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160 Tote nach Hurrikan – und Tausende könnten folgen

Der Tropensturm «Helene» hat in den USA zahlreiche Todesopfer gefordert. Aktuelle Forschung zeigt: Die Langzeitfolgen solcher Stürme könnte noch viel tödlicher sein als die direkten Auswirkungen.

Aufräumen nach dem Sturm: «Helene» hat vielerorts im Südosten der USA immense Schäden hinterlassen.
Foto: Jeff Roberson/AP/dpa

Mehrere Tage nach den Verwüstungen durch den Tropensturm «Helene» steigt die Opferzahl im Südosten der USA weiter – und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge könnten sogar noch deutlich mehr Opfer hinzukommen. Laut jüngsten Zählungen der US-Sender CNN und CBS sind durch das Unwetter bisher mindestens 166 Menschen ums Leben gekommen. In einer Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift «Nature» erschienen ist, heißt es: Solche tropischen Wirbelstürme verursachen meist noch über Jahre eine erhöhte Sterblichkeit in den betroffenen Gebieten. 

Der Hurrikan der zweithöchsten Kategorie traf letzte Woche im Nordwesten Floridas auf Land und bewegte sich dann abgeschwächt nach Norden, was in sechs Bundesstaaten massive Zerstörungen hinterließ. Laut Daten der US-Website PowerOutage waren in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) noch etwa 1,3 Millionen Menschen ohne Strom, darunter fast eine halbe Million allein in South Carolina.

Solomon Hsiang von der Stanford University und Rachel Young von der University of California in Berkeley, beide in den USA, beschäftigten sich damit, wie es langfristig gesundheitlich für die Menschen dort weitergehen könnte. Die Forschenden analysierten Daten zu 501 Stürmen aus den Jahren 1930 bis 2015. Laut Computermodellen führten die Stürme in diesem Zeitraum zu 3,6 bis 5,7 Millionen Todesfällen, die es ohne die Naturkatastrophen nicht gegeben hätte.

Weniger Krankenversicherung und Krankenhäuser als mögliche Gründe

Die beiden betonen, dass sie keine Aussagen über die Ursachen der Übersterblichkeit machen können, stellen jedoch mehrere Hypothesen auf. Die Katastrophen könnten dazu führen, dass Menschen ihren Job und damit ihre Krankenversicherung verlieren. Oder sie verwenden Geld für die Reparatur von Häusern, das eigentlich für das Alter vorgesehen war. Es könnte auch dazu führen, dass dem Bundesstaat aufgrund der Instandsetzung der Infrastruktur Geld für medizinische Einrichtungen fehlt. Hsiang und Young fordern, dass die genauen Ursachen in weiteren Untersuchungen ermittelt werden.

Die Analyse ergab, dass je nach Modellannahmen ein Wirbelsturm durchschnittlich zu 7.170 bis 11.430 zusätzlichen Todesfällen führt. Dies ist deutlich höher als die Angaben der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA zu direkten Todesfällen pro Wirbelsturm: Im Durchschnitt sterben 24 Menschen direkt, zum Beispiel durch Ertrinken.

Einschätzung aus Deutschland: plausible Studie

Die Forschenden stellten des Weiteren fest, dass die Windgeschwindigkeit der Stürme von 1930 bis 2015 nicht zugenommen habe. Seit 2001 seien jedoch erheblich mehr tropische Wirbelstürme zu verzeichnen. «Wir gehen davon aus, dass tropische Wirbelstürme aufgrund des Klimawandels potenziell gefährlicher und zerstörerischer werden», betonte Young.

Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen hält das Vorgehen der beiden US-Forschenden für plausibel: «Sie beschreiben ihren Ansatz sehr detailliert und transparent», sagt Zeeb. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge und gesundheitlichen Folgen seien bisher vermutlich kaum untersucht worden, weil sie große Datenmengen und komplexe Berechnungen erfordern. 

Menschen sollen entlastet werden

Als unmittelbare Reaktion auf den Sturm «Helene» setzte der Gouverneur des Bundesstaats Georgia, Brian Kemp, am Dienstag per Exekutivorder vorübergehend die Benzinsteuer aus. Dies soll die Gemeinden entlasten, die aktuell vollständig auf Treibstoff angewiesen seien, um ihre Wohnhäuser und nötige Gerätschaften mit Strom zu versorgen, schrieb Kemp im Kurznachrichtendienst X. 

US-Präsident Joe Biden wird am Mittwoch nach North Carolina und South Carolina reisen, um sich ein Bild von besonders betroffenen Gebieten zu machen. Kamala Harris, seine Vizepräsidentin und Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, plant einen Besuch in Georgia. Ihr republikanischer Gegner Donald Trump war bereits in Georgia.

dpa