstein sein, den man in Wales findet.

Das Rätsel um Stonehenge

Laut English Heritage sind die Steine präzise auf den Sonnenstand der Sommer- und Wintersonnenwende ausgerichtet. Von Anfang an stand die Spiritualität im Vordergrund. Die Menschen der Jungsteinzeit und Bronzezeit haben große Anstrengungen unternommen, um die Struktur zu errichten, obwohl sie keine bekannte praktische Funktion hat.

Es gibt viele Theorien zur Verwendung. Die Menschen, die Stonehenge erbaut haben, waren Bauern, Hirten und Viehzüchter. Der Wechsel der Jahreszeiten war für sie von großer Bedeutung – sowohl praktisch als auch spirituell, schreibt die Organisation.

Es wird angenommen, dass Stonehenge wahrscheinlich mehr als nur ein Kalender war. Möglicherweise wurden dort zu den Sommerwenden die Toten geehrt oder eine Sonnengottheit verehrt. Heutzutage wird das Monument, das ungefähr zweieinhalb Stunden von London entfernt liegt, in jedem Reiseführer für Großbritannien erwähnt.

Was Menschen an dem Spektakel fasziniert

Eine Autorin der Zeitung «Financial Times» erklärte gerade, warum sie und andere regelmäßig die Sonnenwende in Stonehenge feiert. «Irgendetwas an dieser absurden Unternehmung hat bei allen ein Hochgefühl hinterlassen, und so wurde es zu einem regelmäßigen Termin.» Man könne anderen schwer erklären, warum man furchtbar früh aufstehe und um einen Parkplatz kämpfe, um an einem Ereignis teilzunehmen, bei dem der Sonnenaufgang möglicherweise von Wolken und Nieselregen verdeckt werde. 

«Ein Grund, warum Stonehenge so beliebt ist, ist, dass es in einem religiösen oder moralischen Sinne jedem gehört», zitiert die «Financial Times» den Geschichtsprofessor Ronald Hutton von der Bristol University. Es sei ein Tempel des Volkes. Wegen des guten Wetters und des Datums an einem Wochenende wurden diesmal besonders viele Menschen erwartet.

Einige Besucher kommen wegen heidnischer Rituale nach Stonehenge und suchen eine spezielle Verbindung zur Erde. Andere möchten einfach eine gute Zeit haben und feiern, auch wenn es nicht erlaubt ist, Alkohol mitzubringen.

«Wie ein Portal in eine andere Welt»

Zurück zu Sarah. Im Steinkreis hat sie heute Nacht Grant aus den USA kennengelernt. Auf die Frage, ob sie nochmal Sonnenwende in Stonehenge feiern werden, antworten beide mit Ja. Die Freude, wenn man die Sonne zwischen den Steinen aufgehen sehe, sei einzigartig, findet Grant. «Wie ein Portal in eine andere Welt.»

Das klinge jetzt kitschig, aber es sei eben aus gutem Grund so beliebt, findet Sarah. Die Landschaft und der Himmel seien so weit. Hat sie viel auf ihr Handy geschaut heute Nacht? «Nein», sagt sie überzeugt und muss dann lachen. «Aber man hat auch eh keinen Empfang.»

dpa