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Nach Einsturz in Dresden: Debatte um Zustand von Brücken

Ein Teil der Carolabrücke in Dresden stürzt in die Elbe. Das facht die Diskussion um den Zustand der Straßen und Brücken in Deutschland an, dabei wird Kritik laut. Wie geht es jetzt weiter?

Teile der Carolabrücke über der Elbe sind eingestürzz.
Foto: Robert Michael/dpa

Nach dem Teilabriss der Carolabrücke in Dresden wird die Debatte über den Zustand der Brücken in Deutschland intensiviert. Es gibt Forderungen nach umfangreichen Investitionen. In Dresden muss auch geklärt werden, wie der Wiederaufbau dieser wichtigen Verkehrsverbindung gelingen kann. Die finanzielle Situation der Stadt wird derzeit als sehr schwierig angesehen.

Brückenexperte: «Es ist fünf nach zwölf»

Brückenexperte Martin Mertens kritisiert den schlechten Zustand vieler Großbrücken in Deutschland. «Grundsätzlich kann man sagen, dass bei den Großbrücken alle Brücken, die vor 1980 gebaut worden sind, unsere Problempatienten sind», sagte der Professor von der Hochschule Bochum dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das seien wegen des regelrechten Baubooms nach dem Zweiten Weltkrieg leider die meisten. Die Politik müsse reagieren. «Dresden zeigt ganz klar: Es ist fünf nach zwölf», so Mertens. 

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert wegen des schlechten Zustands der Brücken eine «Investitionsoffensive Infrastruktur». Den Kommunen fehlten die finanziellen Mittel für die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden macht auf erschreckende Weise deutlich, dass Deutschland von der Substanz lebt.»

Carolabrücke «trauriges Symbol der deutschen Infrastruktur»

Auch Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe, hält laut einer Mitteilung Investitionen für dringend nötig. Den Einsturz in Dresden bezeichnete er als «trauriges Symbol der deutschen Infrastruktur», der den dringenden Handlungsbedarf vor Augen führe.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wies in der Haushaltsdebatte im Bundestag darauf hin, dass im kommenden Jahr mehr als neun Milliarden Euro für Investitionen in Bundesfernstraßen und Brücken bereitstünden. Mit Blick auf den Einsturz der Carolabrücke in Dresden erläuterte er, sie stehe in kommunaler Verantwortung und habe deswegen mit dem Bundeshaushalt nichts zu tun. «Aber man sieht an dieser Brücke, wie gefährlich es ist, wenn in Infrastruktur nicht sorgfältig investiert wird.»

Korrosion als mögliche Ursache

In der Nacht zum Donnerstag stürzte ein etwa 100 Meter langes Stück der Carolabrücke, über das Straßenbahngleise sowie ein Fuß- und Radweg führten, in die Elbe. Es gab keine Verletzten. Auch der Rest der Brücke wird nun als einsturzgefährdet angesehen. Die Ursache war zunächst unklar, aber die Polizei schließt Fremdeinwirkung aus. Eine Anfangsvermutung ist, dass Korrosion wesentlich zum Einsturz beigetragen hat, sagte Steffen Marx, Professor am Institut für Massivbau an der TU Dresden.

Die Arbeiten würden sich aktuell darauf fokussieren, einen verkehrssicheren Zustand herzustellen, so Marx. Dabei müsse man langsam vorgehen, sagte Michael Klahre, Sprecher der Feuerwehr. «Denn jeder Mann, jede Frau, der sich in die Nähe der Brücke begibt, der sich unter der Brücke aufhält oder obendrauf, begibt sich in Lebensgefahr.»

Auswirkungen auf Stadtverkehr

Die Brücke – eine der bedeutendsten Verkehrswege der Dresdner Innenstadt – war schon seit langem sanierungsbedürftig. In den letzten Jahren wurden bereits Abschnitte der Brücke für den Autoverkehr instand gesetzt, für das kommende Jahr war die Sanierung des nun eingestürzten Brückenzuges geplant.

Vor massiven Auswirkungen auf den Dresdner Stadtverkehr «über viele Monate, wenn nicht Jahre» warnte die Stadtratsfraktion der Grünen in einer Mitteilung. Sorgen bereite ihr auch die finanzielle Herausforderung, die die Landeshauptstadt mit diesem Unglück ereile, sagte Fraktionsvorsitzende Agnes Scharnetzky. «Hier liegt auf der Hand, dass die Stadt allein nicht über die Mittel verfügt.» Scharnetzky forderte dazu Gespräche mit Bund und Land.

[Brücken in Deutschland in Gefahr,Experten warnen vor maroden Großbrücken und fordern Investitionsoffensive für Infrastruktur. Politik muss handeln, bevor es zu spät ist.]

 

dpa