Mit einer betäubenden Substanz in Getränken soll ein Angeklagter viele Frauen bewusstlos gemacht, sie dann vergewaltigt und gefilmt haben. Eine Zeugin schildert am Landgericht Erfurt Dramatisches.
Mutmaßlicher Serienvergewaltiger fast komplett geständig
Erst soll er ihnen Getränke spendiert und dann ihre hilflose Lage aufs Schlimmste ausgenutzt und das gefilmt haben. Denn, was die Frauen wohl nicht wussten: Zuvor soll der Mann die Drinks mit als «Vergewaltigungsdrogen» bekannten K.-o.-Tropfen präpariert haben. Der wegen dieser und anderen Vorwürfen angeklagte mutmaßliche Serienvergewaltiger hat sich bereits zum Prozessauftakt am Landgericht Erfurt weitgehend geständig gezeigt.
Staatsanwältin spricht von außergewöhnlichem Fall
Die Anklage wirft dem 34-Jährigen vor, sich von etwa 2013 bis 2023 an 17 Frauen vergangen zu haben. Zu den Opfern gehören auch Frauen, die ihm nahestanden, einschließlich ehemaliger Partnerinnen. In einigen Fällen konnten die Opfer nicht identifiziert werden. Es wird angenommen, dass sie zwischen 16 und 25 Jahre alt waren.
Darüber hinaus wird behauptet, dass der Angeklagte auch das Geschlecht eines Kleinkinds grob berührt und davon Aufnahmen gemacht hat. Er soll Nacktfotos von einem jungen Kind einer Bekannten gemacht haben. Die Anzahl der Vorfälle und die Tatsache, dass die Geschehnisse so lange unentdeckt blieben, machen den Fall laut Staatsanwältin Dorothee Ohlendorf außergewöhnlich.
Angeklagter gesteht fast alles
Vor dem Landgericht Erfurt erklärte der Verteidiger, dass sein Mandant alle ihm vorgeworfenen Taten bis auf eine Vergewaltigung in vollem Umfang einräume. Außerdem gab der Angeklagte an, für zwei laut Staatsanwaltschaft gemeinschaftliche Vergewaltigungen allein verantwortlich zu sein. Der Verteidiger betonte, dass sein Mandant unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol gehandelt habe.
Dem Angeklagten könnte im Falle einer Verurteilung auch die Sicherungsverwahrung drohen. Auf diese Weise würde er nach Absitzen einer eventuellen Haftstrafe nicht auf freien Fuß kommen, um die Allgemeinheit zu schützen.
Laut Staatsanwältin kamen die Ermittler auf die Spur des Mannes, da er versucht hatte, in der Silvesternacht 2023 eine Frau auf der Straße zu überfallen, obwohl er bereits zuvor als Sexualstraftäter verurteilt worden war. Sein Handy wurde ausgewertet, auf dem entsprechende Aufnahmen entdeckt wurden.
Zeugin berichtet zitternd von Festival-Erlebnis
Von ihrem Vater begleitet, der sie im Zeugenstand unterstützte, sagte ein vermeintliches Opfer des Mannes aus. Sie leidet immer noch unter den Ereignissen, hat Depressionen, sagte die 21-Jährige. Sie beschrieb zitternd und teilweise um Fassung ringend, wie der Angeklagte ihr am Rande eines Musikfestivals in Sachsen-Anhalt Anfang Juni 2022 einen Schnaps zu trinken gab, der vermutlich mit K.-o.-Tropfen präpariert war. Danach ging es ihr sehr schlecht.
Der Angeklagte zog sie dann in ein Waldstück, wo er sie schlug, würgte, bedrohte und vergewaltigte. Sie hörte ihren Ex-Freund, der nach ihr suchte, nach ihr rufen, aber der Angeklagte hielt ihr den Mund zu. Diesen Vorwurf hatte der Angeklagte bereits über seinen Verteidiger eingeräumt. Er gab auch an, beim Festival als Sicherheitskraft gearbeitet zu haben.
Angeklagter: Reinigungsmittel als Grundlage für K.-o.-Tropfen
Der Angeklagte gab vor Gericht an, dass er die Mittel für die betäubende Substanz unter anderem über das Internet bestellt habe. Er habe zum Beispiel Felgenreiniger bestellt: Laut dem Bundesdrogenbeauftragten enthalten solche Industriechemikalien unter anderem Gamma-Butyrolacton (GBL), ein Bestandteil von GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure). GHB ist bekannt als Party- aber auch Vergewaltigungsdroge. Da es meist farb- und geruchsneutral ist, kann es unbemerkt in Getränke gemischt werden.