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Neue Normalität im Ahrtal: Gedenken und Wiederaufbau

Vier Jahre nach der Flut: Gedenkgottesdienst und Fortschritte bei Brücken, Schulen und Straßen im Ahrtal.

So sah es damals kurz nach der Flut im Ahrtal aus. (Archivbild)
Foto: Boris Roessler/dpa

Eine Ruine neben einem Neubau, eine Behelfsbrücke neben einer im Bau befindlichen: Im Ahrtal hat sich vier Jahre nach der Flut eine neue Normalität eingestellt. Einige Menschen möchten lieber vergessen, andere erinnern sich: Jeder geht mit der Flutkatastrophe anders um. Zum vierten Jahrestag versammeln sich die Menschen zu einem Gedenkgottesdienst im Kurpark. Sie erinnern an die 136 Toten in Rheinland-Pfalz, davon 135 im Ahrtal und einer im Raum Trier. In Nordrhein-Westfalen starben damals 49 Menschen.

Wie weit ist der Wiederaufbau?

Es macht Fortschritte: Von den 28 in Rheinland-Pfalz zerstörten und stark beschädigten Brücken sind bereits 14 wiederhergestellt, während neun weitere sich im Prozess der Wiederherstellung befinden, also entweder in der Planung, Vorbereitung oder im Bau.

Ähnlich sieht es bei den Schulen aus. Bei der Flut wurden 29 Schulen beschädigt, 17 davon im Kreis Ahrweiler. «Bei elf von 12 Schulen außerhalb des Landkreises Ahrweiler sind die Sanierungsarbeiten abgeschlossen», schreibt das Ministerium. Im Landkreis Ahrweiler sei bei zwei Schulen der Wiederaufbau abgeschlossen, 12 Schulen würden aktuell saniert. «Für drei Schulen wird es einen Ersatzneubau geben, von denen zwei bereits in Planung und einer in Vorbereitung sind.»

Laut dem Innenministerium seien die Bundes- und Landes- und Kreisstraßen im Ahrtal auf einer Länge von etwa 70 Kilometern durch die Flut beschädigt und teilweise komplett zerstört worden. Es gibt jedoch auch gute Nachrichten: Alle diese Straßen seien nun grundsätzlich wieder verkehrssicher befahrbar und uneingeschränkt nutzbar.

Wie sieht es mit der Bahnstrecke aus?

Die Deutsche Bahn hat zum Jahrestag mitgeteilt, dass alle Brücken, die vor vier Jahren bei der Flutkatastrophe zerstört wurden, neu gebaut wurden. Neun Ahrbrücken und sechs Eisenbahnüberführungen wurden neu errichtet und sieben Bauwerke wurden saniert.

«Die Bautrupps haben in den vergangenen Monaten viel bewegt, um eine neue, bessere und hochwassersicherere Bahnstrecke entlang der Ahr zu schaffen», hieß es. Auch die Erweiterung und Sanierung der fünf Tunnel zwischen Rech und Altenahr sei abgeschlossen. Ende 2025 sollen demnach von Remagen bis Ahrbrück wieder Züge fahren.

«Das sind wir den Opfern schuldig»: Politiker zum Jahrestag

Bundeskanzler Friedrich Merz sprach sich am Jahrestag für schnellere Hilfe bei Naturkatastrophen aus. «Vor vier Jahren ereignete sich im Ahrtal eine Katastrophe. Ihre Folgen sind bis zum heutigen Tage zu spüren und zu sehen», schrieb der CDU-Politiker auf der Plattform X. «Wir müssen in Zukunft dafür sorgen, dass Betroffenen schneller und effektiver geholfen wird. Das sind wir den Opfern schuldig, an die wir heute erinnern.» 

https://x.com/bundeskanzler/status/1944632527097897098

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) räumte erneut Fehler des Landes ein, vermied aber eine Entschuldigung. «Ich habe das gesagt, was ich für mich persönlich auch verantworten kann und möchte: Ich habe deutlich gesagt, dass keine staatliche Ebene – und damit meine ich natürlich ausdrücklich auch die des Landes – frei von Fehlern war», sagte er im Redaktionsgespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.

«Ich habe mich sehr intensiv mit dieser Frage beschäftigt und habe das nach vielen Gesprächen mit Betroffenen und Akteuren aus dem Ahrtal für mich so formuliert», sagte Schweitzer. Er war zur Zeit der Katastrophe Arbeits- und Sozialminister im Kabinett von Malu Dreyer (SPD).

Wie weit ist die juristische Aufarbeitung?

Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den ehemaligen Ahr-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) wurden beendet. Einige Angehörige der Opfer wehren sich jedoch weiterhin dagegen und haben Einspruch erhoben. Anlässlich des Jahrestags forderte ihr Anwalt die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz auf, die Prüfung dieses Einspruchs an eine andere Generalstaatsanwaltschaft zu übergeben. Er verweist auf Gutachten, die ignoriert worden seien.

Zudem läuft noch ein Disziplinarverfahren gegen den Ex-Landrat. Das rheinland-pfälzische Innenministerium hatte kürzlich mitgeteilt, dass Pföhler die Aberkennung seines Ruhegehaltes drohe. Der ehemalige Landrat habe während der tödlichen Flutkatastrophe an der Ahr «gravierend gegen beamtenrechtliche Pflichten verstoßen», hieß es. 

Der Anwalt von Pföhler verteidigte die Vorwürfe im Namen seines Mandanten. Er bemängelte das Vorgehen des Landes und kritisierte weiterhin bestehende Probleme beim Katastrophenschutz im Landkreis Ahrweiler.

dpa