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Messerangriff in Hamburg: Was einen Monat danach bekannt ist

Gut vier Wochen nach dem Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof werden die Ermittlungen umfangreicher. Die Staatsanwaltschaft befasst sich nun auch mit einem Vorfall in Schleswig-Holstein.

Bei dem Messerangriff vom 23. Mai 2025 wurden nach jüngsten Angaben der Staatsanwaltschaft 19 Menschen im Hamburger Hauptbahnhof verletzt. (Archivbild)
Foto: Georg Wendt/dpa

Seit dem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof vor einem Monat mit 19 Verletzten ist die Sommerreisezeit angebrochen. Die Bahnsteige sind oft überfüllt, wie an jenem Freitagnachmittag. Auch Personen, die ein Messer bei sich tragen, sind im Bahnhof anzutreffen – bei einer Kontrollaktion nur fünf Tage nach dem Vorfall beschlagnahmten Polizisten elf verbotene Messer am Hauptbahnhof, und bei einer weiteren Kontrolle Anfang Juni wurden vier Messer aus dem Verkehr gezogen.

Eine Sprecherin der Bundespolizei versichert dennoch: «Öffentliche Verkehrsmittel und deren Infrastruktur – und damit auch der Hamburger Hauptbahnhof als meistfrequentierter Bahnhof Deutschlands – sind grundsätzlich als sichere Orte anzusehen.» 

Zahl der Verletzten steigt auf 19

Am 23. Mai hat eine Frau auf dem Bahnsteig von Gleis 13/14 wahllos um sich gestochen. Die offenbar psychisch kranke Deutsche verletzte laut neuesten Informationen der Staatsanwaltschaft 19 Personen. Drei Frauen im Alter von 24, 52 und 85 Jahren sowie ein 24-jähriger Mann erlitten lebensbedrohliche Verletzungen, sieben weitere Personen schwere und sieben weitere leichte Verletzungen. Es wurde mittlerweile festgestellt, dass eine weitere Person mit dem Messer verletzt wurde, so eine Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft. Alle Verletzten wurden mittlerweile aus den Krankenhäusern entlassen.

Frau räumt Tathandlung beim Haftrichter ein

Durch das beherzte Eingreifen von zwei Passanten konnte die Messerstecherin auf dem Bahnsteig gestoppt werden. Die Polizei hat die 39-Jährige festgenommen. Am nächsten Tag ordnete ein Haftrichter ihre vorläufige Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Der Unterbringungsbefehl lautete auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Laut Staatsanwaltschaft gestand die Frau die Tat vor dem Haftrichter.

Angriff auf Vater im Januar

Nach dem Messerangriff wurde bekannt, dass die vermeintliche Täterin zuvor bereits dreimal gewalttätig geworden sein soll. Der schwerwiegendste Vorfall ereignete sich im vergangenen Januar, als die Frau laut Staatsanwaltschaft Lübeck ihren Vater in Großhansdorf in Schleswig-Holstein angegriffen haben soll. Sie soll für den Angriff auf den damals 69-Jährigen einen spitzen Gegenstand benutzt haben. Bei der Entwaffnung der Tochter erlitt ihre 71 Jahre alte Mutter eine Schnittverletzung an der Hand. Die Staatsanwaltschaft Lübeck leitete ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung ein, das mittlerweile von der Hamburger Staatsanwaltschaft übernommen wurde.

Gericht lehnte Einweisung in Klinik ab

Während der Untersuchungen zum Angriff auf den Vater stellte die Lübecker Staatsanwaltschaft fest, dass die Frau an einer psychischen Erkrankung leidet. Aus diesem Grund beantragte die Behörde die Unterbringung der Betroffenen in einer psychiatrischen Klinik. Das Amtsgericht Lübeck lehnte diesen Antrag jedoch ab und das Landgericht Lübeck wies die Beschwerde gegen den Beschluss zurück.

Weitere Vorfälle im Februar und März

Im Februar soll die Frau dann auf einem Spielplatz am Hamburger Flughafen gegenüber einem Kind gewalttätig geworden sein. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hamburg hielt sie ein sechsjähriges Mädchen an den Schultern fest, schüttelte das Kind und schlug ihm mit der flachen Hand auf den Oberarm. Ein von der Polizei hinzugezogener Amtsarzt habe daraufhin die Unterbringung der 39-Jährigen in einer psychiatrischen Klinik angeordnet.

Melina Traumann, Oberstaatsanwältin in Hamburg, berichtete, dass es Anfang März erneut zu einem Vorfall gekommen sei, bei dem eine Mitpatientin die 39-Jährige angezeigt habe, weil sie ihr einen Tritt gegen den Oberschenkel versetzt haben soll.

Entlassung, Einweisung und erneute Entlassung

Spätestens Anfang Mai wurde die Frau erneut aus der Klinik entlassen und wurde dann hilflos aufgefunden. Daraufhin wurde sie erneut für drei Wochen aufgenommen und behandelt, wie ein Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums mitteilte. Einen Tag vor dem Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof wurde die 39-Jährige aus der Psychiatrie im Landkreis Cuxhaven entlassen. Laut Klinik gab es zu diesem Zeitpunkt keinen medizinischen Befund, der eine weitere Unterbringung gerechtfertigt hätte.

Mit Verletzungsspuren am Flughafen

Nur wenige Stunden später befand sich die 39-Jährige erneut am Flughafen Hamburg. Dort fiel sie einem Rettungsdienstmitarbeiter aufgrund von Verletzungsspuren im Gesicht auf, sagte Traumann. Dieser informierte die Polizei. Die Frau gab den Beamten gegenüber an, während eines Krankenhausaufenthalts von einem Pfleger verletzt worden zu sein. Da sie keine Anzeige erstatten wollte und angab, noch am selben Tag nach Paris zu fliegen, wurde sie gehen gelassen, sagte die Sprecherin. Allerdings besaß sie weder ein Flugticket noch gültige Ausweispapiere.

Ministerin setzt auf elektronische Patientenakte

Bahnchef Richard Lutz äußerte nach dem Vorfall am Hauptbahnhof seine Bestürzung und Fassungslosigkeit. Er betonte jedoch auch, dass in einer offenen Gesellschaft keine hundertprozentige Sicherheit möglich sei. Dennoch sei es wichtig, die Sicherheitskonzepte zu verschärfen und aus solchen Vorfällen zu lernen.

Die Bundespolizei hält an ihrem Konzept aus Schwerpunktkontrollen und Streifendienst fest. «Die Sicherheitslage am Hamburger Hauptbahnhof hat sich insbesondere durch die sichtbare Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften spürbar positiv entwickelt», erklärte die Sprecherin. Damit bezog sie sich allerdings auf die vergangenen zwei Jahre.

dpa