Digitale Trinkgeld-Optionen: Viele Gäste fühlen sich von den Betragsvorschlägen am Lesegerät einer Umfrage zufolge eher genervt als animiert. Was bringt es den Beschäftigten?
Mehrheit mag keine Trinkgeld-Optionen bei Kartenlesegeräten

Viele Restaurants und Imbissstuben zeigen bei der Kartenzahlung auf dem Lesegerät inzwischen Vorschläge für bestimmte Trinkgeldbeträge an – und stoßen damit bei vielen Gästen auf Ablehnung. Bei einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur gab mehr als die Hälfte der Befragten an, solche digitalen Auswahlfelder fürs Trinkgeld «schlecht» oder «eher schlecht» zu finden. Knapp ein Drittel hält die Auswahloptionen für «gut» beziehungsweise «eher gut».
Mehr als 20 Prozent geben weniger Trinkgeld
Mehr als 20 Prozent der Befragten gaben an, dass sie aufgrund der Auswahlfelder im Display mittlerweile weniger Trinkgeld geben. Nur sechs Prozent hingegen geben seitdem mehr Geld für die Bedienung. Fast 30 Prozent haben das Phänomen bisher offenbar nicht erlebt: Sie gaben an, die Funktion nicht zu kennen.
Im Großen und Ganzen hat sich laut der Umfrage das Trinkgeldverhalten von Kundinnen und Kunden in den letzten Jahren kaum verändert. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Befragten gab an, heutzutage genauso viel Trinkgeld zu geben wie vor fünf Jahren. Jeder Fünfte gibt weniger, 16 Prozent geben mehr. Diejenigen, die extra zahlen, geben in der Regel zwischen 6 und 10 Prozent der Rechnungssumme – das machen mehr als die Hälfte der Befragten. Jeder Zehnte gibt sogar mehr, zwischen 11 und 15 Prozent. Höhere Trinkgelder sind jedoch selten.
Zahlungsgewohnheiten haben sich geändert
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sieht in der Auswahlmöglichkeit am Display eine Reaktion auf die veränderten Zahlungsgewohnheiten der Gäste. «Immer mehr Menschen sind bargeldlos unterwegs und bezahlen mit Karte oder Smartphone», teilte Geschäftsführer Jürgen Benad mit. Die Integration von Trinkgeld-Optionen in moderne Kartenterminals sei Ausdruck dieser Entwicklung. «Sie erleichtert es Gästen, auch ohne Bargeld Trinkgeld zu geben, etwa über vordefinierte Auswahlmöglichkeiten.»
Die modernen Bezahlsysteme böten gleichwohl lediglich eine zusätzliche, freiwillige Möglichkeit, Wertschätzung auszudrücken. «Wer kein Trinkgeld geben möchte, kann selbstverständlich jederzeit die Option „Kein Trinkgeld“ wählen», sagte Benad.
Gewerkschaft bei digitalen Auswahloptionen ebenfalls skeptisch
Nicht nur die Kunden, sondern auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) betrachtet die digitale Aufforderung zur Trinkgeld-Abgabe mit Skepsis. Laut NGG-Referatsleiter Mark Baumeister ist den Gästen durch den digitalen Prozess nicht immer klar, was mit dem Trinkgeld geschieht und ob es tatsächlich bei den Beschäftigten ankommt. Dies könnte dazu führen, dass Kunden eher negativ auf die Auswahlmöglichkeiten reagieren und kein Trinkgeld geben.
Zudem warnt Baumeister vor einer weiteren Entwicklung: «Immer öfter schildern Beschäftigte, dass ihr Arbeitgeber mit Verweis auf Trinkgeld höhere (tarifliche) Löhne vorenthält.» Die digitale Auswahlmöglichkeit habe also Einfluss auf die eigentliche Bezahlung der Bedienungen.
Vor allem in der Systemgastronomie, also etwa bei den großen Fast-Food-Ketten, sei die Zahlung von Trinkgeld unüblich. «Grundsätzlich widerspricht so eine Zahlungsmethode der gelebten deutschen Praxis, als Dank für eine Dienstleistung Trinkgeld in bar zu geben oder aufzurunden», hieß es von der NGG weiter.
Die Umfrage wurde zwischen dem 15. und 17. Dezember mit einer Gesamtzahl von 2.060 Befragten durchgeführt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung ab 18 Jahren.








